Stationärer Handel

So verlieren Sie Ihre Kunden nicht an den Online-Handel

Elmar Ortner hat Ende der 80er Jahre Informatik studiert und arbeitet seit über 25 Jahren in der IT Branche, hauptsächlich in Vertriebs- und Marketingpositionen. Er ist Vertriebsleiter und Prokurist bei der NovaStar Software & Consulting GmbH.

Jede Handelsform hat ihre Vor- und Nachteile. Stationäre Händler können ihre Stärken gegenüber dem Online-Handel ausbauen.

In den zweieinhalb Jahrzehnten, in der ich in der IT-Branche tätig bin, habe ich viele große und kleine Hersteller und Kunden kennengelernt und dabei oft mit Fachhandelskollegen über die Wettbewerbssituation diskutiert. Dabei habe ich von den klassischen Fachhändlern nicht nur einmal zu hören bekommen, dass sie gegen die großen Ketten und die nahezu allmächtigen Internetkaufhäuser keine Chance hätten - der Preisdruck wäre mörderisch. Ja - für den, der sich darauf einlässt auf alle Fälle.

Nun, das mag teilweise auch stimmen, aber in allen Branchen hat es in den letzten 100 Jahren immer wieder Veränderungen gegeben. Und die Herausforderung an den stationären Fachhandel ist es nun, sich den veränderten Gegebenheiten anzupassen, bzw. das Geschäftsmodell darauf auszurichten. Er muss jeden Tag an den Stellschrauben drehen, damit er nicht eines Tages "Out of Business" ist. Ja nicht zu früh und keinesfalls zu spät lautet hier die Devise.

Elmar Ortner: "Der stationäre Fachhandel muss seinen Kunden wieder positive Einkaufserlebnisse bereiten."
Elmar Ortner: "Der stationäre Fachhandel muss seinen Kunden wieder positive Einkaufserlebnisse bereiten."
Foto: Novastar

Die gute Nachricht vorneweg. Ich glaube dass auch stationäre und kleinere IT-Fachhändler auch weiterhin eine Daseinsberechtigung haben. Sie müssen sich nur entsprechend ausrichten.

Regel 1
Niemals über den Preis verkaufen. Da kann man nur verlieren, denn irgendwo im Internet, oder wo auch immer, gibt es bestimmt irgendeinen Preisbrecher, der das Produkt noch einen Euro billiger anbietet.

Regel 2
Der Händler muss Produkte und Dienstleistungen, die er verkauft, zu hundert Prozent kennen und sie erklären können.

Regel 3
Eine Nische suchen, in der man sich mit seinen Angeboten ausbreiten kann.
Nicht umsonst gilt der Spruch: Get big, get niche or get out. Das Big machen schon die Anderen und es ist mit sehr viel Investition und Zeit verbinden, die man braucht, bis es so weit ist. Vergessen wir das "Get Big" erst mal.

Regel Nummer 4
Fachhändler neigen dazu, ihre Kunden zu klassifizieren. Machen Sie nicht den Fehler Kunden in Kategorien, wie schwierig, nervt oder macht viel Arbeit und kauft nichts, einzuteilen. Jeder Kunde sollte mit gleichem Respekt und gleicher Wertschätzung behandelt werden. Es zahlt sich immer aus.

Nischen finden

Nehmen wir als Beispiel ein Computerfachgeschäft mit zwei bis fünf Mitarbeitern. In einer solchen Konstellation ist es wenig zielführend, PCs und Netzwerke für die unterschiedlichsten Branchen und Personenkreise anzubieten, um den Kunden damit eine Kernkompetenz aufzuzeigen. Denn, um alle Produkte zu kennen und die benötigten Fähigkeiten aktuell zu halten, fehlt die Zeit.

So bieten wir in unserem Beispiel für Schüler und Studenten Notebooks an, die komplett vorinstallert und vorkonfektioniert genau auf die Vorgaben dieser Kundengruppe zugeschnitten sind. Windows 7 oder 8, Antivirus, Office, Backup-Software und noch ein paar ausgewählte Tools. Und schon bieten wir nicht mehr das Notebook XYZ des Herstellers ABC an, sondern zusätzlich eine Dienstleistung.
Und das Paket ist jetzt schon nicht mehr vergleichbar mit dem (Internet-)Wettbewerb, bei dem der Kunde nur das Notebook kaufen könnte und alle weiteren Softwarekomponenten selbst installieren müsste.
Als weiteres Unterscheidungsmerkmal kann der Händler zusätzlich zum vorkonfigurierten Produkt eine Stunde Troubleshooting per Telefon, E-Mail, Fernwartung oder vor Ort in sein Angebot integrieren.

Ein weiteres Nischenangebot kann das Thema Backup sein. Auch dafür gibt es massenhaft Lösungen, nur welcher Kunde richtet das schon ein und kann es dann im Ernstfall auch wieder herstellen. Das Angebot, eine Backup-Lösung inklusive externer Festplatte einzurichten, nimmt vor allem Privatkunden oft viel Arbeit ab und sie fühlen sich dadurch sicherer.

Spezialisiert sich ein Fachhändler dediziert auf ein Produkt, wie das Schüler-Notebook, könnte er aber auf ein Problem stoßen. Die Nachfrage eines Steuerberaters nach der Installation eines Netzwerkes klingt lukrativ. Aber er hat sich auf eine andere Nische spezialisiert - also Finger davon lassen. Eine Lösung für solche Szenarien: Partnerschaften zu anderen IT-Fachhändlern. In einem solchen Netzwerk können die einzelnen Händler einen Kunden zu demjenigen Kollegen verweisen, der sich auf die betreffende Anfrage oder das Problem spezialisiert hat.

Den Kunden ein positives Verkaufserlebnis bereiten

Warum kaufen viele Kunden in einen Online-Shop, bevor sie sich auf den Weg zu einem stationären Händler machen? Es ist das positive "Einkaufserlebnis", das viele Online-Händler ihren Kunden bereiten. Auch eBay Anfang der 2000er erfolgreich, weil die Kunden ein positives Gefühl dabei hatten, einem anderen Schnäppchenjäger ein Produkt abgeluchst zu haben. Positiv wirken sich im E-Commerce für viele Kunden auch die bequeme Bezahlung oder einfache Retourenabwicklung aus.
Und positive Einkaufserlebnisse muss der stationäre Fachhandel seinen Kunden, die er in den Laden holen möchte, auch wieder bereiten.

Bleiben wir bei dem Beispiel mit einem Schüler-Notebook. Dazu sollten zwei Geräte am unteren Ende der Preisspirale und zwei Geräte im mittleren Preissegment definiert werden. Für diese Modelle sollte sich der Fachhändler vom Hersteller ausreichend ausbilden lassen und sie blind auseinander und wieder zusammenbauen können. Jede Ausnahme rächt sich in diesem Zusammenhang bei den anschließenden vorgefertigten Prozessen, die auf die Geräte anwendbar sein sollen.

Sind die Notebooks definiert, sollte der Händler modellspezifische Masterinstallationen mit Win7 oder Win8 inklusive aller Treiber, die vorher auf Funktionalität getestet wurden, vorbereiten. Von der Kaufentscheidung bis zum komplett verkaufsfähigen Schüler-Notebook dauert es mit diesen Vorbereitungen nur 25 bis 25 Minuten.
Im Idealfall kann der Kunde sogar darauf warten und nach einer Tasse Kaffee das fertig konfigurierte System gleich mitnehmen. (bw)

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