Der menschliche Schlüssel

02.05.2002
Authentisierungs-Software ist nicht erst seit dem 11. September ein Schlagwort. Doch seit diesem Datum hat sich gezeigt, wie verwundbar die Hightech-Gesellschaft ist.

Den "Menschen selbst als Schlüssel" sieht das Münchener Unternehmen Voice-trust. Biometrische Verfahren zur Personenidentifizierung gibt es zuhauf. Doch die Sprache als unverwechselbares Merkmal einzusetzen ist recht neu. Das im Mai 2000 gegründete Unternehmen hat sich auf dieses Spezialgebiet gewagt, und der Erfolg scheint den beiden Firmengründern Jörg Tacke und Michael Kramer Recht zu geben. Heute arbeiten in der kleinen Firma 14 Mitarbeiter. Bereits im Juni dieses Jahres will das Unternehmen profitabel arbeiten können, so Kramer, Vorstand von Voictrust. "Wir werden dieses Jahr unsere Belegschaft verdoppeln," gibt sich Kramer siegessicher. Elektronische Identifikation ist nicht erst seit dem 11. September ein großes Thema, aber der Terrorakt habe die Menschen aufgerüttelt. Zwar können auch biometrische Verfahren solche Anschläge nie ganz ausschließen, aber auch in anderen Bereichen sind sensible Daten zu schützen. Man denke nur an den Zugriff auf das Unternehmensnetz, der heute meist immer noch durch Passwörter gesichert wird.

In großen Unternehmen mit mehreren Tausend Angestellten vergessen täglich etliche Mitarbeiter ihr Passwort. Das muss dann nach persönlicher oder telefonischer Identifikation des Mitarbeiters vom Administrator wieder freigeschaltet werden. Oft dauert es ein bis zwei Stunden, bis der jeweilige Mitarbeiter wieder mit seiner Arbeit beginnen kann. Der Ausfall an Arbeitszeit und die Beschäftigung des User-Supports kosten aber Geld.

Mit Voice Gate 3.0 soll sich das ändern. Ein vergessenes Passwort lässt sich innerhalb weniger Minuten zurücksetzen, ohne die IT-Support-Abteilung behelligen zu müssen. Der Anwender, der sein Passwort vergessen hat, ruft eine Servicenummer an und eine Computerstimme meldet sich. Der Anrufer nennt seinen Vor- und Nachnamen und das Programm identifiziert diesen anhand seiner Stimme und überprüft seine Berechtigung. Nach Angabe seiner Computernummer wird dann der Netzwerkzugang freigeschaltet. Innerhalb von zwei Minuten ist die ganze Prozedur erledigt und der Mitarbeiter hat wieder vollen Zugriff auf das Netzwerk.

Sprachanalyse

"Die menschliche Stimme besitzt eine Vielzahl unterschiedlicher und unverwechselbarer Merkmale", erklärt Kramer. "Mit unserer Software gelingt es uns, diese Merkmale herauszufiltern und in einem Datenpaket abzulegen."

Dabei setzt das Unternehmen Programmteile der Sprachanalyse des FBIs und auch des KGBs ein. "Der KGB hat die beste Filtersoftware der Welt", schwärmt Kramer. Selbst bei hohem Lärmpegel in der Umgebung filtert die Software die unverwechselbaren Sprachmerkmale extrem gut heraus.

Einen weiteren Teil der Sprachidentifikation übernimmt ein Programm-Tool vom FBI. In den USA wird solche Software in den Gefängnissen eingesetzt. Häftlinge dürfen zwar aus den Gefängnissen heraustelefonieren, dabei sind aber manche Nummern für sie tabu. Zum Beispiel darf der Häftling Zeugen, Richter und Staatsanwälte nicht telefonisch belästigen. Deshalb haben die Behörden solche Nummern für den jeweiligen Häftling gesperrt. Alle möglichen Verfahren wurden ausprobiert, bis man sich schließlich für die Sprachanalyse entschieden hat. Alle anderen automatischen Identifikationsverfahren, per Fingerabdruck oder per Kamera scheiterten bislang an der Zerstörungswut der Häftlinge. Nicht so bei der Sprachanalyse. Denn bis auf den Telefonhörer ist keine weitere Hardware notwendig, und den braucht der Häftling noch, um telefonieren zu können.

Dass darüber hinaus keine zusätzliche Hardware notwendig ist, ist der große Vorteil des Sprachidentifizierungsprogramms. Um das Sys-tem in ein bestehendes Netz einzubinden, braucht nur ein weiterer PC aufgestellt werden, der sich dem Server als Client präsentiert. Hier befindet sich die gesamte Software einschließlich der Datenbank mit den Sprachdateien.

Das System ist recht sicher. "Selbst eineiige Zwillinge können von der Software unterschieden werden", erklärt Kramer stolz. "Stimmimitatoren haben überhaupt keine Chance. In erster Linie imitieren sie nur die Sprachmelodie und den Sprachrhythmus. Obwohl das für den Menschen täuschend ähnlich klingt, kann die Software diese Stimmen leicht unterscheiden."

Voicetrust liefert im Prinzip nur eine CD mit dem Programm. Und hier bietet sich auch eine Chance für den Fachhandel. Schließlich muss die Integration im Netz von autorisiertem Personal vorgenommen werden. Installation und Wartung sind ebenfalls notwendig. Interessierte Systemhäuser können mit dieser biometrischen Lösung schnell und sicher Geld verdienen. Denn Datenschutz per Biometrie wird über kurz oder lang mit Sicherheit überall eingeführt.

www.voicetrust.de

Computerpartner Meinung:

Sprachanalyse zur Identifikation einzusetzen ist relativ neu. Das System ist recht ausgereift, selbst eineiige Zwillinge werden leicht unterschieden. Der Software steht noch eine große Zukunft bevor. Mein Tipp: Schnell einsteigen, bevor es andere tun. (jh)

Zur Startseite