Entgegen dem ursprünglichen Plan der Bundesjustizministerin Zypries, eine Bagatellklausel im Urheberrecht - die so genannte "Raubkopierer-Klausel" - einzuführen, und damit den Massenverfahren der Staatsanwaltschaften gegen Filesharing-Nutzer ein Ende zu setzen, hat die Bundesregierung bei der zweiten Reformstufe des Urheberrechts diese Bagatellklausel nun doch nicht eingeführt.
Nach dieser Regelung wären rechtswidrige Vervielfältigungen straffrei geblieben, wenn sie nur in geringer Zahl und ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch hergestellt worden wären. Ziel dieser Regelung sollte unter anderem die "Entkriminalisierung von Schulkindern" sein.
Die Musik- und Filmindustrie sowie andere Lobbyisten hatten die Einführung einer solchen Klausel mit der Begründung abgelehnt, dass damit der Klau geistigen Eigentums legalisiert werden würde. Eine derartige Besserstellung gegenüber "physischen" Diebstählen sei nicht akzeptabel. Die Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden hatten auf der anderen Seite eine Straffreiheit für Bagatelldelikte gefordert, da sie den Fluten der Anzeigen nicht mehr Herr werden würden. Die Bearbeitung der zigtausenden Vorgänge würde unnötig Zeit und Geld kosten.
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat als Reaktion auf die unterbliebene Gesetzesregelung zur Straffreiheit eine Empfehlung zum Umgang mit Massenstrafanzeigen gegen Filesharing-Nutzer ausgesprochen. Diese Handlungsanweisungen kommen der verworfenen gesetzlichen Bagatellregelung sehr nahe. Hiernach soll der Anschlussinhaber zwar in jedem Fall ermittelt werden, wenn aber der mutmaßliche Filesharing-Nutzer nicht mehr als 100 urheberrechtlich geschützte Werke zum Tausch angeboten hat, sollen die Staatsanwaltschaften das Verfahren einstellen. Ob sich jedoch tatsächlich sämtliche Staatsanwaltschaften an diese Empfehlung halten werden, ist fraglich. Häufig wird das Verfahren zwar eingestellt, jedoch nur gegen Zahlung einer Geldauflage, die mehrere 100 EUR betragen kann.