Neue Standards bei Netzteilen

Bernhard Haluschak war bis Anfang 2019 Redakteur bei der IDG Business Media GmbH. Der Dipl. Ing. FH der Elektrotechnik / Informationsverarbeitung blickt auf langjährige Erfahrungen im Server-, Storage- und Netzwerk-Umfeld und im Bereich neuer Technologien zurück. Vor seiner Fachredakteurslaufbahn arbeitete er in Entwicklungslabors, in der Qualitätssicherung sowie als Laboringenieur in namhaften Unternehmen.
Mit der Einführung von PCI-Express haben sich die Stromanschlüsse auf Mainboards und Grafikkarten erneut geändert. Wir erläutern die aktuellen Netzteilstandards für PCs und Server und was Sie beim Kauf beachten müssen - Teil 1.

Von Bernhard Haluschak, tecChannel.de

Bei der Assemblierung eines PC-Systems oder Servers spielt die Wahl des richtigen Netzteils eine entscheidende Rolle. Zu den wichtigsten Auswahlkriterien zählt der Formfaktor. Doch allein der Formfaktor garantiert noch lange nicht, dass das Netzteil alle gewünschten Anschlüsse parat hält. Die Hersteller der Netzteile haben trotz Spezifikationen einen Spielraum, den sie aus Kostengründen auch ausnutzen.

ATX12V ist ein empfohlenes Netzteilformat für Desktop-PCs. Die Spezifikation liegt aktuell in der Version 2.01 vor. Das entsprechende Pendant für Server- und Workstation-Anwendungen heißt EPS12V und trägt die Versionsnummer 1.0. Aber die Benennung des Formfaktors ist noch kein Garant für das "richtige" Netzteil. Denn die Spezifikation legt nur fest, welche Stecker zwingend vorhanden sein müssen. Sonderformen von Steckern, die Anzahl sowie optionale Stecker bleiben den Herstellern überlassen. Zusätzlich können die Netzteilproduzenten die Leistung des Netzteils selbst festlegen, denn die Spezifikationen regeln nur bestimmte ausgewählte elektrische und mechanische Parameter für die Geräte fest.

Netzteilformfaktoren im Überblick

Unter Federführung von Intel sind alle relevanten Formfaktoren rund um Desktop-PCs auf der Formfactors.org-Website (www. formfactors.org) zusammengefasst. Neben Mainboard- oder Netzteilspezifikationen stehen den Geräteentwicklern dort Richtlinien für System-Designs zur Verfügung. Wie der Name suggeriert, beschreibt die Namensgebung des Formfaktors in erster Linie die mechanischen Abmessungen. Mit dem entsprechenden Formfaktor und dem damit verbundenen Einsatzgebiet sind dann die elektrischen Parameter verknüpft.

Die Server System Infrastructure (www.ssiforum.org) (SSI) besteht aus führenden Firmen der IT-Industrie, wie Intel, Dell, HP, IBM und Silicon Graphics. Der Schwerpunkt dieser Interessengemeinschaft liegt in der Standardisierung von Interfaces zwischen Komponenten wie Mainboards, Gehäusen und Spannungsversorgungen im Server- und Workstation-Umfeld.

Die ATX- und EPS-Spezifikationen sind für die Netzteilhersteller Richtlinien, aber keine Verpflichtungen. Somit bieten sie genügend Spielraum für die unterschiedliche Konfiguration der Energielieferanten. Zum Beispiel können die Hersteller die Anzahl und die Art der Stecker sowie die maximale Leistung des Netzteils selbst bestimmen. Eine zusätzliche Erschwernis für den Käufer sind die unterschiedlichen und nicht eindeutigen Bezeichnungen der Netzteile. So kann ein ATX12V-Netzteil zwar mit dem 2x2-poligen 12V-Stecker ausgestattet sein, aber nur über einen 2x10-poligen und nicht über einen 2x12-poligen Hauptstromstecker verfügen.

Mainboard- Power-Stecker 20-polig

Bisher versorgte ein 20-poliger Stecker ein Mainboard mit Energie. Doch mit steigendem Leistungshunger der Mainboard-Komponenten erhöhte sich stetig der Strombedarf über diesen Power-Stecker. Um auch weiterhin eine stabile Stromversorgung zu gewährleisten musste das Formfactors.org-Gremium schließlich einen neuen 24-poligen Power-Connector entwickeln und die Spezifikationen in der Version 2.0 (Februar 2003) dementsprechend ändern.

Mainboard- Power-Stecker 24-polig

Zum bisher 20-poligen Hauptstromstecker sind vier neue Leitungen hinzugekommen. Dazu zählen eine 12V, 5V und 3,3V sowie eine Masseleitung. Diese sollen das Stromdefizit aktueller Mainboards beheben und zusätzlich genügend Reserven für zukünftige Entwicklungen liefern. Neu ist diese Steckerausführung nicht, denn die im Server-Umfeld angesiedelten EPS-Netzteile verwenden diesen von der SSI spezifizierten Stromanschluss standardmäßig.

Add-on-Stecker: ATX-Auxiliary

Neben dem Hauptstromversorgungsstecker und den Peripherie-Steckern bieten die verschiedenen Spezifikationen weitere Stromversorgungsstecker für die Hauptplatine an. Dabei unterstützen sie nur bestimmte Funktionsgruppen bei der Stromversorgung. Seit der Einführung der ATX-Spezifikation gehört der ATX-Auxiliary-Power-Stecker dazu.

Der Auxiliary-Stecker stellt zwei zusätzliche +3,3V- und eine +5V-Leitung für die Stromversorgung zur Verfügung. Die ATX-Spezifikation 2.1 schreibt vor, dass Mainboards, die eine Stromaufnahme auf der 3,3V-Leitung über 18A oder auf der 5V-Leitung über 30A haben, über diesen zusätzlichen AUX-Stecker gespeist werden sollen. Mit der ATX-Spezifikation 2.2 beziehungsweise dem ATX12V Power Supply Design Guide 2.0 ersetzten die Netzteilentwickler den AUX-Stecker und implementierten die Leitungen in den Hauptstromversorgungsstecker. Dieser verfügt statt über 20 jetzt über 24 Leitungen. Das Pin-out entspricht den bereits bekannten SSI-Spezifikationen.

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