Neuausrichtung des Chip-Riesen

Intel kauft AI-Chip-Spezialisten für 2 Milliarden Dollar

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Mit der Übernahme des israelischen Unternehmens Habana Labs will Intel sein AI-Angebot für Rechenzentren ausbauen. Habana soll als unabhängige Business Unit weiterbestehen und vom bisherigen Management-Team geführt werden.

Intel hat angekündigt, dass es das in Israel ansässige Unternehmen Habana Labs für zwei Milliarden Dollar übernehmen wird. Der Hersteller programmierbarer Chips ist in Fachkreisen für Deep Learning Acceleratoren bekannt, die in Rechenzentren zum Einsatz kommen. Intel will damit sein AI-Portfolio ausbauen und sich umfassender im Markt für Chips für Künstliche Intelligenz positionieren.

Avigdor Willenz, Chairman bei Habana Labs, neben einem Rack, in dem das Artificial-Intelligence-Training-System HLS-1 Gaudi von Habana Labs läuft.
Avigdor Willenz, Chairman bei Habana Labs, neben einem Rack, in dem das Artificial-Intelligence-Training-System HLS-1 Gaudi von Habana Labs läuft.
Foto: Eyal Toueg/Intel

"Diese Übernahme bringt unsere AI-Strategie voran, in deren Rahmen wir Kunden Lösungen für jeden Performance-Bedarf anbieten wollen - vom intelligenten Edge (mit Movidius) bis zum Rechenzentrum" kommentiert Navin Shenoy, Enterprise Vice President und General Manager von Intels Data Platforms Group. Ihm zufolge erweitert Habana die bestehenden AI-Angebote von Intel um eine besonders leistungsfähige Familie an Prozessoren für AI-Trainingszwecke und eine standardbasierte Programmierumgebung.

Habana bietet mit den Produktfamilien "Gaudi" und "Goya" Prozessoren für AI und Maschinenlernen an. "Gaudi" wird derzeit von mehreren Hyperscalern erprobt und soll große Installationen für AI-Trainingszwecke um den Faktor vier beschleunigen. Der Goya-Prozessor wird schon regulär vertrieben.

Intels zahlreiche Baustellen

Eigenen Angaben zufolge erwirtschaftet Intel mit seinem AI-orientierten Hardware-Portfolio und seinen AI-Cloud-Angeboten derzeit bereits einen Jahresumsatz von 3,5 Milliarden Dollar. Allerdings gerät das Unternehmen durch die Mitbewerber Nvidia, AMD, Qualcomm und ARM in letzter Zeit immer stärker unter Druck und hat durch anhaltende Lieferprobleme bei Standard-CPUs auch zahlreiche OEM-Partner verärgert.

Mit den winzigen Movidius-Prozessoren hat Intel bereits ein AI-Angebot für Edge-Anwendungen. Habana Labs soll die KI-Angebote des Chip-Riesen für das Rechenzentrum stärken.
Mit den winzigen Movidius-Prozessoren hat Intel bereits ein AI-Angebot für Edge-Anwendungen. Habana Labs soll die KI-Angebote des Chip-Riesen für das Rechenzentrum stärken.
Foto: Intel

Mit der Ankündigung der Inbetriebnahme von Instanzen auf Basis des Graviton-2-Prozessors durch AWS hatte ARM erst kürzlich einen großen Erfolg bei seinem Bemühungen verbuchen könne, sich stärker als Anbieter im Rechenzentrumsbereich zu positionieren. Andererseits hat Qualcomm mit der Vorstellung der Prozessorreihen Snapdragon 8c, und Snapdragon 7c kürzlich Plattformen für Standard-PCs und -Notebooks präsentiert. Sie sollen zusammen mit den Connectivity-Chips des Herstellers in dünnen, lüfterlosen Geräten zum Einsatz kommen.

Da sich Intel durch den Verkauf des Geschäfts mit 5G-Modems an Apple Anfang Dezember aus dem Bereich zurückgezogen hat, bietet Qualcomm sich hier die Chance, mit einer Komplettlösung bei den Herstellern zu punkten. Die Übernahme von Habana Labs sieht das Intel-Management daher wohl auch als eine Art Befreiungsschlag und eine Stärkung margenstarker und zukunftsträchtiger Geschäftsfelder.

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