Tipps für Coachs und Berater

Online-Marketing: Strategie statt Heilsbringer



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Eine Online-Marketing-Strategie entwickeln

Nun kann ein Berater aber nicht bei allen potenziellen Begriffen, die Personen (oder Organisationen) in Suchmaschinen eingeben, auf den ersten Trefferseiten stehen. Also bedarf es einer sauberen Ana-lyse:

  • Was sind die zentralen Begriffe, mit denen meine Zielkunden nach meinen Leistungen im Netz su-chen?

  • Bei welchen Suchbegriffen muss ich in den angezeigten Trefferlisten weit vorne stehen (Begriffe der 1. Kategorie) und bei welchen wäre dies schön (Begriffe der 2. und 3. Kategorie)? Und:

  • Bei welchen Suchbegriffen habe ich eine realistische Chance, dass meine Webseite aufgrund ihrer Konzeption vorne steht und bei welchen muss ich Umwege gehen?

Diese Basisarbeit muss jeder Berater heute erledigen, der eine Marketingstrategie für sein Unternehmen entwickeln möchte. Denn hierauf aufbauend kann er zum Beispiel entscheiden:

  • Wie sollte meine Webseite konzipiert sein, damit sie bezogen auf die Begriffe "…" und "…" möglichst weit vorne angezeigt wird? Und:

  • Auf welche Begriffe sollte ich ausgehend von dem Ziel "Gefunden werden" die (Quell-)Texte meiner Webseite optimieren?

Hierauf aufbauend kann er auch Folgeentscheidungen treffen wie:

  • Bezogen auf welche Begriffe sollte ich AdWords-Anzeigen schalten, weil ich es mit meiner Webseite selbst (mittelfristig) nicht schaffe, bei Suchabfragen mit Google & Co vorne zu stehen? Des Weiteren:

  • Zu welchen Themen sollte ich eine Online-Pressearbeit betreiben, damit meine Zielkunden bei Suchabfragen, wenn nicht direkt, dann doch über Artikel oder Pressemitteilungen vor mir auf meine Webseite stoßen?

Ausgehend vom übergeordneten Ziel "im Netz gefunden werden", kann der Berater auch entscheiden:

  • Sollte ich als unterstützendes Element noch einen Blog in meine Webseite integrieren oder Videos auf YouTube stellen oder kann ich hierauf verzichten? Und:

  • Sollte ich mich noch in den Social Media engagieren, um die Zugriffszahlen auf meine Webseite zu erhöhen?

Saubere Analyse hilft Zeit und Geld sparen

All diese Fragen sollten Berater sauber analysieren, bevor sie aktiv werden. Denn das Moderieren von Foren in Social Media und das Betreiben eines Blogs frisst viel Zeit. Und sind solche Aktivitäten nicht in eine schlüssige Strategie eingebunden, ist schnell viel Zeit (und Geld) verschwendet. Hierfür zwei Beispiele.

Beispiel 1: Bei Berater-Webseiten stellt man oft fest, dass diese kaum Traffic, also Besucher, haben. Trotzdem ist in die Webseite ein Blog integriert, den der Berater regelmäßig mit Inhalten füllt. Dann fragt man sich: Wozu? Denn offensichtlich hat der Berater hiermit sein Ziel, die Besucherzahlen seiner Webseite zu erhöhen, nicht erreicht. Also könnte er den Blog auch einstellen und seine Zeit für andere Dinge verwenden.

Beispiel 2: Auf YouTube und den Webseiten vieler Berater (die gerne auch "Speaker" wären) stehen inzwischen massenweise (Werbe-)Videos, die in letzten ein, zwei Jahren nur 100 oder 200 Mal aufgerufen wurden. Auch hier stellt sich die Frage: Was hat der Berater davon - außer dass er sich selbst stolz die Videos anschauen kann?

Ein Grundproblem, mit dem Berater beim Formulieren einer (Online-)Marketingstrategie kämpfen, ist: Das Netz ist selbst ein System. Deshalb kommt man mit Einzelmaßnahmen nicht weit. Vielmehr bedarf es einer Strategie, die die Einzelmaßnahmen verzahnt.

Die Einzelmaßnahmen verzahnen

Hierfür ein Beispiel. Angenommen ein Berater ist auf das Thema Projektmanagement spezialisiert, und er optimiert seine Webseite auf die passenden Suchbegriffe. Dann erreicht er hiermit maximal, dass seine Webseite in den Google-Trefferlisten auf Seite 10 oder 8 angezeigt wird. Weiter nach vorne kommt er nicht, solange kaum Links von anderen Webseiten auf seine Webseite verweisen. Denn für Google ist die Zahl und Qualität der verweisenden Links ein zentraler Indikator für die Bedeutung einer Webseite. Also sollte sich der Berater parallel zum Thema SEO mit dem Thema Linkaufbau zum Beispiel durch Online-Pressearbeit befassen.

Angenommen nun den umgekehrten Fall: Auf die Webseite eines Beraters verweisen bereits viele Links, aber deren (Quell-)Texte sind nicht auf klar definierte Suchbegriffe optimiert. Dann kann der Berater zum Beispiel durch Online-Artikel und -Videos noch so viele Links aufbauen. Auch dies führt maximal dazu, dass seine Webseite bei Suchabfragen auf Seite 10 oder 8 angezeigt wird. Denn der Berater hat die für eine Top-Platzierung erforderliche Basisarbeit nicht erledigt: nämlich die Webseite selbst für Suchmaschinen zu optimieren.

Ziel: nicht viele Besucher, sondern viele Anfragen

Ein prozesshaftes Denken im Bereich (Online-)Marketing ist auch nötig, weil Noch-nicht-Kunden, wenn sie einen Berater im Netz gefunden haben, diesen nur sehr selten sofort kontaktieren. Sie studieren vielmehr zunächst dessen Webseite. Und wenn sie danach das Gefühl haben, das könnte ein potenzieller Unterstützer sein? Dann geben sie dessen Namen - ebenso wie die der anderen drei, vier Kandidaten - selbst als Suchbegriff bei Google & Co ein. Werden dann keine inhaltlichen Treffer angezeigt, wie zum Beispiel Verweise auf Artikel, die der Berater schrieb, oder Vorträge, die er hielt, dann hat der Besucher schnell das Gefühl: Dieser Berater hat keine große Bedeutung im Markt. Also kontaktiert er einen Mitbewerber, bei dem er aufgrund der angezeigten Treffer den Eindruck hat: Das scheint ein echter "Spezialist für …" zu sein.

Auch solche Faktoren gilt es beim Entwickeln einer Online-Marketingstrategie zu bedenken. Sonst weist die Webseite des Beraters am Schluss zwar viele Besucher auf, doch leider treffen bei ihm keine Anfragen ein, weil die Besucher schnell wieder verschwinden.

Weitere Informationen: Bernhard Kuntz ist Inhaber der (Online-)Marketing- und PR-Agentur Die PRofilBerater GmbH, Darmstadt (D). Anfang November erschien im Verlag managerSeminare die 4., völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage seines Buchs "Die Katze im Sack verkaufen: Wie Sie Bildung und Beratung mit System vermarkten - offline und online".
Kontakt: www.die-profilberater.de

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