Hilfe beim Stromvertrieb

05.04.2007
Auch derzeit werden noch Integrationsprojekte im deutlich sechsstelligen Umfang durchgeführt. Die Stadtwerke Leipzig haben sich für den "Websphere Business Integrator" von IBM entschieden, das Ganze wird beim HP-Partner Perdata gehostet.

Von Dr. Ronald Wiltscheck

Die gute halbe Million Euro, die die Stadtwerke Leipzig für den Umbau der eigenen IT-Infrastruktur ausgegeben haben, waren eine gute Investition. Denn als die Sachsen beschlossen, den selbst erzeugten Strom bundesweit zu vertreiben, haben sie den Bedarf der dafür notwendigen IT-Systeme unterschätzt.

Es ging dabei vor allem um die Automatisierung der Geschäftsprozesse "Angebot erstellen", "Vertrag ausarbeiten", "Lieferung des Stroms kontrollieren" und "Rechungen und Zahlungen verarbeiten". Bis 2005 hatten unterschiedliche IT-Systeme bei den Stadtwerken Leipzig diese Aufgaben erledigt. Natürlich agierten sie auch schon damals nicht unabhängig voneinander, sondern waren alle miteinander verbunden. Daraus resultierte wiederum eine große Zahl an individuellen Schnittstellen ("Spaghetti-Code").

Damit die oben erwähnten Geschäftsprozesse besser ineinandergreifen können, ohne die dahinterstehende IT zu komplex zu machen, kam die EDV-Abteilung bei den Stadtwerken Leipzig zu der Ansicht, dass man dafür eine Service-orientierte Architektur (SOA) benötigt. Nach einem drei Monate dauernden Evaluierungsprozess entschieden sich die Sachsen für die SOA-Technologie von IBM, genauer für den Websphere Business Integrator (WBI). Als Dienstleister, die diese Lösung bei den Stadtwerken Leipzig integrieren sollten, kamen die IBM-Tochter Sercon sowie die ebenfalls in Leipzig ansässigen Firmen Perdata und Procilon zum Zuge.

"Wir haben uns gegen namhafte Konkurrenten durchgesetzt", erinnert sich Ingmar Bergmann. Die Namen der Wettbewerber möchte der Sercon-Projektleiter aber nicht nennen. Es ist aber davon auszugehen, dass BEA Systems mit seinem Applikationsserver "Weblogic" mit von der Partie war, und bestimmt auch SAP, das seinem Kunden sicherlich "Netweaver" schmackhaft machen wollte.

Fünf statt 23 Schnittstellen

Den Ausschlag für die IBM-Lösung gab das Versprechen der beteiligten Partner, das gesamte Projekt innerhalb von nur fünf Monaten abzuwickeln. Dies erwies sich im Nachhinein als eine sehr ehrgeizige Vorgabe, denn immerhin galt es in dieser kurzen Zeit, 23 Schnittstellen zwischen den insgesamt sechs verschiedenen Anwendungen auf gerade mal fünf standardisierte Verbindungen einzudampfen (siehe auch Grafik: IT-Architektur).

Die Stadtwerke Leipzig sollten ein zentrales System erhalten, in dem alle zur Abwicklung der Geschäftsprozesse benötigten IT- Anwendungen zusammengefasst sind. Die Daten sollten problemlos von einer Anwendung zur anderen fließen - und das immer unter Einhaltung ihrer Konsistenz. Dafür sorgen spezielle Überwachungs- und Prüfwerkzeuge sowie Module zur sicheren Konvertierung und zum sicheren Transfer von Daten.

Nun können Mitarbeiter der Stadtwerke Leipzig ihre Prozessabläufe selbstständig definieren und gegebenenfalls den automatischen Workflow zulassen. Das heißt, für die Daten kommt es auf die Reihenfolge der zu besuchenden Anwendungen an: Energiedatenmanagement, Lieferantendatenbank, Vertriebslösung, Kundenservice-Modul und Abrechnungswerkzeug.

Zu diesem Zweck mussten Techniker von Sercon und Perdata die anzuschließenden Systeme teilweise massiv umbauen. Der damit verbundene Aufwand war in dieser Höhe gar nicht vorgesehen, doch mit dem entsprechenden Ressourceneinsatz beider Dienstleister konnte das Projekt in der vorgesehenen Zeit vollendet werden.

Selbstredend musste der Umbau der Fachanwendung ohne jegliche Beeinträchtigung ihrer Funktionsweise und unter Berücksichtigung der fachlichen Anforderungen des Kunden erfolgen. Die Inbetriebnahme des neuen Systems ging weitgehend reibungslos über die Bühne, es gab keine Stillstände, noch am Installationstag ging der Websphere Business Integration Server in Produktion.

Update auf neue Version

Derzeit wird die Websphere-Process-Server-6-Version bei den Stadtwerken Leipzig eingeführt - parallel mit dem Websphere Message Broker. Dabei setzt Sercon auf einen speziellen Adapter zu SAP-Systemen und zu weiteren "fremden" Webservices. Für den Zugriff auf Datenbanken ist eine JDBC-Schnittstelle (Java Database Connectivity) vorgesehen. Außerdem gibt es noch Übergänge zu Lotus-Notes-basierten E-Mail-Systemen.

Da die gesamte neue Software im Rechenzentrum von Perdata gehostet und betrieben wird, ist sichergestellt, dass gesammeltes Know-how in den kommenden Integrationsprojekten den Stadtwerken Leipzig weiterhin zur Verfügung stehen wird. "Für uns war dieses Projekt eine große Herausforderung. Mit dem erfolgreichen Abschluss haben wir unsere Leistungsfähigkeit in unterschiedlichen IT-Bereichen unter Beweis gestellt", zieht Ingo Schöbe, Bereichsleiter Entwicklung und Projektleiter von Perdata, seine persönliche Bilanz.

Dabei war Schöbe froh, mit Sercon einen erfahrenen Partner für sich und für seinen Kunden gewonnen zu haben. Es traf sich gut, dass auch die IBM-Tochter über ihre eigene Niederlassung in Leipzig verfügt. "Dadurch konnten wir lokal die notwendigen Serviceleistungen erbringen und schnell auf Kundenwünsche im Projekt reagieren", bestätigt Ingmar Bergmann, Projektverantwortlicher bei Sercon.

Den Überblick bewahren

Durch die Integration der heterogenen IT-Intrastrukur bei den Stadtwerken Leipzig (SAP, Individualsoftware, Lotus Notes) mittels des IBM WebSphere Business Integrator bekam der Kunde Werkzeuge in die Hand, mit denen sich der bundesweite Stromvertrieb effizient verwalten lässt.

Die Kommunikation mit den Vertriebspartnern, den Verteilnetzbetreibern und weiteren Stromlieferanten erfolgt nun weitgehend automatisiert.

Die Sachsen bleiben nun ständig auf dem Laufenden, was die von ihnen gelieferte Strommenge betrifft. Auch über die Zahlungsmoral ihrer Kunden werden sie nun zeitnah informiert. Umfangreiche Auswertungsmöglichkeiten helfen den Stadtwerken Leipzig, den Über- blick über die von ihnen erbrachten Leistungen zu bewahren.

Der Kunde zeigt sich mit dem Projektverlauf durchaus zufrieden. Sylva Lement, Projektleiterin bei den Stadtwerken Leipzig, verteilt das Lob gerecht: "Das gesamte Projektteam um Perdata, Sercon und Mitarbeiter aus unserem Haus hat in den vergangenen Monaten Enormes geleistet."

Außerdem ist die IBM-Integrationsplattform für die Zukunft gut gerüstet. Schließlich basiert sie auf modernen Standards wie XML oder Java, wodurch sich die neuen Services dorthin leicht integrieren lassen. Weitere Projekte mit ähnlichen Anforderungen sind bereits in der Pipeline. So ist etwa geplant, Websphere als Basis für das Reporting von Geschäftsprozesskennzahlen zu nutzen. Auch der Aufbau einer Portallösung zur prozessorientierten Präsentation von Geschäftsvorfällen wäre denkbar.

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