Unisys-Chef Leonhardi hat die Trauben im Partnervertrieb hoch gehängt

22.11.1996
SULZBACH: Unisys zählt für viele Händler und Systemhäuser (und nicht nur für sie) zu einem der übriggebliebenen Dinosaurier aus der EDV-Steinzeit. Und vor einigen Jahren sah es tatsächlich so aus, als würde der amerikanische Computerhersteller auch das Schicksal der "echten" Dinosaurier teilen. Doch Unisys hat sich mit gewaltigen Anstrengungen wieder berappelt. Jetzt denkt auch die deutsche Dependance in Sulzbach wieder an Wachstum und Gewinn. Dabei spielt der indirekte Vertrieb eine entscheidende Rolle.Erwin Leonhardi, Geschäftsführer der Unisys Deutschland GmbH in Sulzbach, hat eine genaue Vorstellung davon, wo der Computerhersteller Ende der 90er Jahre in Deutschland stehen soll: 1.100 bis 1.200 Mitarbeiter, guter Gewinn, 400 bis 450 Millionen Mark Umsatz, davon die Hälfte indirekt. Das bedeutet vor allem eins: noch jede Menge Arbeit.

SULZBACH: Unisys zählt für viele Händler und Systemhäuser (und nicht nur für sie) zu einem der übriggebliebenen Dinosaurier aus der EDV-Steinzeit. Und vor einigen Jahren sah es tatsächlich so aus, als würde der amerikanische Computerhersteller auch das Schicksal der "echten" Dinosaurier teilen. Doch Unisys hat sich mit gewaltigen Anstrengungen wieder berappelt. Jetzt denkt auch die deutsche Dependance in Sulzbach wieder an Wachstum und Gewinn. Dabei spielt der indirekte Vertrieb eine entscheidende Rolle.Erwin Leonhardi, Geschäftsführer der Unisys Deutschland GmbH in Sulzbach, hat eine genaue Vorstellung davon, wo der Computerhersteller Ende der 90er Jahre in Deutschland stehen soll: 1.100 bis 1.200 Mitarbeiter, guter Gewinn, 400 bis 450 Millionen Mark Umsatz, davon die Hälfte indirekt. Das bedeutet vor allem eins: noch jede Menge Arbeit.

Denn von diesen Kennzahlen sind die Hessen noch weit entfernt. Gegenwärtig stehen 750 Namen auf der Gehaltsliste, auch in diesem Jahr wird Unisys wieder mit Verlust abschließen (trotz schwarzer Zahlen im dritten Quartal), die negative Umsatzentwicklung der letzten Jahre (vgl. Grafik) wird im besten Fall gestoppt, und der Anteil des Partnergeschäfts am Gesamtumsatz liegt gegenwärtig bei weit unter zehn Prozent.

Kurzum: Unisys Deutschland ist nicht gerade in der besten Verfassung. Sicherlich nicht die Schuld des 51jährigen Geschäftsführers. Denn als der im April letzten Jahres die Amtsführung von seinem Vorgänger Götz H. Siebrecht übernahm, mußte er einen Berg von Altlasten abbauen. Zum Beispiel: Die völlig überaltete Belegschaft. Das Durchschnittsalter lag damals knapp unter 60 Jahren. Gut für eine Renterband, nicht aber für eine schlagkräftige und hungrige Truppe in der Computerbranche. Überdies war noch jeder dritte Unisys-Mitarbeiter eine Führungskraft. Die enormen Personalkosten aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit waren schwindelerregend. Der Verlust von 47 Millionen Mark im letzten Jahr geht zum erheblichen Teil auf das Konto Arbeitsplatzabbau. Obwohl Leonhardi bei seinem Amtsantritt die Auffassung vertrat (und auch heute noch vertritt), daß aufgrund der Marktpotentiale eher eine Vergrößerung als eine Verkleinerung der Belegschaft angeraten sei, reduzierte er die Zahl der Mitarbeiter von 840 auf heute etwa 750 Personen.

Eine wesentliche Rolle bei den Wachstumsplänen von Unisys Deutschland spielt zum einen das PC-Geschäft und zum anderen der indirekte Vertrieb. Im PC-Markt hat Unisys trotz einiger Versuche und wiederholter lautstarker Ankündigungen noch nie eine besondere Rolle gespielt. Weder in Deutschland noch weltweit. Vor zwei Jahren verkaufte Unisys rund um den Globus nach eigenen Angaben gerade einmal 260.000 PCs. Damit lagen die Amerikaner auf Platz 17 der Weltrangliste. Was aber immerhin schon eine Verbesserung gegenüber 1993 um sechs Plätze darstellte. Ermutigt durch diese erfreuliche Entwicklung steckte der amerikanische Unisys-Manager Bruce Halvorsen Anfang 1995 gleich die nächsten Ziele ab: "Bis spätestens 1997 werden wir zu den Top ten unter den PC-Herstellern der Welt gehören", ließ er wissen.

Bis dahin ist nicht mehr viel Zeit. Im letzten Jahr machten die Amerikaner mit 300.000 verkauften PCs nach Angaben der Gartner Group zwar weitere zwei Plätze gut. Aber um das für 1997 avisierte Ziel zu erreichen, müssen die Amerikaner noch eine große Schüppe Kohlen mehr ins Feuer werfen.

Vielleicht gelingt es ja mit der neuen PC-Serie "Aquanta", die vom Notebook über den Standard-Tischrechner bis zum Multiprozessor-Rechner einen recht kompletten Eindruck macht. Einen Net-PC gibt es von aber Unisys nicht. Und wenn es nach Leonhardi geht, wird es ihn auch in Zukunft nicht geben. "Ich glaube nicht, daß sich diese Rechner durchsetzen werden", sagt er.

Eng verbunden mit den Ambitionen im PC-Bereich sind auch die Pläne, das Partnergeschäft kräftig auszubauen. Bereits seit Anfang dieses Jahres kümmert sich der für dieses Ressort verantwortliche Unisys-Manager Klaus Hertel darum, dieses zarte Plänzchen hochzuziehen (für den Direktvertrieb ist übrigens der ehemalige Olivetti-Manager Dr. Edmund Nickel zuständig). Bereits rund 70 Unternehmen stehen auf der Vertriebspartner-Liste, die sicher erst ein Anfang ist. Denn während manche Regionen schon fest in Unisys-Hand zu sein scheinen (allein in Erfurt sind fünf Vertriebspartner zu Hause), sind andere Regionen wie zum Beispiel München noch etwas unterrepäsentiert.

Egal wie: Das Ziel von Unisys-Chef Leonhardi besteht darin, rund 100 VARs für sich und seine Produkte zu gewinnen. Dabei versuchen die Sulzbacher nach eigenen Angaben erst gar nicht, die CompuNets dieser Welt für ihre Produkte zu begeistern. "Bei den Großen stellt sich immer das Margenproblem", begründet der deutsche Unisys-Statthalter diese Zurückhaltung. Sondern gesucht sind Unternehmen mit speziellem Know-how in bestimmten Branchen oder in Regionen, in denen Unisys noch nicht so stark ist. Dann, so Leonhardi, können die Vertriebspartner auch mit einer gewissen Exklusivität rechnen. "Wir versprechen unseren Partnern, daß wir keinen zweiten neben sie stellen, wenn sie ihren Job gut machen", sagt Leonhardi. "Gut machen" bedeutet einen jährlichen Mindestumsatz mit Unisys von 250.000 Mark.

Daß Unisys vor allem an kleineren Vertriebspartnern interessiert ist, zeigt auch das ungewöhnliche Rabattkonzept der Sulzbacher. Leonhardi: "Wir wollen, daß unsere Partner mit uns wachsen. Daher gilt: Je kleiner einer ist, desto größer sein Discount." Als Gründe für eine Zusammenarbeit mit Unisys nennt Leonhardi unter anderem die breite Produktpalette vom Notebook bis zum Großrechner, das Built-to-Customer-order-Verfahren sowie

das Lease-Exchange-Konzept. Dabei handelt es sich um ein Angebot an die Endkunden, innerhalb eines Leasingvertrages einen Teil des Computer-Equipments permanent gegen neue Systeme auszutauschen.

Vor dem Unisys-eigenen Direktvertrieb (DV) brauchen die Vertriebspartner, so die Versicherung Leonhardis, keine Angst zu haben. Um Kanalkonflikte zu vermeiden, konzentriert sich der DV auf namentlich definierte Großkunden. Auch hier sollen, wenn immer möglich, Partner miteingebunden werden. Finanzielle Anreize für die Unisys-DVs sollen sie motivieren, immer auch an die Partner zu denken. Nach den Vorstellungen von Leonhardi sollen mittelfristig alle Projekte mit einem Umsatzvolumen von unter 500.000 Mark von Partnern realisiert werden. Das Umsatzpotential pro Partner schätzt der Unisys-Geschäftsführer auf durchschnittlich eine Million Mark ein.

Sicher ist, daß Leonhardi die Trauben selbst sehr hoch gehängt hat. Denn um bis zum Jahr 2000 die Hälfte des geplanten Gesamtumsatzes von 400 bis 450 Millionen Mark über den indirekten Vertrieb zu erzielen, muß der durchschnittliche Unisys-Umsatz pro Partner erheblich höher sein als eine Million Mark, oder die Anzahl der Partner muß deutlich über den momentan anvisierten 100 liegen. Sowohl die eine wie auch die andere Option dürfte nicht ganz einfach zu realisieren sein. (sic)

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