Ingram-Vertriebsdirektor Tom Dreger gibt Auskunft

Consumer IT trotzt Corona

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Durch Home Office und Home Schooling sind durch die Corona-Pandemie Consumer-IT-Produkte besonders gefragt. Doch auch andere Faktoren geben positive Impulse, wie Tom Dreger, Director General Sales bei Ingram Micro, im Gespräch mit Channelpartner bestätigt.

Der Markt für Consumer IT hat durch die Corona-Pandemie nicht gelitten - im Gegenteil. Gerade in Zeiten des harten Lockdowns stieg die Nachfrage nach bestimmten Warengruppen stark. Markttreiber waren dabei Home Office und Home Schooling, aber auch der Bedarf nach Entertainment, beispielsweise im Gaming-Segment.

„Sowohl Online- als auch Multi Channel- Ansätze sind und bleiben wichtig für die Zukunft“, Tom Dreger, Director General Sales bei Ingram Micro
„Sowohl Online- als auch Multi Channel- Ansätze sind und bleiben wichtig für die Zukunft“, Tom Dreger, Director General Sales bei Ingram Micro
Foto: Ingram Micro

Die IT-Branche und mit ihr die Distribution kam so im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen bisher recht glimpflich durch die Krise. Allerdings verursachte die veränderte Nachfrage sowie die durch Produktionsausfälle und mangelnde Transportkapazitäten bedingte Warenknappheit dem einen oder anderen Distributionsmanager Kopfschmerzen. Mittlerweile laufen die Fabriken in Fernost wieder auf Hochtouren. Die Logistik kämpft aber immer noch mit den Nachwirkungen. Schiffe und Container sind nicht da, wo sie sein sollten und der Luftverkehr läuft immer noch auf Sparflamme.

Auch für Tom Dreger, Director General Sales bei Ingram Micro, hat sich sich die Liefersituation "deutlich entspannt", beispielsweise bei Notebooks. "Allerdings kommt es teilweise noch zu schlechteren Verfügbarkeiten von Zubehör wie Headsets" berichtet er.

So kann Ingram derzeit im B2C-Bereich "eine sehr gute Nachfrage" und einen "deutlichen Zuwachs" im Vergleich zum Vorjahresquartal verzeichnen. "Dabei wird der Bedarf weiterhin durch die Themen Mobile Computing und Mobile Workplace getrieben, was im Einzelnen vom Laptop und Tablet über Headsets bis hin zur erforderlichen Software reicht", erklärt Dreger.

Verlagerung von B2B zu B2C

Weniger gefragt sind hingegen Desktops. Das wird auch durch aktuelle Zahlen der Beschaffungsplattform ITscope untermauert (ChannelPartner berichtete). Laut den auch die Vorabzahlen zum ITscope-Marktbarometer für das zweite Quartal 2020 entwickeln sich Komplettsysteme zum Ladenhüter, ohne Aussicht auf Besserung in absehbarer Zeit. Im Vergleich der Zahlen des ersten und zweiten Quartals 2020 zeichnet sich eine eindeutige Abnahme des Preises ab. Liegt der durchschnittliche HEK der Top 10-Artikel des aktuellen Quartals bei etwas über 500 Euro, lag dieser bei den gleichen Produkten im Vorquartal noch bei rund 565 Euro. Im Durchschnitt sank der Preis um zehn Prozent, bei einzelnen Produkten sogar um mehr als 20 Prozent.

Dieser Trend wird durch eine schwächere B2B-Nachfrage unterstützt. Dies hat auch Ingram Director Dreger festgestellt: "Wir beobachten im B2B-Projektgeschäft aktuell Veränderungen aufgrund von zeitlichen Verschiebungen bezüglich der Umsetzung von Projekten", bestätigt er.

Ein ähnliches Bild bietet sich im Druckersegment: So hat das auf den Channel spezialisierte Marktforschungsunternehmen Context im Mai 2020 eine deutliche Verschiebung von Business- hin zu Consumer-Druckern verzeichnet (hier geht es zum ausführlichen Artikel). So wurden erheblich weniger Geräte an Händler ausgeliefert, die überwiegend Geschäftskunden bedienen. Die Marktforscher sprechen von fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei Onlinern mit Fokus auf Business-Kunden waren es 28 Prozent weniger. Einzelhändler, die hauptsächlich private Endkunden bedienen, haben rund 11 Prozent mehr Drucker bei der Distribution bezogen. Einzelhandelsketten legen um 2,2 Prozent zu. Dies schlägt sich auch in der Umsatzverteilung deutlich nieder. Während im Mai 2019 73 Prozent des Umsatzes mit Druckern in Europa auf Geschäftskunden und nur 27 Prozent auf Privatkunden entfielen, zeigt sich nun ein völlig anderes Bild: Im Mai 2020 entfielen nur noch 59 Prozent auf den Unternehmenssektor, während der Consumer-Bereich 41 Prozent ausmachte.

Der Boom bei Consumer Electronics ist aber nicht nur auf Produkte zurückzuführen, die nun in Corona-Zeiten besonders nachgefragt sind. "Dazu gehören weiterhin die klassischen IT-Lösungen, aber es kommen auch permanent neue Technologien und Produkte hinzu, angefangen bei Staubsaugerrobotern über spezielle Tablets für den Education-Bereich bis hin zu Heim- und Garten-Automatisierung sowie neuen Anwendungen im Bereich Car Connectivity", erläutert Dreger.

Headsets sind zu Zeiten der Corona-Pandemie bei Verbrauchern besonders gefragt.
Headsets sind zu Zeiten der Corona-Pandemie bei Verbrauchern besonders gefragt.
Foto: Sennheiser

Positive Impulse durch Senkung der Mehrwertsteuer

Der Branche kommt dabei die Vielfältigkeit der Produkte und Technologien zugute: Wenn ein Segment sich etwas schlechter entwickelt, gibt es andere Bereiche, die stark wachsen oder denen zukünftige Potenzial zugeschrieben wird. So warten viele noch auf den großen Durchbruch von Smart-Home-Produkten. "Der Markt Smart Home wächst weiterhin, aber es gibt noch sehr viele unterschiedliche Standards und Stand-alone Lösungen der Hersteller, wodurch Kunden verhalten agieren und die an sich positive Marktentwicklung eingeschränkt wird", meint der Ingram-Director.

Mit der Gamescom und der IFA können zwei für das CE-Geschäft wichtige Messen nicht im geplanten Umfang stattfinden. Dreger geht aber nicht davon aus, dass es die veränderten Durchführungen sich in diesem Jahr negativ auf das Geschäft auswirken werden. "Aufgrund der derzeitigen Einschränkungen sehen wir eine hohe Akzeptanz für alternative Formate und auch einen Trend zu virtuellen Events", berichtet er.

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Die Senkung der Mehrwertsteuer sieht Dreger als "Add-on zu Hersteller- und Reseller-Promotions" die einen zusätzlichen Kaufanreiz bieten und einen deutlichen Einfluss auf das Kaufverhalten im B2C haben kann. Da er verminderte Steuersatz mindestens bis Ende des Jahres gilt, könnte sich das auch noch positiv auf das Weihnachtgeschäft auswirken. "Im Moment ist es noch schwierig, den wirklichen Einfluss einzuschätzen, denn es bestehen weiterhin viele Unwägbarkeiten bezüglich der Entwicklung von COVID-19", schränkt Dreger ein. Er ist der Meinung, dass je früher man zur Normalität zurückkehrt, desto weniger Einfluss nimmt die Pandemie auf das Geschäft.

So könnte sich das Verhältnis zwischen Online- und stationärem Handel auch wieder normalisieren. "Die Corona-Situation hat dem Online-Handel nochmals einen Schub gegeben", weiß Dreger. Allerdings erfahre auch der stationäre Handel seit Ende des Lockdowns ein sehr deutliches Wiedererstarken. "Sowohl Online- als auch Multi Channel- Ansätze sind und bleiben wichtig für die Zukunft", ist der Manager überzeugt.

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