Vorausschauend gestalten und regelmäßig prüfen

Wettbewerbsverbote richtig vereinbaren



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
In vielen Arbeitsverträgen sind Wettbewerbsklauseln ein zentraler Bestandteil. Doch oft sind die Vereinbarungen rechtlich bedenklich und bieten übermäßigen Interpretationsspielraum. Was bei der Ausgestaltung zu beachten ist, sagt Rebekka De Conno.

Der Wettbewerb um gute Fach- und Führungskräfte wird immer härter. Entscheidendes Auswahlkriterium für Arbeitgeber sind neben passenden Qualifikationen auch lohnende Markt- und Kundenkontakte. Viele Unternehmen fürchten das Abwerben qualifizierter Kräfte und suchen mit Wettbewerbsklauseln in Arbeitsverträgen Schutz. Häufig wähnen sich Firmen mit Wettbewerbsabreden in trügerischer Sicherheit, warnt die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Viele Vereinbarungen sind streitanfällig und können zu hohen Entschädigungszahlungen führen.

Enge Grenzen durch den Gesetzgeber

Der Gesetzgeber zieht für die Ausgestaltung von Wettbewerbsklauseln enge Grenzen. Die Folge: Nicht jede Regelung ist arbeitsrechtlich verbindlich. Eine Wettbewerbsabrede darf das berufliche Fortkommen ehemaliger Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig erschweren. Alle Regelungen müssen schriftlich vereinbart und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Unter welchen Bedingungen eine Wettbewerbsklausel im Arbeitsvertrag bindend ist, regelt das Handelsgesetzbuch. Ein Wettbewerbsverbot muss auf das Tätigkeitsfeld des Arbeitgebers beschränkt bleiben, darf nur den Kernmarkt der Firma betreffen und maximal zwei Jahre bestehen. Im Gegenzug ist eine angemessene Entschädigung für den Zeitraum zu vereinbaren, in dem das Verbot greift.

Viele Arbeitsverträge enthalten Wettbwersklauseln. Damit will sich der Arbeitgeber vor dem Abwerben qualifizierter Fachkräfte schützen.
Viele Arbeitsverträge enthalten Wettbwersklauseln. Damit will sich der Arbeitgeber vor dem Abwerben qualifizierter Fachkräfte schützen.
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Konfliktträchtig sind sogenannte "Kundenschutzklauseln". Sie legen den Kundenkreis fest, mit dem ausscheidende Arbeitnehmer keine Geschäfte machen dürfen. Häufig wird der betreffenden Firmen- und Personenkreis nicht hinreichend konkretisiert. So besteht leicht Interpretationsspielraum, welcher Kunde tabu ist und welcher nicht. Unternehmen sollten der Wettbewerbsabrede immer eine Kundenliste als Anlage beifügen. So entsteht im Nachhinein kein Streit, auf wen sich die Schutzklausel bezieht.

Aktuelles Grundsatzurteil

Ein aktuelles Grundsatzurteil mahnt zur erhöhten Vorsicht. Es begrenzt die maximale Geltungsdauer von Kundenschutzklauseln auch für Gesellschafter-Geschäftsführer (BGH, Az. II ZR 369/13). Die Richter vertreten die Auffassung, dass sich nach zwei Jahren Kundenbeziehungen in der Regel lockern und dann der Ex-Firma keine Nachteile mehr erwachsen.

Ein hohes Streitpotenzial bergen auch "bedingte Wettbewerbsabreden". Es handelt sich um einen vermeintlich cleveren Kniff, um die Firma vor hohen Entschädigungszahlungen zu bewahren. Dabei überlässt es der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber, ob das Wettbewerbsverbot nach dem Beschäftigungsende greifen soll oder nicht. Was übersehen wird: Die Arbeitsgerichte gehen davon aus, dass solche Klauseln Arbeitnehmer benachteiligen und werten sie als nicht verbindlich. Folglich darf der Arbeitnehmer wählen, ob er sich an die Regelung halten will. Stellt die neue Tätigkeit keine Konkurrenz für die Ex-Firma dar, dürften viele Arbeitnehmer von der Vereinbarung Gebrauch machen. Schließlich winken hohe Entschädigungszahlungen für die Dauer des Wettbewerbsverbots. Schnell beschwören unverbindliche Wettbewerbsabreden eine Entschädigungszahlung herauf, die sie eigentlich vermeiden sollten.

Tipps für Unternehmen

Was können Unternehmen tun? Sie sollten Wettbewerbsklauseln vorausschauend gestalten und regelmäßig auf den Prüfstand stellen. Unklare Klauseln lassen sich unter den Vertragsparteien durch einen einvernehmlichen Änderungsvertrag korrigieren. Firmen sollten grundsätzlich eine Vertragsstrafenklausel aufnehmen. Fehlende Vereinbarungen über Vertragssanktionen lassen sich nachträglich ergänzen. Damit sind die Konsequenzen von Wettbewerbsverstößen klar geregelt. Ganz wichtig: Unternehmen sollten die beiliegende Kundenliste möglichst jährlich prüfen und gegebenenfalls aktualisieren.

Nicht immer ist ein Wettbewerbsverbot sinnvoll und praktikabel. Unternehmen sollten nur dann Wettbewerbsabreden vereinbaren, wenn aus Beschäftigten aufgrund ihrer Qualifikation oder ihres Aufgabengebietes Konkurrenten werden können. Wer auf eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag verzichten kann, erspart sich später kostspielige Entschädigungen. Wettbewerbsklauseln erfordern grundsätzlich eine gründliche Abwägung unter Berücksichtigung der individuellen Umstände. Firmen sollten frühzeitig rechtlichen Rat einholen. So können sie sich optimal schützen und mögliche Konflikte von vornherein ausschließen.

Infos und Kontakt: Rebekka De Conno ist Rechtsanwältin bei der WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH, www.wws-gruppe.de

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