Gezielte Streikmaßnahmen

"Flashmob" als Mittel des Arbeitskampfes zulässig

18.01.2010

Vom Grundgesetz geschützte Betätigungsfreiheit

Diese Rechtsansicht teilten die Richter des BAG jedoch nicht. Nach ihrer Ansicht war der Aufruf zur Flashmob-Aktion rechtmäßig. In ihrem Urteil wiesen die Richter zunächst darauf hin, dass sämtliche gewerkschaftliche Maßnahmen, die zur Durchsetzung tariflicher Ziele auf die Störung betriebliche Abläufe gerichtet sind, grundsätzlich unter die durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) geschützte Betätigungsfreiheit fallen. Die Betätigungsfreiheit umfasse auch die Wahl des jeweiligen Arbeitskampfmittels, solange dieses dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Insoweit seien die gewählten Arbeitskampfmittel letztlich nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Durchsetzung der erhobenen Forderungen offensichtlich ungeeignet, nicht erforderlich oder unangemessen sind.

Im Rahmen dessen sei bei der Abwägung vor allem zu berücksichtigen, ob es für die Arbeitgeberseite eine Verteidigungsmöglichkeit gibt. Gerade dies wurde von den Richtern des BAG bejaht. Nach ihrer Ansicht könne sich der Arbeitgeber gegenüber einer Flashmob-Aktion durch die Ausübung seines Hausrechts oder durch eine kurzfristige Betriebsschließung zur Wehr setzen. Daher sei eine solche Aktion nicht typischerweise mit einer Betriebsblockade gleichzusetzen (BAG, Urteil vom 22.09.2009, Az.: 1 AZR 972/08).

Damit haben die möglichen Streikmittel der Gewerkschaften eine erhebliche Ausweitung erhalten. Gerade solche Flashmob-Aktionen können einen Arbeitgeber sehr empfindlich treffen. Hierbei ist vor allem zu berücksichtigen, dass das von den Richtern des BAG herangezogene Argument der Verteidigungsmöglichkeit in der Praxis kaum durchführbar sein wird. Denn die Aussprache und die praktische Durchsetzung eines Hausverbots sind in Anbetracht der begrenzten Dauer der Aktion und der erheblichen Anzahl der Teilnehmer nur theoretisch möglich. Auch eine kurzfristige Schließung des Betriebs als Abwehrmittel dürfte in der Praxis kaum relevant werden, weil die Flashmob-Aktionen dem Arbeitgeber naturgemäß erst zu einem Zeitpunkt bekannt werden, wenn sie bereits im vollen Gange sind. Daher kann man sich im Vorfeld kaum durch eine vorsorgliche Schließung des Betriebs hiervor schützen. Immerhin können von solchen Flashmob-Aktionen nur solche Betriebe betroffen sein, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Das bedeutet, dass künftig vor allem der Einzelhandel oder die öffentlichen Verkehrsbetriebe mit solchen Aktionen konfrontiert werden. (oe)

Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt in Düsseldorf.

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