Für fünf Buchstaben vors Gericht

30.05.2007

Bescheidenheit ist keine Zier

Ein Zeugnis wirkt wie eine einzige Übertreibung. Oder anders ausgedrückt: Bescheidenheit ist in diesem Fall nicht angebracht. Aber genau das fällt vielen Zeugnisausstellern nicht leicht. Tim Böger, Geschäftsführer der Hamburger Karriere- und Vergütungsberatung PersonalMarkt, weiß: "Häufig sind vor allem Arbeitgeber in kleineren Betrieben überfordert beim Erstellen eines Arbeitszeugnisses - auch wenn sie gute Noten geben wollen." Heraus kommt das, was Experten ein "Laienzeugnis" oder "Dilettantenzeugnis" nennen - ein ohne böse Absicht, aber mit wenig Fachkunde erstelltes Zeugnis, das sich für den Mitarbeiter eher hinderlich als förderlich für den weiteren beruflichen Weg erweist.

Gefährlicher Trend zum Selberschreiben

Was in Konzernen eher eine Ausnahme ist, wird in vielen kleinen Firmen tagtäglich praktiziert: Mitarbeiter schreiben sich das Zeugnis gleich selbst. So auch Frank Murrmann. Als die Werbeagentur, bei der er eineinhalb Jahre Webkonzepte entwickelt hatte, einen Antrag auf Insolvenz stellte, gab es gleich eine Ansage an alle Mitarbeiter: "Schreibt schon einmal eure Arbeitszeugnisse". Frank Murrmann suchte sich aus dem Internet die besten Formulierungen zusammen. Das Ergebnis war eine dreieinhalbseitige Aneinanderreihung von Superlativen. Viel zu lang und absolut unglaubwürdig. Nach einem Jahr vergeblicher Jobsuche ließ er das Zeugnis prüfen. Das vernichtende Urteil: Ein Gefälligkeitszeugnis, frei nach Motto: Wenn wir euch schon kündigen müssen, dann wollen wir euch wenigsten keine Steine in den Weg legen. Das hat sein ehemaliger Arbeitgeber auch nicht getan. Wie ein meteoritengroßer Brocken lastet diese Zeugnis jetzt in seiner Bewerbungsmappe. Änderungen ausgeschlossen. Die Firma gibt es nicht mehr.

Änderungswünsche möglichst schnell anmelden

Wer Arbeitszeugnisse entschlüsseln will, muss die spezielle Sprache dieser Texte kennen und verstehen. Manchmal sind es nur kleine sprachliche Nuancen, die ein Arbeitszeugnis in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Für einen Laien sind sie kaum zu erkennen, dem neuen Arbeitgeber fallen sie jedoch sofort ins Auge. Deshalb gilt: Arbeitszeugnisse lesen und interpretieren ist Expertensache. Und Änderungswünsche sollten so schnell wie möglich beim Arbeitgeber angemeldet werden. Quelle: www.personalmarkt.de (mf)

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