Lücken aufzeigen, Kurs vorgeben

So entwickeln Sie tragfähige Strategien



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Cluster bilden

Die SWOT-Elemente werden aufgrund der Nähe ihrer Werte (ähnliche Themen, ineinandergreifende Entwicklungen) zu Clustern gruppiert und nummeriert. Sie bilden die Grundlage für das Ableiten der strategischen Herausforderungen. Von jedem Quadranten werden aus den Clustern die strategischen Schlüssel- oder Hauptherausforderungen abgeleitet.

Es empfiehlt sich, zu Beginn je Feld höchstens drei bis vier Herausforderungen festzulegen. Folglich werden die Herausforderungen insgesamt neun bis zwölf Positionen umfassen.

Die Hauptherausforderungen werden weiter diskutiert und präzisiert. Sie müssen in knapper Form charakterisiert und klar beschrieben werden. Die Hauptherausforderungen können nun systematisch mit den strategischen Optionen des Unternehmens abgeglichen werden. Dieser Abgleich zeigt über-sichtlich auf, welche strategischen Herausforderungen durch die Strategie nicht oder ungenügend abgedeckt sind. Bestehen Lücken, müssen diese geschlossen werden. Das heißt, es sind weitere strategische Optionen auszuarbeiten, um sämtlichen Herausforderungen zu begegnen.

Es kann aber auch sein, dass strategische Stoßrichtungen erarbeitet wurden, denen keine entsprechenden strategischen Herausforderungen zugrunde liegen. In diesem Fall ist zu überlegen, ob die entsprechenden Initiativen strategisch relevant sind oder ob sie fallen gelassen werden können.

Anwendung im Managementalltag

Das Beispiel einer SWOT-GAP-Analyse in Abbildung 3 zeigt, dass in der Strategie des börsennotierten Unternehmens die Hauptherausforderungen Nr. 2, 3 und 6 in nicht genügend klar oder gar nicht berücksichtigt sind. Und für die strategische Option Nr. 7 fehlt eine Grundlage in der SWOT-Analyse. Aus diesen Erkenntnissen kann das Unternehmen ableiten, wo es den Hebel ansetzen sollte, um zu einer robusten und tragfähigen Strategie zu gelangen.

Im Unternehmens- und Managementalltag kann die SWOT-GAP-Analyse zum Bewältigten verschiedener Herausforderungen genutzt werden. Die Wichtigsten seien hier genannt.

1. Plausibilitätscheck im Strategieentwicklungsprozess.

Nach dem Erstellen der SWOT und dem Erarbeiten der strategischen Optionen werden diese abgeglichen. So lässt sich sicherstellen, dass alle Herausforderungen mit Optionen angegangen wurden, bevor diese weiter zu einer Strategie ausgearbeitet und die Maßnahmen für die Umsetzung definiert werden. Zudem können so Optionen frühzeitig ausgeschieden werden, die strategisch nicht relevant sind.

2. Abgleich bestehender Strategien.

Die aus der SWOT abgeleiteten Hauptherausforderungen werden mit den Hauptstoßrichtungen der Unternehmensstrategie abgeglichen. Von strategischen Lücken spricht man, wenn eine Herausforderung von keiner strategischen Stoßrichtung abgedeckt oder angegangen wird, oder wenn eine strategische Stoßrichtung ohne Beziehung zu einer Herausforderung festgelegt wurde. Bei börsennotierten Unternehmen vermittelt oft bereits der Abgleich der Unternehmensstrategie, wie sie im Geschäftsbericht steht, mit einer SWOT aus einem Analystenbericht, einen ersten Eindruck über die Robustheit der Strategie.

3. Ableiten von Sofortmaßnahmen

Ein einfacher, halbtägiger Top-Management-Workshop erlaubt es, eine SWOT übers Kreuz anzuordnen und aus dem Vierfelder-Diagramm die Hauptherausforderungen abzuleiten. Für diese können dann unmittelbar konkrete Maßnahmen definiert werden.

Ignaz Furger ist Inhaber des Beratungsunternehmens Furger und Partner AG Strategieentwicklung, Zürich, und Anbieter des Programms "Das praktische Strategieseminar", in dem Mitarbeiter von Unternehmen im strategischem Denken und Handeln trainiert werden (Internet: www.furger-partner.com: Email: furger@furger-partner.ch). Er ist Autor des Ende 2013 erschienenen Hand- und Arbeitsbuchs "Leitfaden Strategie", das den Mitarbeitern und Entscheidern in Unternehmen eine praktische Anleitung für das eigenständige Entwickeln und Umsetzen von Unternehmensstrategien gibt.

Nähere Infos: www.strategieleitfaden.ch.

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