Übertölplungsklauseln in Arbeitsverträgen sind unwirksam

Michael Henn ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VDAA-Präsident, c/o Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll
Klauseln in Arbeitsverträgen, die dazu geeignet sind, Arbeitnehmer zu überrumpeln oder zu übertölpeln, sind unwirksam.

Klauseln in Arbeitsverträgen, die dazu geeignet sind, Arbeitnehmer zu überrumpeln oder zu übertölpeln, sind unwirksam. Dies, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn von der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft mit Sitz in Brühl, sei die Konsequenz eines soeben bekannt gewordenen Urteils des Landesarbeitsgerichts Schleswig Holstein (AZ.: 3 Sa 489/06).

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte der Arbeitgeber ein Arbeitsvertragsformular verwendet, dass nach den Feststellungen des Gerichtes bundesweit im Einzelhandel verbreitet ist. In § 1 des Arbeitsvertrages war optisch fett hervorgehoben, dass die Arbeitnehmerin befristet vom 1. November 2005 bis 31. Oktober 2006 eingestellt werde. Im weiteren Verlauf des § 1 hieß es sodann, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten und das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Probezeit ende, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Diese Klausel war optisch nicht hervorgehoben.

Das Gericht habe nun klargestellt, so der Arbeitsrechtsexperte Henn, dass die "versteckte" kleine Befristung neben der hervorgehobenen großen Befristung des Arbeitsverhältnisses auf ein Jahr unwirksam sei, da sie gegen § 305 c Abs. 1 BGB verstoße. Danach werden Bestimmungen in Allgemeine Geschäftsbedingungen, also auch in Arbeitsverträgen, die nach den Umständen insbesondere dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders, hier der Arbeitnehmer, nicht mit ihnen rechnen muss, nicht Vertragsbestandteil. Dies gelte insbesondere für Klauseln, denen ein Überrumpelungs- oder Übertölplungseffekt innewohne.

Im vorliegenden Fall habe der Arbeitgeber durch das äußere Erscheinungsbild des Arbeitsvertrages bei der Arbeitnehmerin den Eindruck erweckt, dass sie einen auf zwölf Monate befristeten, kündbaren Arbeitsvertrag erhalten habe. Mit einer weiteren, versteckten und kürzeren Befristung in dem Arbeitsvertrag habe diese nicht rechnen müssen, sodass die zusätzliche Befristung unwirksam sei. Arbeitsrechtsexperte Henn empfahl daher allen Arbeitgebern, Arbeitsvertragsformulare vor ihrer Verwendung von kompetenten Arbeitsrechtlern überprüfen zu lassen, um bösen Überraschungen vorzubeugen.

Kontakt und weitere Informationen: Michael Henn, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll. Theodor-Heuss-Str. 11, 70174 Stuttgart, Tel.: 0711/30 58 93-0 Fax: 0711/30 58 93-11. stuttgart@drgaupp.de, www.drgaupp.de (mf)

Zur Startseite