Den Innendienst für das aktive Verkaufen qualifizieren und motivieren
Die Vertriebsinnendienste vieler Hersteller von Investitionsgütern verstehen sich - im Gegensatz zu den Außendienstmitarbeitern - kaum als Verkäufer. Ihre Mentalität entspricht häufig eher der von Verwaltern, die die eingehenden Aufträge und Kundenanfragen verbuchen und der Reihe nach abarbeiten. Entsprechend reaktiv ist ihr Verhalten bei Kundenanfragen - sei es per Telefon oder Mail. Sie erkunden nur selten: Welches weitere Potenzial hat der (potenzielle) Kunde und welche Chance haben wir, den Auftrag zu erlangen?
Der Prozess "eingehende Anfragen" sollte mit den Innendienstmitarbeitern durchdacht und trainiert werden. Dadurch kann die Spreu vom Weizen getrennt und die Angebotshitrate erhöht werden, oder es können Potenziale für Zusatzverkäufe, Cross Selling und Folgegeschäfte systematisch genutzt werden.
- Aus Kontakten Kontrakte machen
Viele Unternehmen knüpfen zahlreiche Kontakte zu potenziellen Kunden. Doch leider erkalten die lauwarmen Kontakte schnell wieder – unter anderem, weil sie nicht systematisch gepflegt werden. Nachfolgend einige Tipps von Beraterin und Autorin Barbara Liebermeister, wie der Beziehungsaufbau zu Personen, aber auch Organisationen gelingt. - 1. Achtsam sein
Für fast alle Menschen gilt: Sie ticken nicht so rational, wie sie sich gebärden. Sie haben auch Wünsche und Bedürfnisse, Ängste und Befürchtungen, die sie zumindest verbal nicht artikulieren. Trotzdem beeinflussen sie ihre Entscheidung "Mit dieser Person oder Organisation gehe ich eine (Geschäfts-)Beziehung ein".<br><br> Entsprechend achtsam sollten Verkäufer, (Kunden-)Berater und Key-Accounter im Kontakt mit (potenziellen) Kunden sein. Sie sollten all ihre Antennen ausfahren, um zu registrieren: Was signalisiert mir mein Gegenüber zum Beispiel durch seine Körpersprache, Mimik und Gestik? Was verrät er mir seine Wortwahl über seine Motive? Und was sagt er mir aufgrund seiner Betonung und Sprechweise durch die Blume? - 3. Persönlichkeit zeigen
Für viele Verkäufer, Kundenberater und -betreuer gilt: Sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Weniger weil ihnen ihr Arbeitgeber ein Dresscode vorgab, sondern weil sie meist ähnliche, wenn nicht gar dieselben Schulungen durchlaufen haben. Also stellen sie dieselben Fragen. <br><br> Versuchen Sie sich von solchen 08/15-Verkäufern abzuheben – weniger durch Äußerlichkeiten, als dadurch, wie Sie sich verhalten. Zum Beispiel, indem Sie für den Kunden überraschende Fragen stellen. Oder indem Sie ihm, nachdem er eine Frage stellte, erst mal drei, vier Sekunden in die Augen schauen und schweigen. - 5. Großzügig sein
Mit "Erbsenzählern" und "Pfennigfuchsern" arbeitet fast niemand gern zusammen – schon gar nicht längerfristig auf der Basis von Kontrakten. Versuchen Sie sich deshalb im Kundenkontakt als großzügiger und unkomplizierter Partner zu profilieren, mit dem man gerne kooperiert. Zum Beispiel, indem Sie im Gespräch nicht die Probleme betonen, die gewisse Lösungen mit sich bringen – denn Probleme hat der Kunde genug; des Weiteren indem Sie nicht auf dem Mehraufwand "herumreiten", den das Erfüllen gewisser Kundenwünsche erfordert. - 6. Verbindlich und zuverlässig sein
Die meisten Entscheidungsträger in Unternehmen haben Kontakt mit vielen Personen. Entsprechend schnell geraten Einzelpersonen in Vergessenheit. Deshalb sollten Sie sich etwa 72 Stunden, nachdem Sie eine Person – zum Beispiel auf einem Kongress oder Empfang – kennengelernt haben, bei dieser in Erinnerung bringen. Beispielsweise mit einer Mail oder einem Telefonat. Früher wirkt schnell zu engagiert. - 7. Geduldig und gelassen sein
In Organisationen dauert es oft lange, bis Investitionsentscheidungen getroffen werden – zum Beispiel, weil an der Entscheidung mehrere Personen beteiligt sind. Oder weil erst die Budgets freigegeben werden müssen. Oder weil die Organisation vertraglich noch an einen anderen Lieferanten gebunden ist.<br><br> Das wissen erfahrene Verkäufer. Entsprechend gelassen reagieren sie, wenn ein (potenzieller) Kunde ihnen nicht gleich bei den ersten Treffen einen Auftrag erteilt. Sie wissen aber auch: "Ich muss am Ball bleiben, damit der Kontakt nicht erkaltet." Also bringen sie sich bei ihren Zielkunden regelmäßig in Erinnerung.
Angenommen ein Unternehmen interessiert sich für eine Pumpe. Dann fragt ein fitter Verkäufer im Innendienst eines Komplettanbieters nach, welche Armaturen dazu benötigt werden und ob die Pumpe mit einer Drehzahlregelung zur Reduzierung der Energie- und Verschleißkosten und zum Erhöhen des Wirkungsgrads und der Verfügbarkeit ausgerüstet werden soll. Außerdem fragt er, wie das innerbetriebliche Instandhaltungskonzept des Kunden aussieht und welche Art von Servicevertrag und welche Servicedienstleistungen von Interesse sind.
Ein geschulter und motivierter Vertriebsinnendienst nutzt Gesprächspartner-orientiert alle Möglichkeiten des Zusatzverkaufs und Cross Selling. Er erfragt für seine Partner im Außendienst weitere Auftragspotenziale beim Kunden sowie die Auftragschancen und den Entscheidungsprozess samt Buying-Center. Damit verschafft er den Außendienstkollegen wertvolle Zeit für eine offensive Neukundenakquisition.
Faktoren der Kaufentscheidung oft unklar
Da dies in der Praxis oft nicht geschieht, können die Innendienstmitarbeiter häufig weder einschätzen, welches Potenzial ein Interessent hat, noch welche Chance ihr Unternehmen hat, den Auftrag zu erlangen. Unklar ist ihnen auch, welche Faktoren für seine Kaufentscheidung ausschlaggebend sind. Folglich können sie ihre Angebote auch nicht so kundennutzen-orientiert formulieren, dass der Kunde mit einer hohen Wahrscheinlichkeit kauft. In der Regel gleichen ihre Angebotsschreiben einer standardisierten bepreisten Materialauflistung. Das senkt die Angebotshitrate.
Ein professionelles Angebotsmanagement setzt voraus, dass die Anfragen qualifiziert wurden. Braucht der Kunde nur eine Preisinformation oder ein Richtpreis- beziehungsweise Budgetangebot oder ein Verkaufsangebot, weil er morgen etwas bestellen möchte? Das heißt, die Vertriebsmitarbeiter im Innen- und Außendienst müssen wissen, bei welchen Anfragen sich ein Engagement lohnt - aufgrund des Potenzials des Kunden und der Auftragschance. Wissen sie dies nicht, investieren sie viel Zeit in Anfragen, bei denen keine realistische Auftragschance besteht. Die Folge: Für eine konsequente Angebotsnachverfolgung bei den Kunden, bei denen sich ein Engagement wirklich lohnen würde, haben sie kaum noch Zeit.
Oft ist die Angebotshitrate auch schlecht, weil nicht durchdacht ist, ob, wann, wie und durch wen Angebote nachgefasst werden. Definierte Standards und ausgereifte Wiedervorlage- sowie Offer-Tracking-Systeme fehlen entweder oder werden nicht professionell genutzt. Einfache Verkaufstools wie Muster für Nachfassbriefe sowie Leitfäden und Checklisten für entsprechende Telefonate fehlen ebenfalls oder sind nicht auf dem neuesten Stand.