Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz kommt

06.07.2006

II. Diskriminierungsschutz im Bereich des allgemeinen Zivilrechts

1. Die Vorgaben der Antirassismus-Richtlinie zum Schutz vor ethnischer Benachteiligung werden umgesetzt. Hinsichtlich des Merkmals Rasse bzw. ethnische Herkunft ist ein umfassender Diskriminierungsschutz europarechtlich vorgegeben. Eine Ausnahme vom Diskriminierungsverbot ist nach der Richtlinie für den persönlichen Nähebereich vorgesehen. Diese Ausnahme soll übernommen werden. Das Gesetz gilt also beispielsweise nicht, wenn Vermieter und Mieter auf einem Grundstück wohnen. Auch wird klargestellt, dass bei der Vermietung von Wohnraum eine sozial ausgewogene Zusammenstellung der Mietergemeinschaft zulässig bleibt, wie dies auch § 6 Wohnraumförderungsgesetz vorsieht. Dies trägt zur Schaffung und Erhaltung stabiler Wohnquartiere bei. Eine aktive Wohnungspolitik gerade in den innerstädtischen Ballungsräumen ist damit gesichert.

2. Ein geschlechtsspezifischer Schutz im Privatrecht ist europarechtlich mit der vierten Gleichstellungs-Richtlinie vorgegeben, jedoch weniger tiefgehend als bei der Richtlinie zum Schutz vor ethnischer Benachteiligung. Dieser Diskriminierungsschutz wird sachgerecht - über die derzeit geltenden europarechtlichen Vorgaben hinaus - auch auf die Merkmale Behinderung, Alter, sexuelle Identität und Religion erstreckt. Um aber unnötige Bürokratie zu vermeiden, wurde der Anwendungsbereich zugleich auf so genannte Massengeschäfte (z.B. Verträge mit Hotels, Gaststätten, Kaufhäusern) des täglichen Lebens und privatrechtliche Versicherungen beschränkt. Massengeschäfte sind Geschäfte, bei denen das Ansehen der Person keine oder nur eine nachrangige Rolle spielt - also solche Geschäfte, bei denen es dem Vertragspartner gar nicht darauf ankommt, mit wem er den Vertrag schließt (zB Shampookauf in der Drogerie).

3. Im Hinblick auf die Vermietung von Wohnraum zum nicht nur vorübergehenden Gebrauch ist ausdrücklich bestimmt, dass diese in der Regel kein Massengeschäft ist, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet. Damit fällt also der typische private Vermieter von Wohnraum in der Regel nicht in den Geltungsbereich des Verbots der Benachteiligung wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

4. Diese Lösung gewährleistet den gebotenen Ausgleich mit dem Prinzip der Vertragsfreiheit: Mit der Beschränkung auf Schuldverhältnisse über Güter oder Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit ohne oder mit jedenfalls nur nachrangigem Ansehen der Person zur Verfügung stehen, ist zum einen der gesamte private Lebensbereich (z.B. Verkauf des gebrauchten Pkw) ausgenommen. Erfasst werden nur Geschäfte, die generell mit jedermann abgeschlossen werden. Denn bei diesen Geschäften ist die Zurückweisung wegen eines der genannten Gründe besonders demütigend. Zum anderen bleiben aber auch hier sachlich gerechtfertigte Unterscheidungen zulässig. Versicherungen können die Risiken sachlich kalkulieren. Bei Unterscheidungen wegen des Geschlechts ist - europarechtlich vorgegeben - eine auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhende Risikobewertung erforderlich. Es gibt aber keinen Zwang zu "Unisex-Tarifen". Bei Unterscheidungen wegen der Merkmale Behinderung, Alter, sexuelle Identität und Religion wird verlangt, dass diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruhen.

5. Wer gegen das gesetzliche Diskriminierungsverbot verstößt, hat den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen (z.B. Mehrkosten für eine Ersatzbeschaffung, unter Umständen Entschädigung für die Würdeverletzung nach den Umständen des Einzelfalls). Das entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts. Klarstellend sei erwähnt, dass ein "Strafschadensersatz" weder durch die Richtlinien gefordert noch im Gesetz vorgesehen ist.

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