Damit sich Streitigkeiten in Grenzen halten

So funktioniert eine professionelle Firmenübergabe

Bernhard Kuntz ist Inhaber der Marketing- und PR-Agentur Die PRofilBerater.

So lassen sich Konflikte vermeiden

Eine externe Unterstützung gliedert sich laut Doll meist in vier Phasen.

1. Analysephase: Der Berater interviewt in 4-Augen-Gesprächen alle Beteiligten. Er ermittelt deren offene und verdeckte Wünsche sowie Befürchtungen. Er klärt den Konfliktstatus und bereitet die Beteiligten auf die Klärung vor - zum Beispiel, indem er bei ihnen einen Perspektivenwechsel bewirkt. In extrem zugespitzten Situationen kann ein Ergebnis der Analyse auch die Einschätzung sein: Eine erfolgreiche Unternehmensübergabe ist nicht mehr möglich. Dann bereitet der Berater die Beteiligten auf ein Klärungsgespräch vor, das auf eine würdige Trennung auf Augenhöhe abzielt.

2. Klärungsphase: In ihr führt der Berater mit den Beteiligten zum Beispiel einen Workshop durch. Er klärt mit ihnen die entstandenen Konflikte und Missverständnisse und schafft den erforderlichen Raum, dass alle Beteiligten ihre wechselseitigen Erwartungen äußern. Gemeinsam erarbeiten sie, was die zentralen Erfolgsfaktoren einer Unternehmensübergabe sind und Regeln für den Umgang miteinander und erzielen ein Commitment hierüber. Zudem verständigen sie sich auf die zentralen Eckpfeiler der Übergabestrategie.

3. Planungsphase: Nun plant der Berater mit den Beteiligten die Details für das Umsetzen der Strategie. Er verständigt sich mit ihnen über die betrieblich notwendigen Veränderungen und entwirft mit ihnen einen Maßnahmenplan. Außerdem erstellt er mit ihnen einen Kommunikationsplan, wie und wann die Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und sonstigen Stakeholder wie Banken über die geplanten Veränderungen informiert werden.

4. Umsetzungsphase: In dieser Phase begleitet der Berater den aktuellen und künftigen Inhaber zum Beispiel mit Coachings beim Umsetzen der Maßnahmen. Außerdem schafft er den erforderlichen Rahmen, damit sie sich regelmäßig Feedback geben und gegebenenfalls Strategieanpassungen und Verhaltensänderungen vornehmen. Oft erfolgt in dieser Phase auch ein individuelles Führungscoaching für den "neuen" Chef sowie ein Coaching des "alten" Chefs, das ihn dabei unterstützt, "sein" Unternehmen loszulassen.

Karsten Freyer, Steuerberater: „Endlich wächst die Erkenntnis, dass eine Firmenübergabe von langer Hand geplant sein muss.“
Karsten Freyer, Steuerberater: „Endlich wächst die Erkenntnis, dass eine Firmenübergabe von langer Hand geplant sein muss.“
Foto: Karsten Freyer

Durch ein solches Vorgehen lassen sich die meisten Nachfolgeprozesse, bei denen schon emotionale Verletzungen existieren, noch in ein ruhiges Fahrwasser führen, so dass die Übergabe gelingt, betont der Change-Management-Berater Bald - "auch weil der Berater eine Plattform schafft, um auch heikle Themen so zu besprechen, dass für beide Seiten akzeptable und somit tragfähige Lösungen erarbeitet werden können".

Frühzeitig professionelle Unterstützung organisieren

Sinnvoller wäre es jedoch, unmittelbar nachdem (oder sogar noch bevor) die Unternehmensübergabe vertraglich geregelt wurde, einen Nachfolgeberater zu engagieren. Denn im Übergabeprozess müssen sowohl der bisherige als auch künftige Inhaber ihre Rolle neu definieren. Außerdem müssen sie gemeinsam viele Herausforderungen meistern, bezüglich deren Lösung sie aufgrund ihrer Biografie und Lebenssituation oft unterschiedliche Erwartungen haben. Deshalb sind Interessengegensätze, aus denen Konflikte resultieren, nahezu unumgänglich, betont Karsten Freyer. Darum ist eine professionelle Prozessbegleitung fast unverzichtbar, wenn der Übergabeprozess so gestaltet werden soll, dass keine emotionalen Wunden entstehen und keine Unternehmenswerte vernichtet werden.

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