Unsichtbare Lautsprecher

11.10.2001
Mit dem Siesonic-System will Siemens Lautsprecher unsichtbar im Wohnraum integrieren. Dank neuartiger Technik lassen sich die Schallquellen in Regaltüren und Bildern "verstecken."

Dolby Surround beim Fernsehen oder bei der DVD-Wiedergabe ist inzwischen Stand der Technik. Leider sind für diesen Hörgenuss mehrere Lautsprecher erforderlich. Auch nutzen immer mehr Spiele die Fähigkeiten von mehreren Lautsprechersystemen um ein räumliches Klangbild zu erzeugen.. Viele höherwertige Soundkarten bieten deshalb auch die Möglichkeit sechs Lautsprecher gleichzeitig anzuschließen und zu betreiben. "5+1" heißt dieses System. Dabei müssen fünf Lautsprecher für den Richtungseindruck und ein Subwoofer für die tiefen Töne rund um den Computer oder den Fernseher im Raum verteilt werden. Einzig der Tiefton-Lautsprecher lässt sich irgendwo unter dem Tisch oder hinter der Couch verstecken. Da das menschliche Ohr tiefe Töne nicht orten kann, hat das keine Auswirkungen auf den Ortungseffekt. Doch um ein dreidimensionales Klangbild zu zaubern, sind immer noch fünf weitere Lautsprecher notwendig, die nicht versteckt werden dürfen. Dabei sollten drei Lautsprecher vor dem Anwender und zwei hinter dem Betrachter ungefähr in Kopfhöhe positioniert sein. Die drei Frontlautsprecher lassen sich meist recht einfach in einem Regal, wo auch der Fernseher steht, unterbringen. Abgesehen von der Verkabelung sind Lautsprecher mitten im Raum oder an der Wand auch nicht gerade ein toller Anblick.

Mit Siesonic werden Lautsprecher unsichtbar

Siemens hat nun eine interessante Alternative zu herkömmlichen Lautsprechern auf den Markt gebracht. Die Lautsprecher sind jetzt unsichtbar in Regaltüren oder in Bildern integriert. Oder genauer gesagt: Das Bild oder die Regaltür selber ist der Lautsprecher. Der Lautsprecher besteht aus einer weißen Kunststofffläche hinter der eine oder mehrere Schwingspulen montiert sind, die die Oberfläche zu einer Biegewellenschwingung anregen. Der Raum zwischen den Schwingspulen ist mit einem Akustikschaumkern ausgefüllt. Den Abschluss bildet an der Rückseite eine weitere Kunststoffplatte. Insgesamt ist das gesamte System nur sechs bis zehn Millimeter dick und kann beliebig bedruckt werden.

Laut Aussage von Siemens beruht das neue Lautsprechersystem auf Patenten aus dem Zweiten Weltkrieg. Damals wurde dieses Verfahren zur Verständigung in U-Booten eingesetzt. Da das System seinerzeit nur zur Sprachübertragung konzipiert wurde, kann man sich leicht vorstellen, dass es recht blechern klingt und deshalb zur Hifi-Wiedergabe eigentlich nicht taugt. Doch dank moderner Computertechnik lässt sich hier tricksen.

Für eine optimale Soundwiedergabe wird das Audiosignal künstlich verzerrt, um einen relativ linearen Frequenzgang hinzubekommen. Die Lautsprecher werden von einem Verstärker mit rund 150 Watt Ausgangsleistung gespeist. Vor dem Verstärker bereitet ein DSP (Digital Signal Processor) das NF-Signal in Echtzeit entsprechend auf. Dadurch bekommen die Lautsprecher quasi ein verzerrtes Signal angeboten, das nach Abstrahlung wieder dem natürlichen Klang entspricht. Ein willkommener Nebeneffekt des Systems: Auch räumliche Unzuglänglichkeiten, wie beispielsweise Bedämpfungen des Frequenzganges durch Gardinen oder große Fensterflächen, lassen sich dank des DSPs per Software leicht und einfach ausbügeln.

Allerdings kann auch ein DSP die physikalischen Gesetze der Akustik nicht überlisten. Denn wie bei den Standardlautsprechern gilt: Je größer die Fläche, desto tiefere Töne können wiedergegeben werden. Als oberste Frequenz werden derzeit 20.000 Hz erzielt. Als unterste Frequenz können die Lautsprecher bei einer Plattengröße von einem Quadratmeter 100 Hz wiedergeben. Beide Werte sind bezogen auf 0 dB bei 1 kHz. Die Lautstärke beträgt etwa 87 dB bei einer zugeführten Leistung von einem Watt.

Allerdings hängt die Lautstärke stark von der Montage des Flächenlautsprechers ab. Da das Material quasi in sich selbst schwingt, ist die stärkste Auslenkung der Kunststoffplatte - im Gegensatz zu herkömmlichen Lautsprechern - an den Ecken und an den Rändern. Die maximale Auslenkung der Platte beträgt am Rand etwa ein Millimeter. Daraus folgt: Eine Einspannung des Flachlautsprechers, zum Beispiel durch einen Rahmen, bedämpft das gesamte System; es wird leiser.

Der Klangeindruck

Bei aller Begeisterung für die Technik zählt schließlich und endlich nur der persönliche Klangeindruck. Und der ist erstaunlich gut. Im Hörvergleich mit konventionellen Boxen fällt sofort der transparente und luftige Klang auf. Außerdem ist eine gute Ortbarkeit gegeben. Gerade bei klassischer Musik entsteht ein völlig neues Hörerlebnis. Es klingt so, als wenn man durch zwei große Fenster in einen Konzertsaal hineinhört. Und dieser Effekt ist sogar physikalisch begründbar. Im Gegensatz zu herkömmlichen Lautsprechern handelt es sich um einen Flächenstrahler, eben vergleichbar mit dem Fenster, und nicht um Punktstrahler. Ergänzt man die Flächenlautsprecher um einen Subwoofer für den Frequenzbereich unter 100 Hz, ist die Entscheidung zwischen einem konventionellen System nur noch vom subjektiven Hörempfinden abhängig.

Aufgrund der bedruckbaren Oberflächen lassen sich die Flachlautsprecher überall "unsichtbar" in Räume integrieren. Durch Verwendung von Texturen kann der Lautsprecher in einer Marmor- oder Holzwand nahtlos eingelassen werden. Auch kann man die Oberflächen mit Postern oder Werbeplakaten bekleben. Die akustischen Nachteile kann der DSP im Verstärker mühelos ausgleichen. Außerdem lässt sich die Oberfläche wasserfest und abwischbar gestalten. Damit eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten der Raumgestaltung oder auf Messen.

Das Siesonic-System wird vom Möbelhaus Brinkmann vertrieben. Leider sind die Lautsprecher nicht gerade billig. Einschließlich Verstärker samt integriertem DSP muss man für zwei Boxen rund 5.000 Mark auf den Tisch legen. Enthalten im Preis ist allerdings auch das Einmessen des Frequenzganges und die Montage des Systems.

www.siesonic.de

www.brinkmann.de

ComputerPartner Meinung:

Mit einem Highend-Lautsprechersystem kann Siesonic auf keinen Fall mithalten. Doch mit guten Standardboxen ist das System durchaus vergleichbar. Als Normalsterblicher wird man von der ausgezeichneten Musikwiedergabe überrascht sein. Und vor allem: Die Lautsprecher sind absolut unsichtbar. (jh)

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