Business-Pläne reichen nicht

Von der Vertriebsstrategie zum Verkaufserfolg



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Mit konkreten Umsetzungsplänen können Firmen sicherstellen, dass die definierten Vertriebsziele erreicht werden. Peter Schreiber zeigt, worauf es dabei ankommt.

Wie kann das Erreichen der in der Vertriebsstrategie definierten Ziele sichergestellt werden? Der Weg von der Vertriebsstrategie zum Verkaufserfolg ist für Vertriebsorganisationen immer wieder eine "Blackbox" und kann deshalb nicht gezielt gesteuert werden. Und selbst wenn die geplanten Ergebnisse kommen, stellt sich die Frage: Kommen sie wie geplant?

Kennzahlen sind ein wichtiges Werkzeug der Strategieumsetzung. Vertriebschefs wissen, an welchen Stellschrauben sie drehen müssen, damit ihr Bereich seinen Beitrag zum Realisieren der Vision und Umsetzen der Strategie des Unternehmens leistet.
Kennzahlen sind ein wichtiges Werkzeug der Strategieumsetzung. Vertriebschefs wissen, an welchen Stellschrauben sie drehen müssen, damit ihr Bereich seinen Beitrag zum Realisieren der Vision und Umsetzen der Strategie des Unternehmens leistet.
Foto: fovito - Fotolia.com

Die meisten Hersteller von Industriegütern und Anbieter von Industriedienstleistungen haben Business-Pläne. Sie sind kaufmännisch und administrativ notwendig und spiegeln die geplante Zahlenwelt des Unternehmens wider. Sie basieren auf einer Vision der Geschäftsleitung, wie sich das Unternehmen in den nächsten Jahren im Markt positionieren will und einer generellen Strategie, die als Handlungsrichtlinie für Unternehmensbereiche wie zum Beispiel den Vertrieb dient.

Doch was kommt hiervon bei den Vertriebsmitarbeitern an, die diese Strategie umsetzen und die Ziele erreichen sollen? Häufig sind es nur die "heruntergebrochenen" Ziele bezüglich Umsatz- und Deckungsbeitrag aus den Zahlenfriedhöfen der Businesspläne - akribisch aufgeschlüsselt bis auf die unterste Produktebene, oft aufgeteilt auf einzelne Kunden. Durchgeführt wird diese Zielplanung aus führungspsychologischen Gründen top-down und bottom-up, obwohl schon vorher klar ist, was rauskommen muss und im Zweifelsfall gilt: "Ober sticht Unter". Es wird verabschiedet, was zu erreichen ist, aber keiner weiß genau, wie die quantitativen und qualitativen Ziele erreicht werden sollen. Es existieren Umsatzpläne (Sales-Plan) jedoch keine Umsetzungspläne (Selling-Plan).

Ein solches Vorgehen motiviert weder die Verkäufer, noch werden die Aktivitäten einzelner Bereiche wie Vertrieb, Marketing, Produktion und Service verzahnt, da vom federführenden Vertrieb kein Ziele- und Maßnahmenplan (Selling Plan) erstellt und dieser den anderen Bereichen kommuniziert wird.

Der Weg zum Umsetzungsplan

Vertriebschefs wissen selbstverständlich, an welchen Stellschrauben sie drehen möchten, damit ihr Bereich seinen Beitrag zum Realisieren der Vision und Umsetzen der Strategie des Unternehmens leistet. Sie haben sozusagen "ihre" Vertriebsstrategie. Um möglichst viele "Mit-Arbeiter" zu gewinnen, müssen sie jedoch ihre Strategie und deren Umsetzung denjenigen kommunizieren, die ihnen dabei helfen sollen, diese zu realisieren: konkret, plausibel, pragmatisch und Maßnahmen orientiert. Die Mitstreiter müssen nicht nur wissen, was zu erreichen ist (Ergebnisse), sondern ihr Knowhow und Erfahrungsschatz muss auch für die Planung des "Wie", der Maßnahmen und Prozesse, genutzt werden.

Ein Beispiel soll den Zusammenhang zwischen Vertriebsstrategie und Vertriebszielen sowie Selling- und Umsetzungs-Plan veranschaulichen. Wenn zum Beispiel die Vertriebsstrategie "Marktdurchdringung und Kundenbindung durch Forcierung des Systemgeschäfts" lautet und damit ein Umsatzziel von zehn Millionen verbunden ist, stellen sich eine Menge Fragen wie:

  • Was ist die durchschnittliche Auftragsgröße im Systemgeschäft?

  • Wie viele Aufträge brauchen wir also, um unser Umsatzziel zu erreichen?

  • Wie viele Kunden müssen wir dazu ansprechen?

  • Welches sind dafür Zielkunden?

  • Wie viele gibt es davon und wo finden wir diese (Potenzial)?

  • Mit welchen Maßnahmen und Ressourcen wollen wir diese Kunden ansprechen?

Key Performance Indicators (KPIs) definieren

Die Verkäufer orientieren sich am Verkaufsprozess und benötigen genau dafür einen Selling Plan. Dieser muss sich dann auch im Vertriebscontrolling und in der Verkäufersteuerung, widerspiegeln. Es sind nicht nur die Verkaufsergebnisse zu planen und zu "kontrollieren", sondern vor allem die Verkaufsprozesse müssen geplant und gesteuert werden. Und hierfür gilt es auch Vertriebskennziffern, also Key Performance Indicators (KPIs), zu definieren. Denn erst dadurch, dass die Einzelmaßnahmen mit Zahlen hinterlegt sind, ist die Basis für das Steuern des Vertriebserfolgs gelegt. Das heißt, man erkennt bei den Reviews schnell, welche Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg hatten, und kann im Bedarfsfall den Selling-Plan anpassen. Der Fokus des Controllings verschiebt sich also von einer retrospektiven Kontrolle der Verkaufsergebnisse hin zu einer prospektiven Steuerung der Verkaufsprozesse.

Dies entspricht auch dem Zyklus des Vertriebsmanagement-Prozesses mit den bekannten Managementmethoden:

  • Planen: SWOT-Analyse, Balanced Scorecard, …

  • Umsetzen: Zielkunden-Strategie, Maßnahmenpläne und Meilensteine, …

  • Controllen: KPIs, Forecast-Modelle, Sales Funnel, …

  • Idealerweise lässt sich dies alles in Anlehnung an die Balanced Scorecard in folgende vier Bereiche zusammenfassen:

  • Betriebswirtschaftliche Ziele: Umsatz, Absatz, Marge, Deckungsbeitrag …

  • Markt- und Kundenziele: Zielregionen, -branchen, -anwendungen, Zielkunden …

  • Prozessziele: Anzahl Besuche bei Neukunden / Wettbewerberkunden, Hitrate der Angebote …

  • Mitarbeiterziele: Vertriebsmitarbeiter qualifizieren, motivieren, rekrutieren …

Die Struktur eines Selling Plans

  • Ein Selling-Plan hat folgende grundsätzliche Struktur, die den Erfordernissen der jeweiligen Vertriebsorganisation angepasst werden muss:

  • Planungs-Brief der Geschäftsleitung,

  • Analyse der bisherigen Entwicklung des Verkaufs und der zukünftigen Potenziale,

  • Ableitung daraus von Zielen und Maßnahmen mit Meilensteinen, strukturiert nach Balanced Scorecard

  • Erstellung spezieller Zielkunden-Pläne,

  • Gestaltung des Vertriebs-Cockpits mit den KPIs

  • Ausblick auf die strategischen Hauptaktivitäten für die nächsten drei Jahre

Der Planungsprozess zum Selling Plan

In den mit dem Erstellen des Selling-Plans verbundenen Planungsprozess werden von der Geschäftsleitung bis zum Vertriebsmitarbeiter stufenweise alle eingebunden. Danach erfolgt die Kommunikation und Abstimmung mit den unterstützenden Bereichen wie Marketing, Produktion, Service und Personalwesen. Dies erhöht die Planungs-Qualität sowie die Verbindlichkeit und Motivation.

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