eco-Branchenmonitor

Digitalbranche wächst stärker als erwartet

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
In einem von schwachen Zahlen und düsteren Prognosen geprägten wirtschaftlichen Umfeld hebt sich die Digitalbranche positiv hervor: Sie ist nicht nur selbst relativ krisenresistent, sondern kann sogar anderen helfen, Krisen zu bewältigen.
"Internetwirtschaft ist Teil der Lösung für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft", sagt Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des Banchenverbands eco.
"Internetwirtschaft ist Teil der Lösung für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft", sagt Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des Banchenverbands eco.
Foto: eco Verband

In den vergangenen Tagen gab es reichlich negative Nachrichten. Das Statistische Bundesamt meldete im Juli deutlich mehr Anträge von Unternehmen auf Regelinsolvenzverfahren als im Vorjahresmonat, das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rechnet in seiner aktuellsten Prognose in diesem Jahr mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um bis zu 0,5 Prozent und laut einer Umfrage des Startup-Verbands liegt der von ihm ermittelte Geschäftsklimaindex mit 38,1 Punkten nur wenig über dem Wert im Pandemiejahr 2020 (31,8 Punkte).

Als Gründe werden immer wieder die hohe Exportquote der deutschen Wirtschaft und die dadurch bedingte Empfindlichkeit gegen Einflüsse wie den Ukrainekrieg, Spannungen im Verhältnis zu China genannt, aber auch der im internationalen Vergleich hohe Industrie-Anteil und die Belastung der hierzulande recht bedeutenden, energieintensiven Industrien durch hohe Energiepreise genannt. Darunter leide auch die Inlandsnachfrage. Die durch die Energiepreise stark gestiegene Inflation dämpfe den privaten Konsum empfindlich.

Die Digitalbranche - so wie sie der eco Verband vertritt - hebt sich davon wohltuend ab. Der soeben aktualisierte "eco Branchenmonitor 2023 - 2025", den der Verband zusammen mit der Unternehmensberatung Arthur D. Little vorgelegt hat, geht für 2023 von einem Wachstum der Branche von 14 Prozent aus. Für 2024 und 2025 erwartete der Bericht Wachstumsraten von 10 bis 11 Prozent - also auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie.

eco Verband und Arthur D. Little haben ihre Prognise für die Digitalbranche leicht nach oben korrigiert und gehen nun von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 14 Prozent aus.
eco Verband und Arthur D. Little haben ihre Prognise für die Digitalbranche leicht nach oben korrigiert und gehen nun von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 14 Prozent aus.
Foto: eco Verband

Bis 2025 soll sich das Umsatzniveau der Branche dann auf circa 280 Milliarden Euro steigern. Zum Vergleich: 2019 waren es 147 Milliarden - also gut die Hälfte. Zwar werde das Wachstum kurzfristig durch die Inflation angeheizt, mittelfristig tragen der Prognose jedoch das Wachstum in den Teilbereichen intelligente Gebäude und Gesundheitswesen, die wirtschaftliche Erholung und KI-gestützte Anpassungen sowie die anhaltende Dynamik bei Digitalisierung und Telearbeit wesentlich dazu bei.

Fazit des Berichts: "Die Internetbranche erholt sich schneller als erwartet von den Folgen der Corona-Pandemie und Ukraine-Krise." Branchensegmente mit den höchsten Wachstumsraten sindServices & Applications, Künstliche Intelligenz (KI) verspricht mittel- bis langfristig erhebliches Wachstum in allen Branchensegmenten und Rechenzentren leisten einen wesentlichen Beitrag zu nachhaltiger Digitalisierung. Für sie erwarten die Autoren des Branchenmonitors auch durch KI voraussichtlich ein Wachstum von 20 Prozent im Jahr 2024.

2023 spürte die Branche noch die Nachwehen der Pandemie, ab 2024 erwarten die Analysten jedoch wieder ein verstärktes Wachstum, einerseits, weil dann Verbraucherausgaben und Reallöhne wieder ansteigen, andererseits durch Entwicklungen und technologische Fortschritte auf Basis Künstlicher Intelligenz. Sie korrigieren ihre aktuelle Wachstumsprognose für die Jahre 2020 bis 2025 (12,2 Prozent) daher sogar leicht nach oben und gehen nun von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 14 Prozent aus.

Keine Digitalisierung ohne (nachhaltigere) Rechenzentren

Rechenzentren sind zwar selbst erhebliche Energieverbraucher, leisten dem eco-Bericht zufolge aber dennoch einen deutlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Sie würden immer energieeffizienter und stellen - auch wenn die Vorgaben aus der Politik dafür umstritten sind - zunehmend Abwärme zum Beheizen von Wohn-, Büro- und Industriegebäuden zur Verfügung, etwa in aktuellen Projekten in Berlin und in Frankfurt am Main.

Rechenzentren arbeiten immer effizienter. Von 2011 bis 2021 nahm zwar der Energiebedarf um den Faktor 1,5 zu, die verarbeiteten Workloads jedoch sogar um den Faktor 6,5.
Rechenzentren arbeiten immer effizienter. Von 2011 bis 2021 nahm zwar der Energiebedarf um den Faktor 1,5 zu, die verarbeiteten Workloads jedoch sogar um den Faktor 6,5.
Foto: eco Verband

"Als Rückgrat der Digitalisierung sind Rechenzentren das Fundament einer zukunftsweisenden und digital souveränen Industrie", sagt Volker Ludwig, stellvertretender Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen und Managing Director DACH bei Digital Realty, einem auf die Verwaltung von Rechenzentren spezialisierten Unternehmen. "Die Branche investiert in die Modernisierung bestehender wie auch in den Bau neuer Rechenzentren, um der nachhaltigen Digitalisierung Raum zu geben. Ressourcenschonung spielt dabei eine sehr wichtige Rolle." Als wesentliche Schritte auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit der Branche nennt Ludwig dabei die Nutzung von Abwärme und Strom aus erneuerbaren Energien.

Auf KI ruhen große Hoffnungen

"Jetzt ist die Zeit, in der Deutschland seine Innovationskraft unter Beweis stellen und mithilfe von Künstlicher Intelligenz mittelfristig deutliche Wachstumseffekte generieren kann", sagt eco Vorstandsvorsitzender Oliver Süme. "Die schnelle Implementierung auf der Basis von KI sichert langfristige Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich und trägt zum Erreichen von Wachstumszielen bei."

"Smartify-to-save" ist der Trend, Kosten kurz- und mittelfristig durch Digitalisierung einzusparen. Er fängt gerade an, in vielen Branchen zu einem Wachstum beizutragen. Viele der oft kritisierten zusätzlichen Vorschriften tragen dazu eher positiv bei.
"Smartify-to-save" ist der Trend, Kosten kurz- und mittelfristig durch Digitalisierung einzusparen. Er fängt gerade an, in vielen Branchen zu einem Wachstum beizutragen. Viele der oft kritisierten zusätzlichen Vorschriften tragen dazu eher positiv bei.
Foto: eco Verband

Zudem könne KI dabei helfen, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, etwa durch eine Fokussierung auf nachhaltige Datenquellen und Infrastrukturen. "Die Internetwirtschaft ist Teil der Lösung für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft. Die Politik darf die Innovationspotenziale von KI nicht im Keim ersticken", appelliert Süme.

"KI hat einen weiteren Meilenstein erreicht und hat bereits begonnen, die meisten Branchen signifikant zu transformieren", stellt Lars Riegel, Partner bei der Unternehmensberatung Arthur D. Little, fest. Er erwartet nun vermehrt öffentliche und private Investitionen in KI, um Innovationen zu beschleunigen. In Deutschland könne KI-gestützte Arbeit die Produktivität jährlich um 0,8 bis 1,4 Prozent steigern. Mit LLMs (Large Language Models) könnten bereits heute 15 Prozent aller Arbeitsaufgaben schneller und bei gleicher Qualität erledigt werden. Dieser Anteil könnte zukünftig auf 56 Prozent anwachsen.

Sicherheit nicht vergessen

Auch das in dem Branchenmonitor im Sektor "Services & Applications" enthaltene Segment "Cyber Security" wächst stark. Hier wird ein Anstieg von 11 Milliarden Euro Umsatz (2023) auf 13 Milliarden bis 2025 prognostiziert .

"Sichere digitale Infrastrukturen sind die Grundlage für weiteres Wachstum der Internetwirtschaft, betont Prof. Dr. Norbert Pohlmann, eco Vorstand IT-Sicherheit. "Die IT-Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit von Netzen und IT-Diensten muss systematisch gestärkt und ausgebaut werden. Daher ist es wichtig, dass die Politik gemeinsam im Dialog mit Anwendern und Anbietern einen gemeinsamen Ansatz für mehr IT-Sicherheit verfolgt."

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