Die Zukunft von macOS

Wie wird der Mac & macOS im Jahr 2020 aussehen?

11.06.2018
Von Jason Snell
Apple hat angekündigt, dass Entwickler bald über Tools zur Portierung von iOS-Anwendungen auf den Mac verfügen werden. Jason Snell wirft einen tieferen Blick auf diese Nachricht und was sie für die Zukunft des Mac bedeutet.
Was bringt die Zukunft für den Mac?
Was bringt die Zukunft für den Mac?
Foto: sdecoret - shutterstock.com

Es war eine absolute Antwort, so eindeutig, wie man sie nur bekommen kann. Führt Apple iOS und macOS zusammen? "Nein.", sagte Apple Software-Chef Craig Federighi, mit einer animierten Begleitung, die hinter ihm auf den Boden des Bildschirms kracht.

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Und doch … Federighi gab diesen Kommentar ab, kurz bevor er ein neues System enthüllte, an dem Apple über mehrere Jahre hinweg gearbeitet hat. Dieses wird es den Entwicklern von iOS-Apps ermöglichen, ihre Programme leichter auf den Mac zu bringen. Als erstes wird Apple selbst die iOS-Apps Aktien, Sprachmemos, News und Home fürmacOS Mojave übersetzen, das diesen Herbst erscheinen wird. Während macOS und iOS also nicht fusionieren, sind für den Mac und die Anwendungen, die er ausführt, wichtige Änderungen geplant. Es ist schwer vorstellbar, dass der Mac von ein paar Jahren nicht mit Apps von iOS bestückt ist. Und doch, sagt Apple, wird der Mac der Mac bleiben. Was soll das heißen? Was wird den Mac im Jahr 2020 ausmachen?

Home-App auf dem Mac
Home-App auf dem Mac

Wann ist ein Mac ein Mac?

So erklärt Federighi die Alleinstellungsmerkmale: "Wir lieben den Mac, und wir lieben macOS, weil es explizit auf die einzigartige Egonomie der Mac-Hardware abgestimmt ist, wie die Ergonomie der Tastatur und des Trackpads, die Flexibilität der Displays und des Speichers, und weil seine Power den Mac in die Lage versetzt, fast alles zu erreichen."

In einem Interview für "Wired" sagte er zudem: "Es ist immer noch macOS, du hast immer noch das Terminal, du kannst immer noch vier Monitore daran anschließen, du kannst immer noch externe Laufwerke anschließen."

Für Apple ist der Mac also durch physikalische Eigenschaften, Hardware-Flexibilität und exponierte Rechenleistung definiert. Einige dieser Definitionen sind klarer als andere: Es ist unwahrscheinlich, dass iOS-Geräte jemals modulare Displays und Speichergeräte anbieten werden. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir vorstellen kann, dass iOS jemals ein Tool wie das Terminal erhält – selbst wenn es um die unvermeidliche Möglichkeit der App-Entwicklung geht – aber ich kann akzeptieren, dass die Freiheit von macOS, unter dem man Software beliebig installieren, kompilieren und schreiben kann, wahrscheinlich nie ihren Platz auf iOS bekommt.

Xcode gibt es bis jetzt nur auf dem Mac.
Xcode gibt es bis jetzt nur auf dem Mac.

Federighi hat meiner Ansicht nach die "einzigartige Ergonomie" ganz schön eng ausgelegt. Apple selbst verkauft eine Tastatur für das iPad Pro und erlaubt es den Benutzern sogar, ihre Finger auf dessen Display wie auf einem Trackpad zu bewegen, wenn sie Text bearbeiten. Das iPhone und der iMac Pro sind ungefähr so voneinander entfernt, wie es zwei Geräte nur sein können, aber das Macbook und das iPad Pro eben nicht.

In seinem Interview mit Wired verwies Federighi auch die Idee ins Reich der Phantasie, Apple könnte ein Macbook mit einem Touchscreen herausbringen. Und doch wird eines der wichtigsten Argumente von Apple gegen die Touchoberfläche unter macOS sehr schnell obsolet, wenn iOS-Programme auf dem Mac in den Jahren 2019 und 2020 erscheinen.

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Schwierige Situation für Apple: Das Unternehmen nimmt (fast) nie zu zukünftigen Produkten Stellung. Aber die Frage bleibt offen, ob die Grenze zwischen dem iPad Pro und dem Macbook unveränderlich ist oder sich verschiebt. Bis Apple ein iOS-Laptop oder ein Macbook mit Touchscreen – oder beides – veröffentlicht, werden wir nicht wissen, ob und wie Apple sich entschieden hat, die Grenzen neu zu definieren. Es ist schwer vorstellbar, dass Apple die iOS-Plattform nicht erweitern wird, nur aus Angst, dem Mac zu schaden.

Die Zukunft: iOS Pro

In einer Welt, in der wichtige iOS-Applikationen leicht auf den Mac übertragen werden können, wird sich der Mac von iOS durch die Flexibilität und Leistungsfähigkeit unterscheiden, über die Federighi gesprochen hat. Eine interessante Änderung in dieser Hinsicht scheint im Mac App Store zu geschehen, wo Apple einige der Einschränkungen lockern will, die früher Hersteller daran hinderten, ein Angebot im Mac App Store überhaupt erst in Betracht zu ziehen.

In macOS Mojave hat Apple einige neue Sicherheitsverfahren hinzugefügt, die es Apps nach Nutzererlaubnis ermöglichen, auf Informationen zuzugreifen, die vormals gesperrt waren. Und vielleicht nicht zufällig hatdie WWDC-Keynote am Montag mehrere Anwendungen gezeigt, die entweder nie im Mac App Store erschienen sind oder den Store aus Frust verlassen hatten. Dies ist ein ermutigendes Zeichen: Apple erkennt offenbar, dass der Mac App Store über die erhoffte Flutwelle von iOS-Apps hinaus mit Anwendungen gefüllt werden muss, die auf iOS nicht möglich sind – und das erfordert von Apple mehr Flexibilität.

Ich wage die Prognose, dass der Mac von 2020 das Beste aus dem iOS App Store enthalten wird, dazu die Standard-Programme, welche die Leistung und Flexibilität des Mac am besten nutzen. So etwas wie Photoshop, Final Cut Pro X und Logic Pro X. Aber die Wahrheit ist: iOS wird so mächtig, dass es keinen Grund gibt, warum Final Cut oder Logic nicht auf iOS existieren könnten. Ich selbst benutze etwa Ferrite Recording Studio, um Podcasts auf iOS zu bearbeiten, und es ist erstaunlich gut.

Gewiss, ein High-End-Videoprofi wird wahrscheinlich keinen Spielfilm in 4K auf einem iPad Pro schneiden, aber er wird auch kein Macbook oder Macbook Air verwenden. Wenn iOS weiter wachsen und sich anpassen darf, ist es schwer vorstellbar, dass Apple künstliche Barrieren auf iOS errichtet, nur um ein paar heilige Bereiche für den Mac zu schützen.

Als langjähriger Mac-Anwender freue ich mich darauf, iOS-Anwendungen auf meinen Mac zu übertragen – es ist schon lange überfällig, dass die Home-App unter macOS erscheint. Aber angesichts der Karriere von iOS ist es schwer, dies nicht als einen nur vorübergehenden Ansatz zu sehen, um den Mac nützlicher und lebensfähiger zu machen, bis zu dem Punkt, an dem iOS selbst die Macht hat, fast alles zu erledigen. Das wird wahrscheinlich noch eine ganze Weile dauern, aber es fühlt sich seit dieser Woche realistischer an als noch in der letzten Woche.

Quelle: Macwelt

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