Gerichtsurteil zu Bezahlarten im Webshop

SOFORT Überweisung zumutbar



Katrin Trautzold ist Volljuristin mit Schwerpunkt Urheber- und IT-Recht und seit mehreren Jahren beratend im E-Commerce unterwegs. Dabei unterstützt sie vor allem kleine und mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben, indem sie über gesetzliche Änderungen und aktuelle Gerichtsentscheidungen berichtet.
Das OLG Frankfurt a. M. stuft die SOFORT Überweisung als gängiges und zumutbares Zahlungsmittel ein und hebt damit das Urteil der Vorinstanz auf.

Oftmals steht und fällt eine Bestellung im Onlineshop mit der Frage, wie der Kaufpreis gezahlt werden kann. Immer wieder wird Shop-Betreibern empfohlen, mehrere, vor allem bei Kunden beliebte Bezahlarten anzubieten. Für die Nutzung ihrer Dienste fordern die Zahlungsdiensteanbieter jedoch Gebühren.

Rechtliche Vorgaben für Zahlungsmittelgebühren.
Rechtliche Vorgaben für Zahlungsmittelgebühren.
Foto: Bplanet - shutterstock.com

Rechtliche Vorgaben für Zahlungsmittelgebühren im Webshop

Um diese Kosten auf den Käufer umlegen zu können, müssen Online-Händler seit Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie am 13.06.2014 gem. § 312 a Abs. 4 BGB einige Vorgaben beachten:

  • Zum einen dürfen die erhobenen Gebühren nicht die Kosten übersteigen, die auch der Händler für die Zahlungstransaktion zu tragen hat.

  • Zum anderen muss den Kunden wenigstens eine Zahlungsmethode kostenlos angeboten werden. Diese gebührenfreie Zahlart muss gängig und zumutbar sein.

Welche Bezahlmethoden als gängig und zumutbar anzusehen sind, müssen die Gerichte entscheiden. Abgelehnt wurde dies bereits für eine bestimmte firmenbezogene MasterCard Gold, Visa Entropay und Visa Electron.

Erste Instanz

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hatte zudem mit Urteil vom 24.06.2015 (AZ: 2-06 O 458/14) entschieden, dass auch die SOFORT Überweisung die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt. Zwar stellt diese eine durchaus gängige Zahlart dar, allerdings sei sie Verbrauchern nicht zuzumuten.

Das LG kritisierte, dass bei der Nutzung der SOFORT Überweisung der zahlende Verbraucher in vertragliche Beziehungen zu einem Dritten, nämlich der SOFORT GmbH treten müsse, der mit dem eigentlichen Kauf nichts zu tun hat. Zudem müssen Kontozugangsdaten an diesen Dritten weitergegeben werden, was das Risiko des Missbrauchs erhöhe. Mit diesen Daten habe die SOFORT GmbH außerdem die Möglichkeit, umfassenden Einblick in die Kontonutzung zu nehmen (Kontostand, Kontobewegungen, insbesondere zuvor getätigte SOFORT Überweisungen), wodurch das Unternehmen ein detailliertes Persönlichkeitsprofil erstellen könnte.

Hinzu kam, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vieler Banken die Weitergabe von Kontozugangsdaten wie PIN und TAN an Drittunternehmen verbieten. Kunden, die die SOFORT Überweisung nutzten, liefen also Gefahr, vertragliche Pflichten gegenüber ihrer Bank zu verletzen.

Zweite Instanz

Das Urteil wurde nun vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main aufgehoben (Urteil vom 24.08.2016, AZ: 11 U 123/15).

Zwar bestätigten die Richter des OLG die Ansicht der Vorinstanz, dass es sich bei der SOFORT Überweisung um ein gängiges Zahlungsmittel handelt. Sie widersprachen jedoch der Auffassung, dass sie für den Kunden unzumutbar sei.

Vor allem läge kein Verstoß gegen die Banken-AGB durch Nutzung der SOFORT Überweisung vor, da derartige Klauseln unzulässig, mithin unwirksam sind. Das hatte das Bundeskartellamt in seiner Meldung vom 5.7.2016 klargestellt. Bestimmungen, die eine Weitergabe von Kontozugangsdaten (PIN, TAN) an Dritte verbieten, verhindern beziehungsweise erschweren den Marktzugang von Zahlungsdiensteanbietern wie der SOFORT GmbH und sind deshalb kartellrechtswidrig.

Gängige Zahlart grundsätzlich auch zumutbar

Darüber hinaus vertreten die Richter des OLG die Ansicht, dass ein gängiges Zahlungsmittel in der Regel auch zumutbar sei, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu. Das können Mehraufwand oder Verzögerungen bei der Nutzung des Zahlungsmittels sein, etwa eine für die Anschaffung des Zahlungsmittels seitens des Kunden erforderliche besondere Leistung. Solche Umstände lägen bei der SOFORT Überweisung jedoch nicht vor.

Auch das Bestehen eines abstrakten Missbrauchsrisikos - vor allem hinsichtlich der übermittelten Daten - genügt nicht, um ein Zahlungsmittel als unzumutbar einzustufen. Schließlich bestünden derart abstrakte Gefahren bei allen Handlungen im Internet. Das Vorliegen konkreter Risiken bei der Nutzung der SOFORT Überweisung wurde innerhalb des Gerichtsverfahrens nicht dargelegt. Ganz im Gegenteil konnte die SOFORT GmbH nachweisen, dass es bei den seit der Einführung des Systems im Jahr 2005 durchgeführten mehr als 100 Millionen Transaktionen keinen Schadensfall zu Lasten der Kunden gegeben hat.

Kein Verstoß gegen Datenschutz

Auf die Kritik des LG Frankfurt, dass die SOFORT GmbH einen umfassenden Einblick auf sensible Kontoinformationen des Kunden erhält, mit denen Persönlichkeitsprofile erstellt werden könnten, geht das OLG nicht ein. Offen bleibt zudem, ob die Nutzer des Bezahldienstes auf diese Offenlegung ihrer sensiblen Kontodaten ausreichend hingewiesen werden. Nach Ansicht des OLG führe dies im Zweifel jedoch ebenfalls nicht zur Unzumutbarkeit der Bezahlart.

Nach Art. 94 Abs. 2 der Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (RL 20015/2366 - kurz PSD II) dürfen Zahlungsdiensteanbieter die für die Nutzung ihrer Zahlungsdienste notwendigen personenbezogenen Daten nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Nutzers abrufen, verarbeiten und speichern. Auch wenn die SOFORT GmbH diese Vorgaben derzeit nicht erfülle, sei dies jedoch unerheblich, so die Richter. Denn die Richtlinie findet in Deutschland noch keine Anwendung. Sie muss zunächst in nationales Recht umgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten haben dafür Zeit bis zum 13.01.2018.

Kommentar der Autorin

Das Urteil des OLG ist stark wirtschaftlich geprägt und argumentiert vielfach aus Sicht des Unternehmers. Bei der entscheidenden Regelung des § 312 a Abs. 4 BGB handelt es sich jedoch um eine Vorschrift zum Schutz der Verbraucher. Der Sachverhalt sollte folglich auch aus Sicht dieser Personengruppe bewertet werden.

Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Ob die Entscheidung Bestand hat, bleibt also abzuwarten. Bis zu einer endgültigen Klärung kann Online-Händlern nur geraten werden, nicht ausschließlich die SOFORT Überweisung als kostenloses Zahlungsmittel anzubieten. Denn fraglich ist, ob sich auch andere Gerichte - und vor allem der BGH - der Ansicht des OLG Frankfurt anschließen werden.

Aber auch aus anderen Gründen sollten Händler ihren Kunden weitere oder alternative gebührenfreie Bezahlarten zur Verfügung stellen. In der Konstellation, dass nur die SOFORT Überweisung kostenlos genutzt werden kann, bleibt dem Kunden lediglich die Wahl zwischen der Entrichtung eines zusätzlichen Entgeltes - im Fall des OLG Frankfurt immerhin mehr als 10 Euro - oder der Preisgabe von sensiblen Kontodaten. Da Verbraucher in der heutigen Zeit immer mehr Wert auf den Schutz ihrer Daten legen, besteht die Gefahr, dass sie den Kauf lieber abbrechen und der Händler ganz leer ausgeht.

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