Führen Frauen anders?

Wie Frauen die männliche Firewall durchbrechen

Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Führen Frauen anders?

"Nein", sagt Monika Pürsing, Vorstand von zet Visions in Heidelberg. Die 48-Jährige studierte Betriebswirtschaft und wechselte im Jahr 2000 in die IT-Branche. Seit 2010 leitet sie das Unternehmen zet Visions mit seinen 65 Mitarbeitern, das sich mit Beteiligungs- und Stammdaten-Management beschäftigt. Vor dem Interview mit der Computerwoche fragte Pürsing ihre Mitarbeiter, wie sie denn ihren Führungsstil einschätzten. "Als glaubwürdig und authentisch beschreiben mich die Kollegen" erzählt Pürsing stolz, "dass man sich bei mir auf das Gesagte verlassen kann." Sie selbst definiert ihren Stil als "hart aber herzlich" und sagt von sich: "Ich lebe vor, was ich von meinen Mitarbeitern fordere." Dass sie selbst gerne und viel arbeitet, erwartet sie in heißen Projektphasen auch von ihren Angestellten.

Monika Pürsing, Vorstand von zet Visions, beschreibt ihren Führungsstil als hart, aber herzlich.
Monika Pürsing, Vorstand von zet Visions, beschreibt ihren Führungsstil als hart, aber herzlich.
Foto: zet Visions

Das erste Trainingslager für die willensstarke Managerin begann früh. "Ich habe fünf Geschwister und bin die zweitjüngste. Mich durchzusetzen habe ich in der Familie gelernt." Ihre berufliche Karriere plante sie dagegen - typisch weiblich - nicht. "Ich habe über meine Leistung Karriere gemacht und wurde automatisch befördert", erzählt sie. Allerdings suchte und nutzte sie Chancen. Bot sich eine verantwortungsvollere Aufgabe an, griff sie zu. "Ich mache es lieber selbst, bevor es jemand macht, der weniger kann", ist ihre Maxime. Als ihr der Vorstandsposten angeboten wurde, dachte sie kurz nach. "Inhaltlich zugetraut habe ich es mir, nur wegen der höheren zeitlichen Belastung wollte ich mich mit meinem Mann absprechen."

Kompetent und selbstbewusst den eigenen Weg gehen

"Mit Leistung und Kompetenz überzeugen", ist für die Managerin ganz wichtig. Für Pürsing entscheidet die Persönlichkeit stärker über den Führungsstil als das Geschlecht. Doch sie weiß sehr wohl, wie sich Weiblichkeit nutzen lässt. "Ich spiele meine fraulichen Stärken aus", sagt sie ganz offen. Dazu zählt die Managerin beispielsweise ein gutes Gespür für knifflige Situationen. "Ich weiß intuitiv, wie weit ich gehen kann. Auch auf meine gute Menschenkenntnis kann ich mich verlassen." In Verhandlungen setzt sie dieses Wissen gezielt ein. "Ich habe eine gutes Gespür, wann ich hart bleiben muss oder besser charmant agiere."

40 Prozent der Mitarbeiter von zet Visions sind Frauen. Explizite Frauenförderung betreibt Pürsing allerdings nicht. "Wir schauen nur auf die Qualifikation und ob jemand ins Team passt. Dass wir so viele Frauen beschäftigen überrascht uns manchmal selbst", gibt die Vorstandfrau zu. Sich einen männliches Führungsstil angewöhnen, davon hält Pürsing nichts, für Netzwerke fehlt ihr die Zeit "das kippt hinten runter." Und noch eine typisch weibliche Eigenschaft fällt ihr ein: "Ich kann Fehler zugeben und werfe mich gegenüber Kunden wie ein Löwenmutter vor mein Team."

Führen Frauen anders?

Diana Coso zögert mit ihrer Antwort, denn für die Wirtschaftsinformatikerin schwingt in der Frage auch eine gewisse Erwartungshaltung mit. "Die Frage baut Druck auf und impliziert, dass ich als Frau in einer Führungsposition etwas besser machen muss", sagt sie. Deshalb klingt ihre Antwort mehr nach einem "Ja, aber". Coso arbeitete viele Jahre für Hewlett Packard (HP), wechselte dann zu Microsoft und kam im Januar 2015 als Partner Sales Director zu EMC Deutschland. Dort ist sie auch Mitglied der Geschäftsführung.

Diana Coso ist Partner Sales Director bei EMC: "Weibliche Führungskräfte haben einen besseren Blick auf das Ganze, weniger Konkurrenzdenken und mehr Verständnis."
Diana Coso ist Partner Sales Director bei EMC: "Weibliche Führungskräfte haben einen besseren Blick auf das Ganze, weniger Konkurrenzdenken und mehr Verständnis."
Foto: EMC Deutschland GmbH

"Die gesamte Businesswelt ist von einer männlichen Kultur geprägt", sagt Coso und fügt hinzu: "Frauen müssen die männliche Firewall durchbrechen, um erfolgreich zu sein." Klar ist das manchmal anstrengend, gibt Coso zu, doch es gibt ihrer Meinung nach keine Alternative. Die Managerin liefert eine schöne Metapher, die auch Frauen gefallen könnte. "Es ist wie wenn ich in ein neues Land ziehe, dessen Sprache ich nicht spreche. Ich lerne die kulturellen Gepflogenheiten der Männer im Geschäftsleben wie eine Fremdsprache, ohne meine eigene Sprache zu verlieren."

Immer wieder beobachtet die EMC-Managerin große Unterschiede im Führungsstil von Frauen und Männern. "Für mich gibt es eine andere Zeitachse in Verhandlungen und Gesprächen. Ich kann den Standpunkt des Kunden oder Partners verstehen, auch wenn ich anderer Meinung bin. Wenn Männer die Verhandlungen führen, reagieren sie oft schneller, die Fronten verhärten sich und es kommt zur Konfrontation", verrät Coso. Auch das oft unter Männern übliche Konkurrenzgehabe und Revierverhalten verändert sich, wenn gemischte Teams zusammen arbeiten. "Monokulturen bergen immer mehr Risiken. Die größten Erfolge erreichen balancierte, gemischte Teams", empfiehlt sie.

"Frauen brauchen nicht ganz so viel Platz"

Weiblichen Führungskräften attestiert Coso einen besseren Blick auf das Ganze, weniger Konkurrenzdenken und mehr Verständnis für andere Sichtweisen. "Frauen brauchen nicht ganz so viel Platz." Trotzdem zeichnen sich gute Chefinnen durch Selbstsicherheit aus. "Sie müssen ihren Standpunkt vertreten können", sagt Coso. Aber männliches, dominantes Verhalten nachzueifern, davon hält die Managerin nichts. "Weiblich bleiben ist mir ganz wichtig". Coso verschweigt nicht, dass es auch anstrengende Zeiten im Leben einer IT-Managerin gibt. Doch Netzwerke helfen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Und Coso empfiehlt auch, sich Mentoren oder Mentorinnen zu suchen, um die eigene Arbeit zu reflektieren und die Karriere voran zu treiben. Denn schließlich verändern auch mehr Frauen in Führungspositionen das Arbeitsklima.

In US-amerikanisch geprägten Unternehmen sieht Diana Coso bessere Chancen für ehrgeizige Frauen. Gerade weil Unternehmen wie IBM oder HP von Frauen gelenkt werden, sei es dort selbstverständlicher, Karriere zu machen. "Ich habe immer gerne in einem internationalen Umfeld gearbeitet. In Deutschland wird vieles stärker hinterfragt."

Auch wenn Frauen heute unbefangener und selbstbewusster ihre Karrierepläne verfolgen, beobachtet Coso immer wieder bei jungen Kolleginnen, dass manche bei angebotenen Führungsaufgabe zögern, weil sie nicht auf eine eigene Familie und Kinder verzichten möchten. Viele scheuten noch immer den Konflikt und entschieden sich gegen die Karriere. "Das Leben findet aber parallel statt. Natürlich ist es legitim, beides zu wollen und keine Frau sollte deshalb ein schlechtes Gewissen haben."

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