Krankenversicherung

Was geschieht mit dem Selbstbehalt beim Tarifwechsel?

26.09.2012
Die Kombination eines absoluten jährlichen Selbstbehalts und eines behandlungsbezogenen Selbstbehalts bei Wechsel des Tarifs innerhalb eines bestehenden Krankenversicherungsvertrages ist unzulässig.

Der u. a. für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Wirksamkeit eines vereinbarten Selbstbehalts beim Wechsel des Tarifs in einem Krankenversicherungsvertrag entschieden.

Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses "Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht" der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12.09.2012 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az. IV ZR 28/12.

Der klagende Versicherungsnehmer unterhielt beim beklagten Versicherer einen privaten Krankenversicherungsvertrag, der u.a. für ambulante Leistungen einen jährlichen Selbstbehalt von 2.300 Euro vorsah. Der monatliche Gesamtbeitrag in diesem sog. "Herkunftstarif" lag zuletzt bei 349,51 Euro. Der Kläger beantragte 2009 einen Wechsel in den Tarif "Economy" der Beklagten, den sog. "Zieltarif", der einen monatlichen Gesamtbeitrag von 163,92 Euro und verschiedene behandlungsbezogene Selbstbehalte von je 10 Euro pro Behandlungstag und Behandler, Arznei- und Verbandmittel bzw. sonstiger Leistungsinanspruchnahme vorsah. Anlässlich des Tarifwechsels unterzeichnete der Kläger unter dem Vorbehalt der Rechtmäßigkeit eine ihm von der Beklagten vorgelegte "Erklärung zum Umtarifierungsantrag", die im Kern die Fortgeltung der absoluten Selbstbeteiligung von 2.300 Euro auch im Zieltarif vorsieht. Das Amtsgericht hat der Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass der auch im Zieltarif vereinbarte absolute jährliche Selbstbehalt unwirksam ist, stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das amtsgerichtliche Urteil wiederhergestellt, so Kroll.

Der Bundesgerichtshof hat die uneingeschränkte Vereinbarung der Fortgeltung der absoluten jährlichen Selbstbeteiligung von 2.300 Euro im Zieltarif neben dem vereinbarten behandlungsbezogenen Selbstbehalt für unwirksam erachtet. Macht der Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung von seinem Recht Gebrauch, innerhalb eines bestehenden Versicherungsverhältnisses in einen anderen Tarif mit gleichartigem Versicherungsschutz zu wechseln, so kann der Versicherer, soweit die Leistung in dem Zieltarif höher oder umfassender ist als in dem bisherigen Tarif, für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 VVG). Auch der Wegfall eines absoluten Selbstbehalts im Zieltarif kann eine derartige Mehrleistung darstellen, für die der Versicherer grundsätzlich einen Leistungsausschluss verlangen kann.

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