Urteil des Europäischer Gerichtshofs

Urlaubskürzung und Kurzarbeit

03.01.2013
Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub kann bei in einem Sozialplan vereinbarter Kurzarbeit entsprechend gekürzt werden.
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Urlaub. Doch unter bestimmten Bedingungen darf dieser gekürzt werden.
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Urlaub. Doch unter bestimmten Bedingungen darf dieser gekürzt werden.
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Der Europäische Gerichtshof hat soeben entschieden, dass das Unionsrecht dem nicht entgegensteht, dass ein Unternehmen und sein Betriebsrat einen Sozialplan vereinbaren, wonach der Anspruch eines Kurzarbeiters auf bezahlten Jahresurlaub im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung gekürzt wird.

Darauf verweist der Füssener Fachanwalt für Arbeitsrecht Ulrich Schwerdtfeger, Leiter des Fachausschusses "EU-Arbeitsrecht" des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 8.11.2012 - Rs. C 229/11 und C 230/11.

Das Unionsrecht gewährt jedem Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf der bezahlte Mindestjahresurlaub durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

Das Arbeitsgericht Passau hat den Gerichtshof gefragt, ob das Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten - wie etwa einem von einem Unternehmen und seinem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan - entgegensteht, nach denen sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub in der Zeit, in der sich das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung der Beschäftigten verringert.

Beim Arbeitsgericht Passau sind Rechtsstreitigkeiten zwischen Herrn Heimann und Herrn Toltschin und ihrem ehemaligen Arbeitgeber, der Kaiser GmbH, einem Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, anhängig über die Forderung einer finanziellen Vergütung für Jahresurlaubstage, die diese Arbeitnehmer in den Jahren 2009 und 2010 nicht hatten nehmen können. Kaiser hatte Herrn Heimann und Herrn Toltschin wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten zum Ende Juni 2009 bzw. Ende August 2009 gekündigt. Ihre Verträge waren jedoch aufgrund eines zwischen Kaiser und dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplans förmlich um ein Jahr verlängert worden. Während dieser Zeit brauchten Herr Heimann und Herr Toltschin nicht zu arbeiten ("Kurzarbeit Null"), und Kaiser war nicht verpflichtet, ihnen Lohn zu zahlen. Sie erhielten jedoch von der Bundesagentur für Arbeit über ihren Arbeitgeber ein so genanntes "Kurzarbeitergeld". Nach Ansicht von Kaiser konnten Herr Heimann und Herr Toltschin während der "Kurzarbeit Null" keinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erwerben.

Mit seinem Urteil antwortet der Gerichtshof, so Schwerdtfeger, dass das Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten - wie etwa einem von einem Unternehmen und seinem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan -, nach denen sich der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung (Pro-rata-temporis-Grundsatz) verringert, nicht entgegensteht.

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