Vernetzt ohne Bildschirm und Touchpad

AI aufs Ohr mit den neuen Hearables

06.10.2017
Von Annette  Zimmermann
In den nächsten fünf Jahren werden intelligente Hearables viele unterschiedliche Märkte erobern: vom Fitness-Coaching bis zur Überwachung von Mitarbeitern.

Zero Touch User Experience - klingt gut. Die nächste Generation der Wearables fürs Ohr soll in den kommenden fünf Jahren entscheidend dazu beitragen: Hearables mit Zugriff auf künstliche Intelligenz. Allerdings sollte man die Bezeichnung "null Berührung" nicht zu wörtlich nehmen. Hearables sitzen am oder gar im Ohr - noch mehr Berührung ginge nur noch mit einem Implantat.

The Dash von Bragi ist weit mehr als ein In-Ear-Kopfhörer.
The Dash von Bragi ist weit mehr als ein In-Ear-Kopfhörer.
Foto: Tech Data

Hearables eröffnen neue Möglichkeiten der Vernetzung ohne Bildschirm und Touchpad - und damit auch neue Einsatzmöglichkeiten für Artificial Intelligence (AI). Wer Technik entwickelt und vermarktet, sollte sich genauer mit ihnen beschäftigen. Und wer als Endnutzer wissen will, was kommt, ebenfalls.

Zahlreiche Anbieter haben in letzter Zeit Hearables auf den Markt gebracht. Einige der kleinen nutzen eigene AI-Technologie, andere haben den Weg einer Partnerschaft mit Amazon, Intel oder Google gewählt. Die Produkte der großen Anbieter sind ohnehin in aller Munde - Verzeihung, Ohren: etwa das Dash von Bragi oder die Siri-unterstützten AirPods von Apple.

Apples AirPod mit Siri-Unterstützung
Apples AirPod mit Siri-Unterstützung
Foto: Apple

Internet ohne Bildschirm

In 30 Prozent aller Sessions werden wir schon 2020 das Internet nutzen, ohne einen Bildschirm vor uns zu haben - und ohne Touchscreen, Touchpad, Maus oder Tastatur zu berühren: Zero Touch. Hearables werden zur Basis für deutlich verbesserte und auch ganz neue vernetzte Anwendungen. Sie werden in so unterschiedlichen Bereichen wie Fitness, Überwachung in Unternehmen, Entertainment, Gesundheit und virtuelle Assistenz zum Einsatz kommen.

Sensoren für alles

Hearables sind Bluetooth-Headsets mit verschiedenen Sensoren, die zum Beispiel Beschleunigung oder Herzschlag des Trägers messen, aber auch Außengeräusche aufnehmen können. Bei den Sensoren handelt es sich beispielsweise um Beschleunigungsmesser, Temperatursensoren, optische Sensoren und Mikrofon.

Viele Hearables ermöglichen Zwei-Wege-Kommunikation: Sie senden und empfangen Daten. Wenn sie künstliche Intelligenz in der Sprachverarbeitung nutzen, kann der Träger sie per Sprachbefehl steuern. Zudem kann AI auch andere Daten von den Sensoren des Hearables auswerten und entsprechende Informationen an den Träger zurückspielen.

Die Nutzungsmöglichkeiten: ein weites Feld

Der Hearable-Markt ist noch im Entstehen begriffen. In den nächsten fünf Jahren wird hier viel passieren. Entsprechend viele Chancen tun sich auf: Fitness-Coaching, die Integration von virtuellen Assistenten, Zugangsregelung mithilfe biometrischer Daten und sogar die frühzeitige Warnung vor Krankheiten wie Alzheimer - die Bandbreite dieser Stichworte zeigt schon, wie weit das Feld ist.

Szenarien mit Potenzial

Große und kleine Unternehmen sehen das enorme Potential von Hearables, die Nutzungsgewohnheiten der Konsumenten in Richtung 24-Hour-User weiterzuentwickeln. Gartner hat verschiedene Szenarien für die kommenden zwei bis fünf Jahre herausgearbeitet.

Arbeitswelt: Zugangsregelung

Hearables können der Identifizierung dienen: Das Innenohr eines Menschen ist so einmalig wie sein Fingerabdruck. Ein Hearable könnte einen Ton ins Ohr senden und die zurückkehrenden Schallwellen vermessen. Der Träger muss keine Aktion ausführen wie beim Fingerabdruckscanner.

Virtuelle Assistenten: Kontext-Daten verbessern Services

Virtuelle Assistenten oder andere AI-gestützte Services können von den Daten aus den Sensoren eines Hearables profitieren. Dazu zählt zum Beispiel eine Wettervorhersage: Wenn der Nutzer beim Laufen länger als drei Sekunden in den Himmel schaut, informiert ihn sein Hearable über die Wetteraussichten. Beim Bragi Dash gibt es das schon.

Gesundheit: Hearables als Warnsysteme

Mehr und mehr werden Hearables eingesetzt um lästigen Lärm zu dämpfen und zugleich wichtige Geräusche zu verstärken. Zum Beispiel die Gesprächsbeiträge des Gegenübers oder das herannahende Auto.

Hearables könnten auch als Frühwarnsysteme für bestimmte Krankheiten dienen - zum Beispiel für Alzheimer oder Parkinson. Künstliche Intelligenz kann diese Krankheiten frühzeitig an Sprachmustern erkennen. Die Geräte könnten auch den Gemütszustand ihres Trägers überwachen. Oder im Notfall automatisch Hilfe rufen.

Fitness und Entertainment: Innovative Services durch Sensoranalyse

Durch intelligente Sensoranalyse ermöglichen Hearables innovative Services für Sportler - aber auch für besseres Entertainment. Wenn die Sensoren beispielsweise spüren, dass der Träger gestresst ist, kann das Hearable beruhigende Musik spielen.

Fitness-Anwendungen spielen schon bei der heutigen Generation der Wearables eine große Rolle - oder joggen Sie noch, ohne Ihre Runden automatisch aufzeichnen und auswerten zu lassen? In Zukunft könnte Ihre Fitness-App konkrete Vorschläge machen, welches Schritttempo angesichts des gerade erreichten Pulses optimal wäre.

Fazit: Der nächste Schritt in Richtung 24-Stunden-User

Hearables sind sehr vielseitig einsetzbar. Wenn die Technik ausgereift ist, werden die Geräte in den verschiedensten Lebenslagen äußerst nützlich sein. Das Szenario des 24-Stunden-Users wird seiner Verwirklichung einen großen Schritt näherkommen. (mb)

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