Das Know-how der Dienstleister nutzen

Warum Firmen gute Berater brauchen



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die Unternehmenslandschaft hat sich verändert. Dies schlägt sich auch in der Arbeit der Unternehmensberater nieder, sagt Hans-Peter Machwürth im Interview.
Vor allem bei der Teamarbeit können Berater helfen, das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Vor allem bei der Teamarbeit können Berater helfen, das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Foto: apops - Fotolia.com

Herr Machwürth, vor 25 Jahren gründeten Sie Ihre Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI), für die heute weltweit 450 Trainer und Berater arbeiten. Was hat sich seitdem im Trainings- und Beratungsmarkt verändert?

Hans-Peter Machwürth: Sehr viel, denn Berater sind Dienstleister für Unternehmen. Deshalb spiegelt sich im Beratungsmarkt die Unternehmenslandschaft wider, und diese hat sich radikal verändert.

Was war der größte Treiber der Veränderung?

Machwürth: Der Siegeszug der modernen Kommunikations- und Informationstechnologie. Denn er ermöglichte erst die Globalisierung der Wirtschaft, wodurch wiederum der Wettbewerbs- und Veränderungsdruck für die Unternehmen stieg. Heute laufen fast alle Prozesse in den Unternehmen IT-gestützt ab. Das hat die Arbeitsinhalte, -strukturen und -beziehungen in den Betrieben massiv verändert.

Inwiefern?

Machwürth: Vor 25 Jahren waren viele Unternehmen noch damit beschäftigt, in Teilen ihrer Produktion die Gruppenarbeit einzuführen. Und Team- und Projektarbeit? Sie wurde in Ansätzen erst in einzelnen Bereichen wie der Forschung und Produktentwicklung praktiziert. Heute hingegen ist die Team- und Projektarbeit zumindest in den Kernbereichen der meisten Unternehmen die Regelarbeitsform. Und die Mitarbeiter? Sie arbeiten nicht nur abteilungs- und hierarchieübergreifend zusammen, sondern sogar in unternehmens- und länderübergreifenden Teams. Daraus resultieren ganz neue Anforderungen an die Mitarbeiter.

Veränderte Strukturen, neue Anforderungen

Welche zum Beispiel?

Machwürth: In den tayloristisch organisierten Betrieben der Vergangenheit hatte jeder Mitarbeiter seine Stellenbeschreibung. In ihr stand klipp und klar, was seine Aufgaben waren - und was nicht. Solche Stellenbeschreibungen gibt es heute in den meisten Unternehmen nicht mehr. Denn die Mitarbeiter sollen nicht alleine, sondern im Team die ihnen übertragenen Aufgaben lösen - und zwar weitgehend selbstständig und eigenverantwortlich. Also müssen die Mitarbeiter heute stärker als früher bei ihrem Tun das große Ganze vor Augen haben. Doch nicht nur dies! Da sich die Anforderungen immer schneller ändern, müssen sie auch lernen, selbst zu erkennen, wo bei ihnen ein Entwicklungsbedarf besteht. Außerdem müssen sie die Kompetenz erwerben, diesen Entwicklungsbedarf entweder selbst oder mit selbst organsierter Unterstützung zu befriedigen, damit sie auch künftig noch die benötigte Qualifikation haben.

Sie sagen, die Mitarbeiter müssen diese Kompetenz erwerben. Haben sie diese noch nicht?

Machwürth: Einige Top-Mitarbeiter schon, das Gros der Mitarbeiter aber noch nicht. Bei ihnen die hierfür erforderliche Einstellungs- und Verhaltensänderung herbeizuführen, ist eine der zentralen Herausforderungen, vor denen die Unternehmen stehen. Denn wenn ihre Mitarbeiter nicht über diese Kompetenz verfügen, dann können sie ihre Innovationskraft und ihre Fähigkeit, schnell und flexibel auf Veränderungen zu reagieren, nicht im erforderlichen Maße erhöhen.

Personalentwicklung "top-down" stößt an ihre Grenzen

Ist es nicht die klassische Aufgabe der Personal- und Weiterbildungsabteilungen in den Unternehmen, solche Qualifizierungsprozesse zu organisieren?

Machwürth: Ja, aber sie kämpfen heute mit dem Problem, dass die Entwicklungsbedarfe in den einzelnen Bereichen und bei den einzelnen Mitarbeitern so verschieden sind, dass sie weder zentral erfasst, noch mit standardisierten Weiterbildungsmaßnahmen top-down befriedigt werden können. Also muss die Weiterqualifizierung weitgehend vor Ort erfolgen durch die Mitarbeiter selbst - unterstützt von ihren Führungskräften. Die Weiterbildungsabteilungen können vielfach nur noch die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen. Zum Beispiel, indem sie die nötigen Tools bereitstellen und dafür sorgen, dass das Lernen sich in einem vorgegebenen Rahmen vollzieht.

Heißt das, dass standardisierte Weiterbildungen an Bedeutung verlieren?

Machwürth: Ja und nein. Nein, weil die Unternehmen auch künftig immer wieder große Mitarbeitergruppen in kurzer Zeit schulen müssen. Zum Beispiel, wenn sie ihre Strategien ändern. Oder neue Produkte einführen. Oder neue Standorte im In- und Ausland eröffnen. Dieser Bedarf wird eher noch steigen - weshalb MTI sich ja unter anderem darauf spezialisiert hat, Unternehmen hierbei zu unterstützen. Außerdem müssen die Unternehmen immer wieder nachrückenden jungen Mitarbeitern das erforderliche Basiswissen zum Beispiel im Bereich Führung oder Verkauf vermitteln, das sie brauchen. Daneben steigt jedoch der Bedarf an individuellen Förder- und Entwicklungsmaßnahmen.

Weshalb solche Formate wie das Coaching und Training-on-the-Job boomen.

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