Systems 2003 - heiße Show auf kleiner Flamme

16.10.2003
Obwohl sie ein weiteres Viertel der Aussteller verloren hat, gibt die Systems nicht klein bei. Der Versuch, mit neuen Angeboten für den Mittelstand wieder Fuß zu fassen, wird von Branchengrößen wie IBM, Microsoft und Sun tatkräftig unterstützt. Von ComputerPartner-Redakteur Dr. Thomas Hafen

Die Talsohle ist erreicht, davon ist Klaus Dittrich hundertprozentig überzeugt. Im kommenden Jahr geht es mit der Systems wieder bergauf: "Wir haben ein Konzept, das in der Branche auf große, positive Resonanz gestoßen ist." Mehr will der Geschäftsführer des Veranstalters noch nicht verraten. Auf jeden Fall wird das Thema "Neue Medien" ab 2004 eine große Rolle spielen. Schon jetzt gibt es parallel zur Systems die "Medientage" mit einer - allerdings nur kleinen - Ausstellung. Im kommenden Jahr soll dieser Bereich deutlich ausgebaut werden.

Doch zunächst muss sich Ditt-rich mit der Gegenwart befassen. Und die ist alles andere als rosig: Kaum mehr als ein Drittel ihrer einstigen Größe bleibt von der Systems übrig. Für die diesjährige Veranstaltung, die vom 20. bis 24. Oktober 2003 auf dem Gelände der Neuen Messe München stattfindet, hatten sich bis Anfang Oktober 1.250 ausstellende Unternehmen angemeldet. Im Boom-Jahr 2000 kamen 3.300. Von den einst 16 Hallen mit rund 160.000 Quadratmetern belegt die IT-Messe 2003 noch sieben. "Wir spüren aber eine deutliche Trendwende", gibt sich Dittrich optimistisch. Dass diese sich in den Besucherzahlen widerspiegeln wird, glaubt aber selbst der Messechef nicht. Im vergangenen Jahr zählte der Veranstalter rund 80.000 Messegäs-te. "Man darf nicht überrascht sein, wenn weniger Leute kommen." Damit dies nicht so weitergeht, will er neue Zielgruppen erschließen: "Wir adressieren verstärkt kleinere und mittlere Unternehmen."

Orientierungshilfen für Mittelständler

Für diese Besucher bietet die Messe unter anderem so genannte "Guided Tours" an. Zu Themen wie Business Intelligence, IT-Sicherheit oder Server-Konsolidierung führen Unternehmensberater durch die Hallen. Die dreistündigen Touren werden jeweils durch einen Einführungsvortrag und eine Diskussionsrunde ergänzt. Die Teilnahmegebühr beträgt 55 Euro.

Das Mittelstandsforum in Halle B3 soll ebenfalls auf Interessierte ohne vertiefte IT-Kenntnisse ausgerichtet sein. "Hier wird es Praxisbeispiele ohne Hightech-Kauderwelsch geben", verspricht Dittrich. Der Veranstalter selbst bemüht sich allerdings wenig um verständliche Sprache, wenn es um die Benennung seiner Angebote geht. Begriffe wie "Office & Peripheral Technology" oder "E-Government, E-Health & Institutions" dürften für den viel umworbenen mittelständischen Unternehmer keine große Orientierungshilfe sein.

Auch für die Aussteller hat sich die Messe München einiges einfallen lassen. So soll beispielsweise das "Retracking" genannte System die Lead-Generierung erheblich vereinfachen. Es erfasst die Besucherdaten bei der Regis-trierung und stellt sie über das Messe-Intranet zur Verfügung. Interessiert sich ein Messegast für das Angebot eines Ausstellers, muss dieser nur einen Barcode auf der Eintrittskarte scannen und kann so alle relevanten Informationen direkt in einen elektronischen Lead-Bogen übernehmen. Damit lassen sich Informationsanfragen der Besucher direkt am Stand bearbeiten und weiterleiten, sodass der potenzielle Kunde im besten Fall das gewünschte Material in seinem E-Mail-Postfach oder Briefkasten vorfindet, wenn er vom Messebesuch nach Hause kommt.

Kein Ärger mit dem Datenschutz

Die Registrierung soll in diesem Jahr die Privatsphäre der Kunden besser berücksichtigen und auch nicht mehr obligatorisch sein. "Wir stehen in Kontakt mit Datenschutzexperten", sagt Ditt-rich. Im vergangenen Jahr hatte die Zwangsregistrierung große Verärgerung ausgelöst. Die Messe hatte die Daten für Werbe-E-Mails genutzt, auch wenn Besucher dies ausdrücklich abgelehnt hatten. Laut Dittrich war dies ein technisches Problem. Überhaupt sei der Systems-eigene Newsletter viel besser angekommen, als in der Öffentlichkeit dargestellt wurde: "Wir haben immer noch 50.000 Bezieher."

Nokia und Sony verzichten auf einen Hauptstand

Trotz Mittelstandsforum und der Konzentration auf Geschäftskunden ließen sich dieses Jahr viele namhafte Firmen nicht zu einer Teilnahme bewegen. Vor allem aus den Bereichen Netzwerke, Notebooks und PCs sowie Monitore und Drucker fehlen die großen Namen. Als "besonders schmerzhaft" bezeichnet Ditt-rich die Absage von Sony und Nokia, die beide keinen Hauptstand mehr gebucht haben. Fern bleiben außerdem Fujitsu Siemens Computer, Acer und Oracle. Bei den Distributoren fehlen die großen Broadliner Tech Data und Actebis/Peacock, ja selbst Systems-Befürworter wie Magirus sind nicht zu finden.

Die Gründe für die Abstinenz sind nicht neu: "Der Kostendruck und die nachlassende überregionale Bedeutung der Systems haben dazu geführt, dass wir in diesem Jahr unser Engagement auf einen kleinen Stand im Dealers-only-Bereich beschränken", sagt Nils Seib, Product-PR-Manager bei Sony Deutschland. Man wolle die Mittel lieber konzentriert auf Cebit, IFA und eigenen Veranstaltungen einsetzen. Auch für Nokia ist Konzentration das Gebot der Stunde: "Wir fokussieren uns verstärkt auf die jeweiligen Zielgruppen", erklärt Günter Busch, Marketing-Manager Distribution and Programs Europe, Middle East and Africa.

Bei Systemhäusern und Fachhändlern gibt es ebenfalls viele Verweigerer. "Die Systems hat uns noch nie vorrangig interessiert, zumal sie immer mehr zur lokalen Veranstaltung mutiert", sagt beispielsweise Manfred Hövel, Geschäftsführer der Sysdat Gesellschaft für IT-Lösungen, einem Systemhaus mit Sitz in Köln. Auch Karl-Erich Weber ist ein Systems-Verächter. Sie sei zur "Laber-Messe" geworden, konstatiert der Fachhändler aus Rheinland-Pfalz. "Wenn ich etwas Neues erfahren will, gehe ich woanders hin." Immerhin sieht Weber Ansätze der Besserung: "Das neue Konzept mit der Integration der Neuen Medien könnte die Attraktivität wieder deutlich steigern."

Viele Große bleiben der Systems treu

Nicht alle Firmen möchten in die Mäkelei über fehlende Bedeutung und falsche Zielgruppe einstimmen. Zu den Branchengrößen, die weiter fest zur Systems stehen, gehören beispielsweise IBM, Microsoft, Siemens, Sun und die Deutsche Telekom - wenn auch zum Teil mit deutlich verkleinerten Ständen. "Der Fokus auf den Mittelstand und das Partnergeschäft deckt sich mit unserer strategischen Ausrichtung", sagt Felix Rümmele, Manager für Messen und Events bei IBM. "Für das Mittelstandsgeschäft ist die Systems gleichbedeutend mit der Cebit", pflichtet ihm Paul Nemeth, Direktor IBM/SAP Sales Alliances Executive EMEA, bei.

Mit einer Ausstellungsfläche von 1.800 Quadratmetern ist der Auftritt von Microsoft ein deutliches Bekenntnis zum Messestandort München. Der Softwarehersteller hat das Partnerkonzept aus dem vergangenen Jahr ausgebaut. Ingesamt 57 Unternehmen stellen ihre Lösungen vor; 2002 waren es noch 37.

Bei den Distributoren halten unter anderen Ingram Micro, COS, Astra und Computerlinks zur Messe. "Wir sind in den vergangenen Jahren mit sehr vielen Neukunden nach Hause gegangen", erklärt COS-Vorstand Anke Kugies. "Die Systems bietet uns eine ausgezeichnete Möglichkeit, mit unseren Kunden aus dem süddeutschen Raum und den europäischen Nachbarstaaten konstruktive Gespräche zu führen", begründet Alexander Brantl, Senior Director Marketing Communications & E-Commerce bei Ingram Micro, die Messeteilnahme des Broadliners. Tatsächlich finden vor allem Partner aus dem süddeutschen Raum die Systems attraktiv. "Ich erfahre, was es Neues gibt, und finde für meine Fragen kompetente Ansprechpartner", sagt Anton Weingartner vom niederbayerischen Systemhaus CCS. Für Juergen Kaiser, Systems In-tegration Specialist bei MSC Software in München, zählt vor allem der praktische Aspekt: "Ich kann in relativ kurzer Zeit zahlreiche Kontakte besuchen."

Mehr Fläche bei Citrix, Ebay und IT-Security

Im Unterschied zu IBM und Siemens, die ihre Auftritte verkleinert haben, ist bei Citrix, Itenos und Rittal die Standfläche gewachsen. Vor allem Citrix ist ein überzeugter Fan der Münchener Veranstaltung: "Ein Viertel unserer Leads im vierten Quartal stammt mittlerweile von der Systems", sagt Klaus Scheibe, Director Marketing Central Europe. Im Dealers-only-Bereich hat COS seinen Messeauftritt erweitert, aber auch der Online-Auktionator Ebay hat zugelegt. "Wir möchten die Zusammenarbeit mit professionellen Computerhändlern weiter ausbauen und ihnen Ebay als zusätzlichen Vertriebskanal näher bringen", erklärt Oliver Rippel, Senior Manager für die Kategorie Computer. Besonders ein Bereich macht der Messegesellschaft Freude: die "IT-Security-Area" in Halle B2. Dort finden sich fast 50 Prozent mehr Aussteller als im vergangenen Jahr auf rund 20 Prozent mehr Fläche.

Messe-Rundgang

Auch wer sich nicht einer der "Guided Tours" anschließt, wird bei seinem Messebesuch kaum den Überblick verlieren. Statt wie im Vorjahr neun verschiedene Bereiche, weist die Systems jetzt nur noch vier Schwerpunkte, so genannte "Fachmessen" auf. Den größten Raum nimmt das Schwerpunktthema "Software, Systems & Integration" ein. Es belegt die Hallen A1 bis A3 sowie B2 und B3. In A1 sind außerdem die Fachmesse "E-Government, E-Health & Institutions" inklusive zugehöriger Area untergebracht sowie die ERP/CRM-Area und das entsprechende Forum. Eine Halle weiter, in A2, kommen vor allem die Softwarespezialisten auf ihre Kosten. Sie dürften sich für die Areas und Foren zu den Themen "Software Development", "Software Solutions" und "Knowledge-Management" interessieren. Neben den Softwarethemen hat der Veranstalter Schwerpunkte aus dem Bildungs- und Finanzbereich hier positioniert.

In Halle A3 ist die "Internet World" zu entdecken. Die Internet-Fachmesse hätte eigentlich im Juni in Berlin stattfinden sollen, war aber wegen mangelnder Ausstellerbeteiligung ausgefallen.

"Dealers only" in B1

Der Besucher ist nun bereits am Ende des A-Bereichs angelangt und wechselt über das Atrium in den B-Teil. In Halle B1 findet er den Schwerpunkt "Office & Peripheral Technology", der sich mit Endgeräten aller Art beschäftigt. Für Fachhändler ist die Halle allemal einen Besuch wert, denn hier findet sich der "Dealers-only"-Bereich. 34 Aussteller sind verzeichnet, darunter Distributoren wie Ingram Micro, COS oder Astra Datentechnik und Hersteller wie Canon oder Sony.

Besonders voll wird es wohl in Halle B2 werden. Hier hat die IT-Security-Area Platz gefunden, an der sich 180 Unternehmen beteiligen. Auch in B3 dürfte reger Besucherandrang herrschen. Hier informieren Hersteller und Value Added Distributoren über das Thema Storage. Außerdem durchleuchtet das Mittelstandsforum Technologien und Lösungen darauf, ob sie für den Einsatz in kleineren und mittleren Unternehmen geeignet sind.

Zum Ausklang kann sich der Besucher die Halle B4 vornehmen, die unter dem Thema "Telecommunications & Networking" steht. Wer nach TK-Angeboten sucht, dürfte auf seine Kosten kommen. Weniger gut sieht es dagegen im Bereich Netzwerke aus. Namhafte Hersteller wie Cisco oder Alcatel sind zwar vertreten, allerdings nur als Mitaussteller auf kleinen Partnerständen.

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