Compunet: aus dem Gröbsten raus - aber noch nicht am Ziel

17.05.2001
Seit nunmehr zwei Jahren versucht sich die Münchner GE Compunet zum reinen IT-Dienstleister zu mausern. Bisher nur mit mäßigem Erfolg - dennoch habe sich die Lage entspannt, sagt Vorstandssprecher Johannes Meier.

An der Börse hätten wir eine Gewinnwarnung rausgeben müssen." Im November 2000 bestätigte Vorstandssprecher Johannes Meier was alle bereits wussten: Das vergangene Jahr war kein Gutes für die Münchener GE Compunet Computer AG. Mehr als 200 Mitarbeiter fielen der geplanten Steigerung der Profitabilität zum Opfer, der Abgang des Europa-Chefs Hans-Dieter Koch wurde von der Branche als "Entlassung" quittiert. Der geplante Strukturwandel sei gescheitert, hieß es damals. Das amerikanische Mutterhaus General Electrics war mit der Entwicklung unzufrieden, dachte gar darüber nach, die ungeliebte deutsche Tochter an das englische Sys-temhaus Computacenter zu verkaufen (siehe ComputerPartner 5/00, Seite 15).

Alles gegessen, meint heute Johannes Meier, Vorstandssprecher der Compunet AG: "Wir sind zwar noch schwer am Graben, aber ich bin deutlich entspannter als noch vor sechs Monaten." Den Turnaround habe man schließlich geschafft: "Wir schreiben seit August schwarze Zahlen". Allerdings erlaube der Mutterkonzern nicht, dass detailierte Zahlen bekannt gegeben werden. Auch die internen Probleme habe man inzwischen im Griff: "Eine Zeitlang war unsere Personalfluktuation dramatisch. Jetzt ist wieder Ruhe eingekehrt", so Meier.

Von Kochs Vision, den Anteil des Servicegeschäfts am Gesamtumsatz der Compunet auf 50 Prozent zu steigern und sich damit endgültig vom Image des "Boxenschiebers" zu verabschieden, ist man freilich noch weit entfernt: "Der Dienstleistungsanteil lag 2000 bei 22 Prozent, aktuell sind wir bei 24. Dennoch kann man sagen: Wir leben schon vom Service", so Meier. Das Ziel laute aber nach wie vor 50 Prozent Service zu 50 Prozent Hardware - in zwei bis drei Jahren. "Doch bis wir mit einer IBM Global Services gleichgestellt werden, das dauert natürlich", weiß Meier.

Überraschung: keine neue Strategie in Sicht

Gerüchte, nach denen Compunet seine Strategie - wieder mal - komplett umgeworfen habe und sich freiwillig zum produktorientierten Systemanbieter zurück entwickle, dementiert der Vorstandssprecher ebenso wie die Behauptung, das Systemhaus wolle sich jetzt neuerdings als Distributor versuchen: "Die Mitbewerber spüren wohl unseren Vorsprung", schießt er zurück. "Wir sind jetzt natürlich sehr aggressiv im Markt unterwegs. Das liegt daran, dass wir unsere Prozesse und die entsprechenden Kosten genau kennen. Und weil wir unsere Grenz-kosten genau kennen, können wir auch damit spielen."

Man habe mit dem Strukturwandel eben Sachen in Angriff genommen, als der Wettbewerb noch sanft geschlummert hat, meint Meier: "Die schmerzhaften Schritte haben wir alle letztes Jahr gemacht." Wenn neuerdings auch der Wettbewerb davon spreche, die Produktivität steigern und die Kosten senken zu müssen, habe er gar eine Art "Dejà vu".

Von Unsicherheit ist bei dem Manager jedenfalls nichts mehr zu spüren. Noch Ende des vergangenen Jahres gab er sich vorsichtig: "Wenn Sie mich jetzt fragen, ob wir nächstes Jahr wieder reorganisieren, müsste ich ihnen antworten: wahrscheinlich ja." (siehe ComputerPartner 38/00, Seite 19.) Heute ist er mehr denn je auf Kurshalten bedacht: "Die Grundrahmenbedingungen sind stabil geblieben." Die GE Company als Mutterhaus habe sich für Compunet als "der richtige Weg" herausgestellt, betont Meier, sowohl beim Geschäftlichen, als auch bei der Identität mit dem Unternehmen. Man wolle eine richtige GE Company werden, sei aber natürlich noch nicht soweit, glaubt Meier, man habe noch viel zu lernen: "Wir setzen uns Etappenziele." Der amerikanische Konzern erwarte vor allem Zuverlässigkeit und sei mit der Entwicklung derzeit sehr zufrieden, sagt der Vorstandssprecher: "Im Grundrahmen liegen wir seit vier Monaten voll im Plan."

Das Wachstum ist besser als erhofft

Auch sonst gehe es Compunet derzeit prima: Ungebrochen sei das Wachstum im Bereich Service-Provider, es liege weit über dem, was man sich erhofft hatte: "Wir haben hier Wachstumsraten über 100 Prozent." Ein neuer Ansatz - standardisierte Services via Call Center zu unterstützen - soll Mitte des Jahres greifen. Mit Ingram Macrotron als Partner arbeite man erfolgreich an so genannten Directshipments: Dabei wird die Bestellung elektronisch eingegeben und direkt an den Distributor weitergeleitet. Dieser liefert die Ware aus, "aber mit unserem Label und unserer Rechnung". Damit habe man die Logistik vom Tisch, aber den Vorteil, dass man die Kundendaten weiter im eigenen Haus bereit halte, falls Serivcedienste anfallen. Die Frage, ob man das eigene Lager in Kerpen verkaufen sollte, habe sich - entgegen den Angaben von Kaufinteressenten - aber nie gestellt, sagt Meier.

Planzahlen für das laufende Geschäftsjahr will der Manager auch nicht bekannt geben: "Wir wollen klug sein", heißt sein Ziel für 2001. Meier: "Ich beobachte zur Zeit sehr viel unkluges Verhalten: Bei einigen kommt jetzt der Quartalsdruck hoch, einigen bricht der Cash-Flow weg. Wir können von Glück reden, das wir nicht börsennotiert sind"

www.compunet.de

ComputerPartner-Meinung:

Nach einem turbulenten Jahr trägt man bei Compunet ein neues Selbstbewußtsein zur Schau. Meier lehnt sich zurück und beobachtet, wie andere Unternehmen Probleme meistern wollen, die er schon hinter sich gelassen hat. Ein reines Vergnügen ist Compunets derzeitige Situation aber sicher trotzdem noch nicht. Doch immerhin ist das Verhältnis zum Mutterhaus inzwischen so weit stabilisiert, dass man kleinere Probleme auch zugeben darf. (mf)

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