Warum Europa in Sachen CE im Hintertreffen ist

05.08.2005
Warum erhalten die Europäer die neuesten Geräte der Consumer- und Unterhaltungselektronik immer später als andere, obwohl sie zahlenmäßig sowohl den Japanern als auch den Amerikanern weit überlegen sind? Weil sie selber schuld sind, und zwar in mehrererlei Beziehung.

Forrester-Analyst Paul Jackson kam im Rahmen einer von ihm durchgeführten Studie zu folgendem Schluss: Durch eine Kombination von vergleichsweise geringem Kaufinteresse, länderspezifischem Kaufverhalten sowie technologischen und regulatorischen Barrieren gestaltet sich die Markteinführung neuer Produkte in Europa erheblich schwieriger als zum Beispiel in den Vereinigten Staaten oder Japan.

Viele Hersteller von CE-Geräten haben ihren Sitz entweder im Raum Asien/Pazifik oder lassen zumindest dort produzieren. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Braun, Philips und Siemens. Es wundert Jackson daher nicht, dass die Hersteller zunächst ihre "Heimmärkte" favorisieren, wo sie die Reaktion der Käufer auf neue Angebote unmittelbar beobachten und darauf reagieren können.

Zudem dauert der Versand ihrer Produkte nach Europa in der Regel sechs Wochen - und das könnte im Fall von Produktionsproblemen fatal sein. Die Fragmentierung des EMEA-Marktes (Europa, Nahost und Afrika), die dazu führt, dass sich die Verkaufsorganisationen um bis zu 102 Einzelmärkte kümmern müssen, mit unterschiedlichen Sprachen, Support-Ansprüchen (zum Beispiel beim EPG, dem elektronischen Programm-Führer), Währungen, Einfuhrbestimmungen und Verbraucherverhalten, verschärfe die Situation noch weiter.

Dies gilt explizit für Hardware, da diese besonderen lokalen Support benötigen. Zudem ist Consumer-Elektronik in Europa teurer als in Nordamerika oder Asien und es gibt auch weniger große Technik- oder Einzelhandelsketten. Unternehmen wie "Best Buy" in den Vereinigten Staaten oder "Aeon" in Japan können allein durch ihre Marktmacht attraktive Preise durchsetzen.

Europäische Einzelhändler verlangen laut Jackson in der Regel höhere Margen. Dies in Kombination mit höherern Vertriebskosten sowie zusätzlichen lokalen Umsatzsteuern sorge dafür, so der Analyst, dass die Preise für neue Produkte in Europa meist höher ausfallen als in anderen Regionen.

Doch damit nicht genug: Die Europäer seien häufig weniger interessiert und informiert über neue Entwicklungen in der Consumer-Elektronik als Japaner oder Amerikaner. Das gelte vor allem für Italien und Spanien. Während etwa dreiviertel aller US-Haushalte bereits Ende 2004 über einen DVD-Player verfügten, waren es in Italien gerade einmal 37 Prozent.

Paneuropäische und landesweite Regulierungen hinsichtlich Recycling, Lärm und Emissionen seien weitere Marktbremsen.

Als technologische Barrieren führt Jackson unter anderem die verschiedenen TV-Systeme (Secam, PAL), die vielen unterschiedlichen Plug-in-Systeme sowie das 220-Volt-Stromsystem (verglichen mit 110 Volt in Amerika und 100 Volt in Japan) an. (go)

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