Verfassungsbeschwerde erfolgreich

Sicherheitsleistung – wann unbillige Härte vorliegt

16.11.2009

Wirtschaftliche Zumutbarkeit

Die gesetzliche Möglichkeit, wonach die Anordnung einer Sicherheitsleistung auch zu unterbleiben hat, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen eine unbillige Härte für ihn bedeuten würde, etwa weil der Steuerpflichtige auch im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten, hat das Finanzamt in der Entscheidung unter Verkennung der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) versagt. Statt der Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit einer Sicherheitsleistung für die Beschwerdeführerin durch entsprechende Aufklärung und substantiierte Auseinandersetzung mit den vorliegenden Erkenntnissen im Einzelnen nachzugehen, hat sich das Finanzgericht auf die abstrakte rechtliche Erwägung zurückgezogen, dass von einer Sicherheitsleistung dann nicht abzusehen sei, wenn es um Steuerforderungen gehe, die laufend entstünden, weil das steuerpflichtige Unternehmen dann laufende Erlöse zurückhalten und diese als Sicherheitsleistung zur Verfügung stellen könne. Das Finanzgericht nimmt damit in Kauf, dass dem Steuerschuldner die Aussetzung der Vollziehung einer Steuerforderung trotz ernstlicher Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit nur gegen die Leistung einer Sicherheit gewährt wird, selbst wenn deren Aufbringung mit einer unbilligen Härte für ihn verbunden wäre.

Dass in Fällen einer aus laufend vereinnahmten Steuern resultierenden Steuerschuld die Leistung einer Sicherheit, wie das Finanzgericht offenbar meint, nie zu einer unbilligen Härte für den Steuerschuldner führen könne, ist nicht erkennbar und vom Finanzgericht auch nicht

tragfähig begründet. Insbesondere setzt es sich nicht mit dem nahe liegenden allgemeinen Einwand auseinander, dass ein Unternehmer die laufend und künftig vereinnahmte Umsatzsteuer schon deshalb nicht als Sicherheitsleistung für alte Steuerschulden nutzbar machen kann, weil er diese Gelder ihrerseits als Steuern abführen muss.

Diese Sichtweise des Finanzgerichts schränkt die dem Steuerpflichtigen vom Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes unzumutbar ein. Die Entscheidung hat zur Folge, dass bei fortlaufend veranlagten und festgesetzten Steuern wie Lohn- und Umsatzsteuer zugunsten des Steuerpflichtigen unabhängig von seinen individuellen wirtschaftlichen Verhältnissen in aller Regel nicht von einer Sicherheitsleistung abgesehen werden kann. Vielmehr wird von diesem Steuerpflichtigen verlangt, sich die entsprechenden Mittel aus den laufenden Einnahmen - hier also der laufend vereinnahmten Umsatzsteuer - zu verschaffen.

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