Ärgernis Ausschreibungen - Systemhäuser klagen an

20.02.2003
Wenn bei Ausschreibungen für große Projekte Details außer acht gelassen werden, kann das später richtig ins Geld gehen. Kundenkenntnis, und die richtigen Fragen zu stellen, sind daher das A und O in dem Geschäft.

Bei Ausschreibungen für große Projektgeschäfte wünscht sich Werner Führer, geschäftsführender Gesellschafter der im Großraum Stuttgart angesiedelten Bürotex GmbH, manchmal etwas mehr Transparenz. Denn oft sei gar nicht klar, ob eine oder mehrere Niederlassungen ausgestattet werden sollen und welche Probleme auf seine Mitarbeiter zukommen. "Übermäßig lange Fahrtwege, und wegen verschlossener Türen oder Nichterreichbarkeit der zuständigen Leu-te unnötige Wartezeiten werden kaum vergütet. Das erschwert die Kalkulation und birgt das Risiko, am Ende noch draufzahlen zu müssen", schimpft Führer und fügt hinzu: "Eine Standortbesichtigung vorab kann natürlich niemand bezahlen. Kein Maler oder Maurermeister würde sich das bieten lassen, was uns vor allem bei priva-ten Ausschreibungen für Projekte einer Größenordnung von über 2.000 Arbeitsplätzen mitunter begegnet."

Kompetenz zeigen durch qualifizierte Fragen

Auch Mario Söhner, Leiter Vertriebsinnendienst bei dem Systemhaus Bissinger aus Gundelfingen, kennt das Problem, dass bei Ausschreibungen zum Teil nur die Menge des Volumens, nicht aber die Zahl der Standorte angegeben ist. "Bei weniger als 100 Kilometern Fahrtwegen sehe ich da aber kein großes Problem, ebenso wenig bei der Auslieferung, denn in der Regel haben wir es mit Projektvolumina von 25 bis 30 PCs und nur mit einem Ansprechpartner zu tun." Schwieriger werde es allerdings, wenn der Einsatzzweck nicht klar definiert oder die gewünschte Produktbeschreibung nicht realisierbar sei. Anders als Bürotex-Chef Führer zieht er private Ausschreibungen den öffentlichen vor, da bei Letzteren nur der Preis zähle.

2.000 Mitarbeiter und 375 Millionen Euro Umsatz macht die ADA-HAS AG aus Mönchengladbach zu einem der größten Systemhäuser in Deutschland. CEO Joachim Prinz weiß um die Probleme, dass in der Ursprungsversion bei Ausschreibungen als Kalkulationsgrundlage oft wesentliche Inhalte fehlen. "In der Regel gewähren Großkunden den Anbietern aber Fragestunden, um die offenen Parameter zu klären. Eine seitens des Anbieters professionell vorbereitete Fragestunde wird von Kundenseite oft sogar als Beratung empfunden und meistens honoriert", betont Prinz.

"Es ist ein immer ein Lotteriespiel, wenn man nicht nachfragt", meint Hans-Joachim Winter, Leiter für Servicekonzepte im Customers Care Center bei dem Kölner Systemhaus Arxes. Nach 14 Jahren Tätigkeit in diesem Bereich kennt er nur zwei Fälle, wo mit Kunden bei Ausschreibungen Schwierigkeiten auftauchten. Was ihn vielmehr beschäftigt, ist die Tatsache, dass bei sehr großen Projekten nur der Preis zählt und nicht die Qualität, wobei die Konkurrenz aus dem Lager der Billiganbieter natürlich die besseren Karten hätte - zunächst jedenfalls. Doch wenn es um die Fragen der Details geht, ist er sogar dankbar für die nicht vorhandene Transparenz bei Ausschreibungen; kann sein Unternehmen dadurch doch die Kompetenz zeigen, die es auch von seinen Mitarbeitern fordert.

Kundenkenntnis und Erfahrung zählen ebenso

Manfred Hövel, Geschäftsführer der Sysdat GmbH in Köln, will nicht ausschließen, dass es bei Ausschreibungen hier und da Unklarheiten gibt, die eine Kalkulation erschweren. Negative Erfahrungen habe man diesbezüglich aber noch nicht gemacht. "Wenn Ausschreibungen die nötigen Details nicht hergeben, gibt es aber immer noch die Möglichkeit nachzuhaken und der Nachkalkulation, wenn sich herausstellt, dass die Erwartungshaltung der Anwender größer ist, als ursprünglich ausgeschrieben. Ohne Kundenkontakte und einen auf die jeweilige Branche zugeschnittenen Fragekatalog sind Angebote bei Ausschreibungen immer ein Schuss ins Blaue", so Hövel. Ebenso wichtig seien aber auch Erfahrungen. "Mit 28 Jahren sind wir ja schon eine Weile auf dem Markt. Und man muss nun mal auch Erfahrungen haben, um die Dinge richtig beurteilen zu können."

Auf einen Erfahrungs- und Kompetenzvorsprung von über 20 Jahren verweist auch Bürotex-Chef Führer. Umso mehr freut es ihn, dass einige Großkunden nach schlechten Erfahrungen mit Billiganbietern, die zum Teil sogar wenig geschulte Zeitarbeitskräfte beschäftigten, um das Projekt eher schlecht als recht zu stemmen, dann doch wieder zu ihm zurückkehren.

"Es passiert, dass Mitbewerber Fehler machen und billiger sind, dann aber nachverhandeln müssen. Die IT-Abteilungen werden jedoch professioneller und wissen meist, worauf sie sich einlassen", erklärt Tim Lüdke, CC-Compunet-Geschäftsführer für den so genannten "Bid-Desk", über den bei der Computacenter-Tochter seit zweieinhalb Jahren alle großen Projektgeschäfte laufen. Ein wesentliches Element dieses Strategic Sales Support ist ein Fragekatalog für die Prüfung, ob sich ein Deal lohnt oder nicht. "Wir helfen aber auch den IT-Abteilungen, die richtigen Fragen zu stellen", unterstreicht Lüdke. Nachverhandlungen sind je nach geänderten Be-dingungen - Changes - in den monatlichen Pauschalen in Abstimmungsrunden und je nach Projekt halbjährlich oder jährlich auch Teil des Geschäftes. "Obers-tes Ziel ist Kostenersparnis bei den Kunden. Das ist eines der Hauptthemen, die wir pushen und einer unserer größten Wettbewerbsvorteile", klopft sich der Compunet-Manager auf die Schulter.

"Letztendlich entscheidet die Qualität"

Alle Systemhäuser sehen vor allem im Finanzsektor einen enormen Investitionsstau, während sich in der Automobilbranche und auch im Mittelstand durchaus noch etwas bewegt. Eine wesentliche Verbesserung in diesem Jahr will Lüdke angesichts eines drohenden Irak-Kriegs und der anhaltenden Wirtschaftsflaute nicht erkennen. "Das Thema Preis spielt vor allem auch bei Services nach wie vor eine große Rolle. Ganz große Infrastrukturprojekte werden nach hinten verschoben, während Managed Services im Mittelstand deutlich anziehen." "Diejenigen werden überleben, die ein gutes Projektmanagement haben", erklärt Fabian Rau, Marketingdirektor bei der Cenit AG, die sich vor allem auf Workstations für Finanzdienstleis-ter und die Automobilbranche spezialisiert hat. Von fehlender Transparenz bei großen Ausschreibungen in dem Bereich will er nichts wissen. "Im Gegenteil: Die Einkaufsleiter sind extrem professionell geworden. Und hier hat sich der Detaillierungsgrad im Laufe der vergangenen Jahre eher noch verbessert", betont Rau. Wenn selbst große Mitbewerber und Beratungsunternehmen in der Pilotphase plötzlich mit unrentab-len Tagespauschalen von 80 Euro winken, wo früher 1.000 Euro üblich waren, dann verlören sie an Glaubwürdigkeit, meint Rau und fügt hinzu: "Letztendlich entscheidet die Qualität, und die hat nun mal ihren Preis." Indirekt habe Cenit von den sich häufenden Insolvenzen in dem Markt auch profitiert. Denn die SER-Pleite habe im Finanzsektor eine große Lücke hinterlassen, weshalb viele Großkunden heute sehr genau prüften, wie solvent die Projektbewerber und Dienstleister sind.

www.buerotex.de, www.arxes.de

www.sysdat.de, www.compunet.de

www.ada-has.com, www.cenit.de

www.bissinger.de

ComputerPartner-Meinung:

Ob bei großen Ausschreibungen Details bewusst oder unbewusst hinter dem Busch gehalten werden, es ist immer dasselbe Lied: "Wer nicht fragt, bleibt dumm!" Durch die richtigen Fragen am richtigen Ort können Systemhäuser ihre Kompetenz herausstellen. Unternehmen, die mit unseriösen Billiganbietern buchstäblich baden gegangen sind, werden diese Professionalität sicherlich zu schätzen wissen. (kh)

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