Wirtschaftskriminalität nimmt weiterhin zu und kostet deutsche Unternehmen pro Jahr rund sechs Mrd. Euro. Verglichen zum weltweiten Durchschnitt sind die finanziellen Schäden vor allem in den Emerging Markets dreimal höher. Zudem werden westeuropäische Top-Manager noch immer viel zu selten von den Unternehmen angezeigt, um Imageschädigungen vorzubeugen. Zu diesem Schluss kommt die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) in ihrer heute, Montag, präsentierten Studie "Wirtschaftskriminalität 2007", bei der weltweit 5.428 Unternehmen - darunter 1.166 in Deutschland - befragt wurden. "Deutsche Unternehmen in den Emerging Markets sind eher bilanzorientiert, als sich auf ein effizientes Kontrollumfeld zu konzentrieren", erläutert Claudia Nestler, PwC-Partnerin im Bereich Forensic Services, im Gespräch mit pressetext.
Im Detail kommt die Befragung zu dem Fazit, dass fast jedes zweite Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren Schäden durch Unterschlagungen, Korruption oder andere Formen von Wirtschaftskriminalität zu beklagen hatte. Traurige Spitzenreiter sind hierbei die E7-Staaten China, Russland, Indien, Indonesien, Brasilien, Mexiko und die Türkei. "Viele deutsche Unternehmen, die in diesen Regionen Tochtergesellschaften besitzen oder anderweitig investieren, sind - was Kontrolloptionen angeht - im Vergleich zu US-amerikanischen Firmen noch immer viel zu sorglos im Umgang mit dem Thema. Überraschend ist daher, dass trotz ansteigender Fälle nur zehn Prozent der befragten Unternehmen befürchten, selbst Opfer zu werden", unterstreicht Nestler.
Alarmierend ist auch die Praxis vieler Firmen, die entdeckten Straftaten in jedem dritten Fall nicht anzuzeigen, wobei deutsche Unternehmen sogar nur bei jedem zweiten Delikt die Staatsanwartschaft einschalten. Zudem wurden in den Jahren 2005/2006 Industriespionage und Produktpiraterie häufiger aufgedeckt, sodass der Anteil der betroffenen Unternehmen auf 18 Prozent anstieg (2001/2002: acht Prozent). Ein Grossteil der Wirtschaftskriminalität lässt sich in den E7-Staaten finden, dieser beläuft sich im Schadensausmaß auf fast 4,4 Mrd. Euro je Unternehmen. Übrige Länder schlagen mit durchschnittlichen Schäden von "nur" 1,6 Mrd. Euro pro Fall zu Buche.
"Die USA mit ihrer stärker als hierzulande ausgeprägten Finanzmarktaufsicht SEC http://www.sec.gov deckt strafbare Handlungen viel häufiger durch systematische Kontrollen auf. Deutsche Unternehmen besitzen somit noch erheblichen Nachholbedarf", meint Nestler. Untermauert wird diese Einschätzung mit Blick auf deutsche Unternehmen, die in den Standort China investieren. Nur 39 Prozent der befragten Deutschen haben ihre Kontrollen seit 2005 intensiviert, während 53 Prozent anderer ausländischer Unternehmen dies bereits umgesetzt haben. Zwar verfügen viele deutsche Gesellschaften über entsprechende Ethik-Richtlinien, dennoch besitzen nur wenige auch ein Compliance-Programm. "Es ist wichtig, dass Unternehmen offen sind, ihre Unternehmenskultur veränderbar zu gestalten", so Nestler. (pte)