Chefs müssen raus aus der Vorstandsetage

Der Kunde ist der eigentliche Chef

05.08.2011

Was Führungskräfte tun können


Welche konkreten Tipps geben Sie Führungskräften?

Schüller: Wer nicht achtsam mit seinen Mitarbeitern umgeht, kann von diesen keine Achtsamkeit gegenüber Kunden erwarten. Denn wie ein Dominoeffekt kaskadiert jedes positive wie auch negative Verhalten der Oberen bis zu den Mitarbeitern herunter - und schwappt dann zum Kunden rüber. Eine kundenfokussierte Unternehmenskultur braucht also nicht nur auf den Kunden ausgerichtete Leitbilder, sondern vor allem auch kundennahe Vorbilder.

Meinen Sie damit die obersten Manager?

Schüller: Ja, gerade die Geschäftsführer brauchen den "leibhaftigen Kundenkontakt". Sie müssen ihre behütende Vorstandsetage verlassen, um Feedback-Schleifen zu drehen. Sie sollten sich Mikrofone schnappen und die Kunden inständig befragen. Sie sollten sich Kameras nehmen und hinter den Kunden herlaufen, um aufzuzeichnen, wie sie agieren. Erst dann sind sie die richtigen Vorbilder für ihre Mitarbeiter.

Und was sagen die Mitarbeiter dazu? Die müssten vom kundenfokussierten Führungsstil ja begeistert sein.

Schüller: Lassen Sie mich dazu eine Begebenheit aus meiner Beratungstätigkeit erzählen. Nachdem der Umsatz rapide eingebrochen war, erzählte kürzlich der Geschäftsführer eines Herstellerbetriebs, sei man endlich auf die Idee gekommen, die Kunden zu befragen. Die fanden schonungslose Worte, beklagten den schlechten Service, pampiges Personal und das ewige Warten am Telefon. Diesen Aufwand einer Kundenbefragung hätte sich das Unternehmen aber sparen können.

? Wieso das? Kundenbefragungen sind doch ein beliebtes und anerkanntes Instrument für Unternehmen, am Markt mehr Erfolg zu haben.

Schüller: Weil das Management mit einer gezielten und tief gehenden internen Befragung nach dem Motto "Herr Müller, erzählen Sie mal ..." dies alles hätte früher in Erfahrung bringen können. Denn die Mitarbeiter im Callcenter wussten es ja längst - hätte man sie nur mal gefragt. Und dann meinte der Chef zu mir: "Die hätten ja auch von sich aus was sagen können." Ja, das versuchen Mitarbeiter bisweilen - jedoch nur ganz zaghaft. Und stellen dann fest, dass man sich mit so etwas sehr unbeleibt machen kann. Von da an lassen sie es sein.

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