Enthüllungen über die Internet-Überwachung durch Geheimdienste machen Netzunternehmen zu schaffen. Sie fürchten um ihr wichtigstes Pfand, das Vertrauen ihrer Nutzer. Dabei geht es nicht nur um die Verletzung von Bürgerrechten, sondern auch um Wirtschaftsspionage.
von Jessica Binsch
Eigentlich könnte die deutsche Internetbranche hoffnungsvoll in die Zukunft sehen. Das Geschäft läuft gut, der Branchenverband eco rechnet in den kommenden vier Jahren jeweils mit einem Wachstum von mehr als 10 Prozent und zehntausenden neuen Arbeitsplätzen.
Doch die Enthüllungen über die Überwachung der Online-Kommunikation durch amerikanische und britische Geheimdienste berühren auch deutsche Internetfirmen - und hinterlassen viele offene Fragen bei den Anwendern. "Ich glaube dass wir uns am Beginn einer ganz tiefgreifenden Vertrauenskrise befinden in die Kommunikation via Internet", sagte der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl am Mittwoch im Bundestag.
Internet-Anwender in Deutschland fürchten nicht nur eine massive Verletzung ihrer Bürgerrechte. Insbesondere die gigantischen Ausmaße des britischen Schnüffelprogramms "Tempora" lassen viele vermuten, dass es den Geheimdiensten GCHQ und NSA nicht nur um den Kampf gegen Terroristen oder das Organisierte Verbrechen geht, sondern um das wirtschaftliche Wohlergehen der Briten und Amerikaner.
Auch Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, denkt bei der Beurteilung der anglo-amerikanischen Abhöraktionen in diese Richtung: "Da nicht hinter jedem Baum ein mutmaßlicher Terrorist lauert, hat in Wahrheit die gute alte Wirtschaftsspionage ein neues prächtiges Gewand bekommen", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
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Der Verdacht der systematischen Wirtschaftsspionage könnte das Geschäftsmodell der Internet-Konzerne gefährden. Gerade die US-Unternehmen, die als erste mit den Abhörprogrammen in Verbindung gebracht wurden, fordern seit den ersten Berichten eine umfassende Aufklärung. Allen voran läuft Google Sturm gegen die Vorgaben der Geheimhaltung, die es den betroffenen Firmen verbieten, eigene Informationen über ihre Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten zu veröffentlichen.
Der Internetkonzern fürchtet nicht zuletzt um den eigenen Umsatz. "Das Ansehen und das Geschäft von Google haben durch die falschen oder irreführenden Medienberichte Schaden genommen und die Google-Nutzer sind besorgt über die Vorwürfe", schrieb Google an das geheime US-Gericht, das Anfragen nach dem Auslandsspionagegesetz FISA freigibt.