Siemens-Betriebsrat befürchtet langfristig Verlust von 74.000 Siemens-Arbeitsplätzen

26.04.2004
Riesenzoff bei Siemens: Der Gesamtbetriebsrat des Münchner Elektronikkonzerns Siemens (rechts die Münchener Zentrale) hat der Konzernspitze in einem Positionspapier vorgeworfen, sie würde mit geplanten Verlagerungen von Arbeitsplätzen ins Ausland langfristig 74.000 Stellen in Deutschland vernichten.

Riesenzoff bei Siemens: Der Gesamtbetriebsrat des Münchner Elektronikkonzerns Siemens (rechts die Münchener Zentrale) hat der Konzernspitze in einem Positionspapier vorgeworfen, sie würde mit geplanten Verlagerungen von Arbeitsplätzen ins Ausland langfristig 74.000 Stellen in Deutschland vernichten.

"Reine Panikmache" antwortete ein Sprecher des Unternehmens, das allein in Deutschland rund 170.000 Mitarbeiter zählt. Maximal 5.000 Stellen würden in Deutschland gestrichen, und davon seien 2.500 Stellen zu retten, wenn sich der Betriebsrats konzessionsbereit bei der Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zeige.

Die spektakuläre Hochrechnung des Betriebsrates entstand aufgrund von Plänen der Sie-mens-Führung, sie werde mittels des Programms "Siemens Management System" (SMS) generell Arbeitsplätze dorthin verlagern, wo die jeweilige Arbeitsleistung in ei-nem Markt dem dort erzielten Umsatz angeglichen werden kann. Beispielsweise nach China, um Handys für den Markt zu produzieren.

Die Folgerung des Betriebsrates lautet deshalb: "In Deutschland beschäftigt Siemens zurzeit 170.000, d.h. 41 Prozent, der weltweit 417.000 Mitarbeiter. Dem steht ein Umsatzanteil von 23 Prozent gegenüber. Eine konsequente Umsetzung des "Anpassungsziels" würde für Deutschland einen Abbau der Be-legschaft um 74.000 Mitarbeiter bedeuten." Ferner spreche Siemens in seinem Arbeitspapier von einer "weltweiten Optimierung der Wertschöpfung". Das stellt nach Ansicht des Betriebsrates eine Abwanderung in Niedriglohnländer dar - laut Gesamtbetriebsratschef Ralf Heckmann ein schlecht kaschierte Umschreibung dafür, Siemens "zu zerlegen und in alle Winde zu zerstreuen". Es handele sich bei den Siemens-überlegungen um ein "Arbeitsplatzvernichtungsprogramm für Deutschland".

Siemens sieht das anders. Es bleibe dabei, dass allein rund 5000 Stellen in Deutschland auf dem Prüfstand stehen, davon 2.000 Arbeitsplätze in der Handy-Produktion sowie weitere Stellen im Unternehmensbereich ICN. Dass die Hälfte der betroffenen Arbeitsplätze sich durch längere und flexiblere Arbeitszeiten erhalten liese, sei dem Betriebsrat bekannt - nun sei es an ihm, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden mitzutragen. Dafür seien auch die derzeit laufenden Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern da.

Blickt man auf die Beschäftigungszahlen bei Siemens Deutschland, fällt auf, dass sie binnen zehn Jahren um nicht ganz 70.000 Arbeitnehmer abgenommen hat. Dagegen kletterte die Zahl der Beschäftigten im Ausland von 153.000 auf 247.000. Unternehmenseigenen Angaben zufolge erwirtschaftet der Siemens-Konzern im letzten Jahr rund 80 Prozent des Umsatzes im Ausland. (wl)

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