Prozess um "Vista Capable"-Logo

Microsoft, Vista und Intel – ein Mail-Drama

29.02.2008
Haben Microsoft und Intel das "Vista Capable"-Logo wieder besseren Wissens auf Rechner geklebt, um Intels Weihnachtsgeschäft 2006 zu retten? Eine Klage in Seattle bringt Erstaunliches zu Tage.

Von Wolfgang Leierseder

In einer Sammelklage von PC-Nutzern gegen Microsoft wegen des verführerischen "Vista Capable"-Logos anno 2006 belegen interne Mails von Microsoft-Managern, dass sich der Software-Riese der Problematik der Logos von Anfang an bewusst war. Aber Microsoft nahm das billigend in Kauf – auf Druck von Intel. Der Chip-Hersteller reagierte aber harsch auf das Bekanntwerden dieser Mails: Er bestritt die Kompetenz des Microsoft-Managers, der die interne Diskussion in Redmond offensichtlich in Gang gebracht hatte. Zur Klage selbst verweigerte Intel eine Stellungsnahme.

In der vor einem Gericht in Seattle anhängenden Klage gegen Microsoft könnten interne Mails von Managern des Konzerns zu Hauptbeweisestücken werden. Aus diesen Mails aber geht klar hervor: Die Microsoft-Manager waren sich der Unzulänglichkeiten ihres neuen Betriebssystem "Vista" von Anfang an genau bewusst.

Beispielsweise Steven Sinofsky, Vizepräsident des Unternehmens in der Windows-Abteilung. Er zeigte sich in einem Mail an Steve Ballmer erstaunt, dass nach Beginn der "Vista Capable"-Kampagne nicht mehr Beschwerden in Redmond eingegangen seien. Er könne aus eigener Erfahrung bestätigen, dass viele Benutzer mit der mangelnden Hardwareunterstützung von Vista zu kämpfen hatten.

Laut Sinofsky waren drei Umstände dafür verantwortlich: Erstens sei bis Ende 2006 niemand bei Microsoft davon ausgegangen, dass Vista jemals ausliefern würde. Infolge dessen hätten viele Hersteller ihre Treiberaktualisierung schleifen lassen und sehr spät damit begonnen.

Zweitens habe Micosoft bei dem Vista-Bau massive Änderungen in den Bereichen Audio und Video vorgenommen – auf Kosten der Windows XP-Kompatibilität. Drittens hätten viele Windows XP-Treiber unter Vista nicht mehr funktioniert.

Doch der eigentliche Schwerpunkt der Klage ist damit noch nicht erfasst. Er lautet: Hat Microsoft mit dem "Vista Capable"-Logo einen falschen Eindruck über die Fähigkeiten eines mit dem Logo beklebten Computers erweckt? Das machen Kläger geltend, die etwa eine PC bei WalMart- gekauft haben. Bestätigt werden diese Retail-Käufer zum Beispiel durch ein Mail des damaligen Managers Mike Ybarra an den damaligen Windows-Chef Jim Allchin: "Wir geben gegenüber Intel klein bei", beklagte er sich. Dass das "Vista Capable"-Logo überhaupt auf Intel-Rechner kam, ist offensichtlich auf Druck des Chip-Herstellers passiert.

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