Die Erfolgsformel für den Einkauf

Einsparpotenziale systematisch aufspüren

04.07.2012

Hebelsystematik

2. Kritische Einordnung der Hebelsystematik

Der "reinen Lehre" folgend, empfehlen sich bestimmte Sparhebel für bestimmte Unternehmenssituationen. Eine gängige Systematik zur Kategorisierung von Beschaffungsgruppen ist die 2x2-Matrix. In ihr bildet eine Achse die strategische Bedeutung der Beschaffungsgruppe für das Unternehmen und die andere die Komplexität des Einkaufsmarktes ab.

Aufgrund der dargestellten Systematik wird häufig empfohlen, bei einer geringen Komplexität des Einkaufsmarkts die Hebel zur aggressiven Kostenoptimierung (also "Volumenkonzentration" und "Erweiterung des Lieferantenkreises") einzusetzen. Die "smarten" Hebel wie "Spezifikationsoptimierung" und "Optimierung der Supply Chain" hingegen sollen, wenn überhaupt, erst später angewendet werden.

Wer solchen Hinweisen folgt, verschenkt unter Umständen enorme Einsparpotenziale. Das sei am Beispiel eines Versicherungsunternehmens und seines Printbedarfs illustriert: Allein in Deutschland kamen für das Erstellen der Printprodukte der Versicherung Tausende von Druckereien als Lieferanten in Frage. Zudem boten zahlreiche Druckereien aus dem Ausland ihre Dienste an. Für die Versicherung hatte die Beschaffungsgruppe "Print" eine hohe strategische Bedeutung, weil das Geschäft weitgehend über gedruckte Versicherungsanträge, Broschüren und Flyer abgewickelt wird. Aufgrund der enorm hohen Zahl an Druckereien ist im Print-Bereich der Wettbewerb hoch und die Einkaufsmarktkomplexität daher gering. Also lag es aufgrund der oben dargelegten Systematik nahe, die Beschaffungsgruppe Print ausschließlich über das Ausnutzen der Einkaufsmacht (Volumenkonzentration und Erweiterung des Lieferantenkreises) zu optimieren. Im konkreten Projekt zeigte sich aber, dass sich mit den smarten Hebeln

- Spezifikationsoptimierung (zum Beispiel Harmonisierung der Papiersorten und -formate) sowie

- Optimierung der Supply Chain (zum Beispiel Vorverhandeln der Papierpreise, Optimierung der Print-Logistik und getrennter Einkauf von Druckvorstufe und Druck)

wesentlich höhere Einsparungen erzielen lassen. Bei einem schematischen Vorgehen gemäß der gängigen Systematik wären sie nicht oder erst in einem weiteren Schritt zum Einsatz gekommen.

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