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Warum Reklamationen gut sind



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

These 5: Reklamationen potenzieren sich, wenn die Kommunikation im Unternehmen nicht klappt.

Kommunikationsregeln im Unternehmen betreffen Themen wie Erreichbarkeit, Vertretungen, Verantwortlichkeit oder Unterschriftenregelungen. Wenn diese Regeln nicht funktionieren, wird bei einer Reklamation schnell aus einer Mücke ein Elefant. Aussagen wie "Toll, dass man bei Ihnen endlich mal jemand erreicht, dass Ihre Pause schon zu Ende ist" führen sofort zu einer höheren Stufe der Eskalation. Viele Betriebe unterschätzen diesen Bereich und lassen damit vermeidbare Probleme für das eigene Unternehmen zu.

These 6: Der Kunde braucht mehr als nur schöne Worte.

Vielfach beschränken sich Tipps zur Reklamationsbehandlung auf die richtige Kommunikation mit dem Kunden. Das ist aber nur ein Teil des Prozesses. Richtige Behandlung braucht zwei weitere Schritte: zum einen den unbedingten Willen, dem Kunden zu helfen und Reklamationen zu lösen, und zum anderen einen Prozess, der die Abweichung analysiert, um aus ihr zu lernen und um Wiederholungen zu vermeiden.

These 7: Eine Reklamation entsteht nicht erst dann, wenn der Kunde den Fehler bemerkt.

Reklamationen sind Abweichungen von der Norm. Man muss nicht erst warten, bis der Kunde den Fehler bemerkt. Häufig werden Fehler schon im Produktionsprozess oder in der Verwaltung festgestellt. Jetzt ist es wichtig, dass diese Fehler nicht vertuscht, sondern korrigiert und dokumentiert werden. Ein aktiver Umgang mit diesen Fehlern führt zu aktiver Reklamationsvermeidung – er passiert jeden Tag zu jeder Zeit an jedem Ort im Unternehmen. Er funktioniert aber nur dort, wo Vertrauen zwischen Geschäftsführung, Abteilungsleitung und Mitarbeitern besteht.

These 8: Ein guter Arbeitsablauf vermeidet Reklamationswiederholungen.

Reklamationen müssen in einen festen Workflow eingebettet sein. Dieser Workflow bestimmt zum einen die Annahme und die Verantwortlichkeit der Beschwerde. Fest definierte Ansprechpartner und klar zugeordnete Verantwortlichkeiten schaffen Sicherheit bei der Reklamationsannahme und bei der Durchführung der ersten Schritte. Daran schließt sich ein Ablaufschema an, um eine Abweichung in einen Verbesserungsprozess zu überführen. Wenn alle beteiligten Mitarbeiter eines Unternehmens hier eingebunden werden, besteht die größte Chance, aus dieser Reklamation für die Zukunft zu lernen. Dabei bringt ein Auswertungs-Tool Abweichungen in eine solche Form, das daraus Rückschlüsse auf Produkte, Mitarbeiter, Lieferanten oder Kunden gezogen werden können.

These 9: Schwarze Schafe filtern

Ein Auswertungs-Tool findet auch die schwarzen Schafe unter Kunden und Lieferanten. Es zeigt neben den Abweichungen auch die Kosten, die dadurch entstanden sind. Jetzt erkennt man, was bisher nur ein Bauchgefühl war. Das Ergebnis – gleicher Kunde oder Lieferant mit unterschiedlichsten Reklamationen – bringt die Entscheidungshilfe, ob man weiter mit diesem Geschäftspartner zusammenarbeiten will.

These 10: Mit Reklamationen kann man nicht nur bestehende Kunden behalten, sondern auch neue Kunden gewinnen.

Gute Reklamationsbehandlung hilft, Kunden zu behalten. Eine gut zu Ende geführte Abweichung stärkt das Vertrauen der Geschäftspartner in künftige Geschäftsbeziehungen. Die Beziehung verbessert sich vor allem auf emotionaler Ebene und gibt den Kunden die Sicherheit, dass bei eventuellen künftigen Fehlern eine faire Lösung gefunden wird. Das gilt natürlich im erweiterten Maß für Empfehlungen bei Neukunden, da hier leichter Vertrauen aufgebaut werden kann.

Ein Wort zum Schluss: Reklamationen stören den Arbeitsprozess.

Reklamationen bestimmen nicht unser tägliches Leben, und das ist auch gut so. Sie stören aber unsere tagtäglichen Geschäftsprozesse und werden daher als negativ empfunden. Damit unterscheidet sich der Reklamationsvorgang nicht von anderen Prozessen wie Mahnungen oder Musteranforderung, die genauso ungleichmäßig auftreten. Während Alltagsprozesse problemlos funktionieren, müssen diese Bereiche praktisch immer wieder neu gelernt werden.

Die beste Möglichkeit, solche Prozesse zu erlernen, ist, sie gemeinsam mit den Sachbearbeitern genau zu beschreiben, zu trainieren und die Beschreibung verfügbar zu halten. So steht im Bedarfsfall wie bei einer guten Gebrauchsanleitung ein Hilfsmittel zur Verfügung, mit dem sich der Prozess abwickeln lässt. Das erspart Unternehmen viel Ärger und Frust in der Bearbeitung und ist gleichzeitig ein wichtiges Instrument zur Kundenbindung.

Mitarbeit: Helmut König ist Inhaber der Agentur Königskonzept in Münzenberg, einer Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Marketing, Vertrieb und Organisation.

Kontakt und Infos: Tel.: 0172 9201709, E-Mail: helmut-koenig@koenigskonzept.de, www.koenigskonzept.de

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