"Wärmefaktor" entscheidet über Zukunft von Systemhäusern

07.03.2002
Der Systemhauskunde von heute verlangt viel mehr persönliche Rundum-Betreuung wie Presales-Consulting als je zuvor. Die Produktqualität hat im Gegenzug klar an Bedeutung bei der Kaufentscheidung verloren. Zu diesem Ergebnis kam eine Kundenbefragung des Augsburger IT-Dienstleisters Ibex AG.

Gerade in Zeiten knapper Budgets wollen die Kunden genau und vor allem verbindlich vor dem Kauf neuer IT beraten werden", erklärt Dieter Krauss, Vorstand der Ibex AG, die Verschiebung der Kundenpräferenzen. "Schließlich müssen sie die Investitionsentscheidung detaillierter als früher rechtfertigen." Das Systemhaus hatte zum Jahreswechsel 1.000 Kunden online befragt. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Rund 70 Prozent der Kunden wissen die persönliche Betreuung besonders zu schätzen, mehr als die Hälfte legt Wert auf kompetente Beratung. Dagegen sehen nur 25 Prozent in der Qualität den ausschlaggebenden Faktor. Laut Krauss liegt die Erklärung dafür nah: "Die Kunden suchen mehr als zuvor wirtschaftlich effiziente Lösungen. Das bedeutet viel Customizing und damit viel Beratungsbedarf. Hier sind wir als Dienstleister besonders gefordert." Deshalb will Ibex das Dienstleis-tungsportfolio noch weiter ausbauen. Bereits im vergangenen Jahr erreichten die Augsburger mit Dienstleistung rund 40 Prozent ihres Gesamtumsatzes.

Doch der Kundenwunsch ist nicht allein entscheidend. Vielmehr stellt sich hier die Frage, ob der Kunde auch bereit ist, für Extraleistungen Extrageld zu zahlen. Im Prinzip ja, sagt Udo Faulhaber, Vorstandsvorsitzender der Arxes Information Design AG, in Radio-Eriwan-Manier. Und dann kommt das große Aber. Es sei überaus schwierig, bei alter Klientel den Metamorphoseprozess in Gang zu bringen. Jahrelang haben diese keine gesondert ausgewiesene Kos-ten für Service zahlen müssen, sondern bekamen die Hardware ins Haus gebracht, aufgestellt und installiert. Früher hatte auch die Presales-Beratung - in Neudeutsch Consulting - nicht die Bedeutung wie heute. Deshalb hat Faulhaber bei der Arxes schon vor Jahren begonnen, die interne Struktur zu verändern. Sämtliche Mitarbeiter wurden in Kommunikationsseminaren geschult. Aber nicht immer mit Erfolg. So musste man sich von etwa 30 bis 40 Prozent der Vertriebsmitarbeiter trennen. Vor rund anderthalb Jahren wurde eine zentrale Kompetenztruppe aufgebaut, die auf Consulting spezialisiert ist.

Mit einem "tollen Effekt", wie Faulhaber stolz verkündet: "Alte Kunden sahen neue Gesichter und erkannten somit auch ein neues Leistungsspektrum." Anfangs sei diese Beratertruppe jedoch nur ein reiner Kostenfaktor gewesen, aber jetzt sei das Konzept voll aufgegangen und die Kunden nutzen nicht nur deren Leistungen, sie seien auch bereit, dafür zu zahlen. Besonders wichtig ist laut Faulhaber der "Wärmefaktor" zwischen Kunde und Lieferant. Es darf seiner Meinung nach in dieser vertrauensvollen Beziehung keine Sprüche geben wie "Bin nicht dafür zuständig" oder "Das macht eigentlich der Kollege, aber der ist nicht da". Hier gilt vielmehr die Regel: "Keine Sorge, ich regele das schon." Wer letztendlich dieses Problem aus der Welt schafft und vor allem wie, sei für den Kunden egal. Er hat nur das gute Gefühl, da kümmert sich jemand um ihn.

Diese neue Denkweise in die Tat umzusetzen, ist laut Faulhaber jedoch ein schwieriger Prozess, der von oben nach unten durchgesetzt werden müsse. Er benutzt in diesem Zusammenhang gerne den Begriff "Mindsetting". "Der Wunsch, umfassende Dienstleistung zu bieten, muss sich wie ein Virus im Unternehmen verbreiten, sonst ist das Systemhaus seiner Meinung nach zum Scheitern verurteilt. "Reinrassige" Systemhäuser, die noch zu 80 Prozent ihren Umsatz mit der Hardware generieren, werden ohne Radikalkur in der Philosophie aller Beteiligten (vor allem der Geschäftsleitung) seiner Ansicht nach nur sehr geringe Erfolgschancen haben. Diese werden demnach nur in enger Kooperation mit den Herstellern als eine Art Subunternehmen überleben.

Die ADA-Has ist ebenfalls seit Jahren Service-orientiert. CEO Joachim Prinz schwört auf klare Trennung bei der Kostenberechnung für Dienstleistung und Hardware. Mit den Kunden werden Leistungs-Agreements geschlossen. Werden diese übererfüllt, zahlt der Kunde mehr, und den Extragewinn erhalten die Mitarbeiter. Das spornt jeden an, besser zu werden.

www.ibex.de

www.arxes.de

www.ada-has.de

ComputerPartner-Meinung:

Wer nicht vom Wert seiner eigenen Dienstleistung überzeugt ist, kann diese auch nicht dem Kunden verkaufen. Viele Unternehmen unterziehen Kosten und Nutzen einer besonders strengen Prüfung. Da muss auch der IT-Händler sein Leistungsspektrum kritisch hinterfragen. Sieht er Schwächen, muss er sie ausmerzen oder sich aus diesem Servicebereich verabschieden und sich statt dessen auf seine ureigenen Stärken konzentrieren. Es muss ja wirklich nicht jeder alles können. (go)

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