Die 25 größten Systemhäuser in Deutschland

27.06.2002
Die deutsche Systemhaus-Landschaft hat im Vorjahr ein wahres Erdbeben erlebt. Pleiten, Fusionen und Übernahmen haben den IT-Fachhandel erschüttert. Der Gesamtumsatz der 25 größten Systemhäuser Deutschlands nahm um ein Viertel ab und betrug letztes Jahr 4,363 Milliarden Euro.

Auch dieses Jahr veröffentlicht ComputerPartner exklusiv die Liste der 25 größten Systemhäuser in Deutschland. Während beim Begriff "Systemhaus" im Markt heillose Verwirrung herrscht, war für uns die Definition sonnenklar: Es werden nur herstellerunabhängige Häuser berücksichtigt, die ihre Kunden mit nicht selbst gefertigter Hard- und Software versorgen und ihnen mit Netzwerk- und Telekommunikations-Equipment Komplettsysteme liefern. Weitere Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Unternehmens in unserer Liste ist dessen Geschäftsstruktur: Ein Systemhaus muss nach unserem Verständnis mindestens die Hälfte seines Umsatzes mit dem reinen Wiederverkauf von ITK-Ausstattung erzielen und selbstverständlich seinen Hauptsitz in Deutschland haben.

Deswegen fehlen in unserer Liste die Dienstleistungsdivisionen großer Hersteller wie etwa Siemens Business Services (SBS) oder IBM Global Services. Aber auch große Dienstleister wie CSC Ploenzke oder Accenture blieben unberücksichtigt. Diese Unternehmen bezeichnen sich selbst als Systemintegratoren. Ihr Kerngeschäft ist Beratung und Implementierung von Komplettsystemen und weniger deren Verkauf. Diese Tendenz ist auch bei vielen kleineren Systemhäusern zu beobachten. Diese so genannte VARs (Value Added Reseller) erzielen oft mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit eigenen Services und können deshalb in unserem Ranking nicht berücksichtigt werden.

<b>T-Systems bleibt unberücksichtigt </b>

Einen Grenzfall stellte für uns T-Systems dar. Zwar verkauft die Tochter der Deutschen Telekom ihre eigenen TK-Endgeräte und -Anlagen direkt, doch daneben betreibt sie auch das klassische Systemhausgeschäft mit dem Vertrieb von IT-Equipment. Letzteres hat T-Systems in seinem Geschäftsbereich "Computer und Desktop Services" zusammengefasst; dort sind auch die Ressourcen der ehemaligen Debis Systemhaus PCM Computer AG eingeflossen. Die letztjährige Nummer drei unserer Rangliste wurde 2000 von TSystems übernommen.

Wenn man sich nur die Zahlen von Computer- und Desktop-Services betrachtet - 4,2 Milliarden Euro Umsatz und rund 18.000 Mitarbeiter im Vorjahr - so trifft auf diese Geschäftseinheit unser Kriterium - Handelsanteil größer als 50 Prozent - schon zu. Auf die gesamte T-Systems umgerechnet sinkt aber dieser Umsatzerbringer auf einen Beitrag von gerade mal vier Prozent ab. Aus diesem Grunde konnten wir T-Sys-tems in unserer Top-25-Liste nicht berücksichtigen.

<b>Die neue alte Nummer 1 </b>

So blieb schließlich die letztjährige Nummer 1, GE Compunet, auch diesmal wieder in Führung. Und obwohl der Spitzenreiter den Konkurrenten Computacenter übernommen hatte - im Vorjahr immerhin die Nummer 11 unserer Liste - ging der Umsatz der Compunet AG bereits das zweite Jahr hintereinander massiv zurück. Erzielte die Company 2000 bereits 14,6 Prozent weniger Umsatz als 1999, waren es im Vorjahr immer noch 9,7 Prozent weniger als 2000. Dennoch war Compunets Spitzenposition in der Rangliste nie gefährdet, da ja mit M+S, Systematics und Debis gleich drei unmittelbare Verfolger von der Bühne traten.

M+S fand sein unrühmliches Ende in der Insolvenz, Debis ist unter das Telekom-Dach geschlüpft und Systematics agiert nun als EDS-Tochter. Trotzdem taucht EDS in unserem Systemhäuser-Ranking nicht als Gesamtkonzern, sondern nur in der Gestalt zweier Systematics-"Enkelinnen" auf: einmal als Abkömmling der Systematics-Tochter MSH (Memorex Systemhaus, Platz 6) und zweitens als Mitglied der Planorg-Familie (EDS Planorg GmbH, Platz 24).

Während Planorg als ein Neuzugang gilt, ist die Memorex Systemhaus GmbH eine alte Bekannte. 2000 noch an Position fünf, wurden die Frankfurter noch im gleichen Jahr von der Systematics AG übernommen. Dies verhalf den Hamburgern immerhin zu einem Sprung auf den dritten Platz im Vorjahr, wohingegen Memorex als eigenständiges Unternehmen keinen Eingang mehr in unsere letztjährige Liste fand. Dieses Mal ist es genau anders herum: die Systematics AG wird von uns nicht mehr aufgeführt, dafür aber Memorex.

<b>Die Auf- und Absteiger </b>

Die neue Nummer zwei unserer Systemhausliste ist die Bechtle AG. Zwar konnten die Schwaben ihr Wachstum aus dem Jahre 1999 (116 Prozent) nicht mehr halten, aber eine Zuwachsrate von jeweils rund 30 Prozent per anno 2000 und 2001 lässt sich durchaus sehen - vor allem, wenn man in Betracht zieht, dass lediglich die Hälfte der von uns erfassten Top-Systemhäuser Deutschlands im Vorjahr überhaupt an Umsatz zulegen konnte.

Zumindest Bechtle konnte gegen diesen Trend halten, teils durch organisches Wachstum, aber überwiegend durch Firmenzukäufe. So übernahm das Systemhaus aus Gaildorf im Vorjahr die TDS Infrastrukturservice GmbH, die frühere CHG Systemhaus GmbH, die im Vorjahr immerhin den Platz 24 in unser Top-25-Liste einnahm.

Einen beträchtlichen Sprung nach oben durften ebenfalls ADA-HAS AG (von Platz sieben auf Position drei), PC Ware (von neun auf vier) und Cancom (von zehn auf fünf) vermelden. Immerhin konnten diese drei Aufsteiger Umsatzzuwächse zwischen 48 Prozent (ADA) und 102 Prozent (PC Ware) für sich verbuchen.

Auf den Plätzen sechs bis zwölf folgt dann das Mittelfeld der deutschen Systemhausszene: diese Vertreter konnten alle bis auf die PSB AG (Aufstieg von 17 auf 9) kein Umsatzwachstum verbuchen oder mussten gar Einbußen in Kauf nehmen. Am schlimmsten traf es dabei die Arxes AG - deren Umsatz ging im Vorjahr um mehr als ein Viertel zurück.

Dahinter finden sich auf den Positionen 13 bis 16 Systemhäuser, die schon im Vorjahr dabei waren und diesmal nur knapp die 100-Millionen-Euro-Umsatzmarke verpasst haben. Dabei konnte sich Comics GmbH gleich um fünf Plätze verbessern und ihren Umsatz um über 35 Prozent steigern. Die aus sieben einzelnen Systemhäusern entstandene Taskarena AG machte gar sieben Plätze gut und erhöhte ihren Umsatz um knapp ein Drittel.

<b>Systemhäuser im Umbruch </b>

Die Plätze 17 bis 24 sind bis auf eine Ausnahme (Bissinger) von Newcomern besetzt. Nur die ersten zwei dieser Gruppe hätten es mit ihren aktuellen Umsätzen geschafft, im Vorjahr in die Top-25-Liste zu gelangen. Allein diese Tatsache dokumentiert sehr deutlich den Umbruch, den die Systemhausszene 2001 erlebt hatte.

Durch den Abgang von gleich drei großen Systemhäusern (M+S, Systematics und Debis) ist das gesamte Geschäftsvolumen im Vorjahr um ein Viertel gesunken. Erzielten die Top-25-Systemhäuser des Jahres 2000 einen Gesamtumsatz von umgerechnet 5,814 Milliarden Euro, setzten die 26 größten Häuser des Vorjahres (einige Plätze wurden mehrfach vergeben) gemeinsam gerade mal 4,363 Milliarden Euro um. Genauso stark nahm übrigens die Personalstärke ab: Beschäftigten die 25 größten Systemhäuser im Jahre 2000 noch etwa 21.500 Mitarbeiter, waren es im Vorjahr nur noch rund 15.500.

Allein die Geschäftsaufgabe von M+S vernichtete über 1.200 Arbeitsplätze. Den Personalstand der "alten" Systematics AG (2.682) konnten ihre Töchter Memorex und Planorg mit derzeit etwa 670 Planstellen bei weitem nicht erreichen. Hinzu kommen die fehlenden 2.300 Arbeitsplätze von Debis. Da fällt die Insolvenz der 1Value.com AG mit ihren etwas mehr als 100 Mitarbeitern kaum mehr ins Gewicht.

Zwar haben Systemhäuser wie Bechtle, ADA und Cancom 2001 neue Mitarbeiter eingestellt, doch ansonsten hielten sich die Unternehmen mit Personalinvestitionen merklich zurück. Und es ist eher damit zu rechnen, dass noch in diesem Jahr Personal bei Systemhäusern wie Compunet, Memorex oder Arxes abgebaut wird, da deren Pro-Kopf-Umsatz im Vorjahr gegenüber 2000 zwischen 10 und 16 Prozent abgenommen hat. Betrachtet man die Gesamtzahl der Systemhäuser, so hat die Produktivität pro Mitarbeiter um 1,5 Prozent zugenommen. Vergleicht man den Pro-Kopf-Umsatz der diesjährigen Top 25 mit dem der größten Häuser 2001, so ist hier ein Anstieg von fast sieben Prozent zu beobachten. Dies ist auf das Ausscheiden der nicht profitabel arbeitenden Unternehmen zurückzuführen.

Die Geschäftsaussichten für 2003 beurteilen die befragten Systemhäuser durchaus skeptisch. Einerseits sind sie durch hohe Personalkosten belastet, andererseits sehen sie immer noch keinen Silberstreif am Horizont. Welche Sorgen die deutschen Systemhausbetreiber derzeit quälen, das können Sie im nachfolgenden Beitrag lesen. (rw)

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