Befristete Verträge statt Festanstellungen

Urteile zu Kettenverträgen



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die Arag-Experten stellen verschiedene Gerichtsentscheidungen beim gerichtlichen Streit um eine Festanstellung vor.

Die Bundesagentur für Arbeit gibt laufend die aktuellen Arbeitslosenzahlen bekannt. Im Juli dieses Jahres waren es etwa 120 000 weniger als vor einem Jahr. Eigentlich ein Grund zur Freude. Doch es ist mal wieder nicht alles Gold was glänzt. Viele Arbeitssuchende landen bei Zeitarbeitsfirmen: Für manche Sprungbrett in eine Festanstellung, für andere ein niemals endendes Job-Hopping.

Bei befristeten Arbetsverträgen unterscheiden die Gerichte mehrere unterschiedliche Varianten.
Bei befristeten Arbetsverträgen unterscheiden die Gerichte mehrere unterschiedliche Varianten.
Foto: eccolo - Fotolia.com

Immer mehr Arbeitsverträge werden auch befristet geschlossen, sodass den Arbeitnehmern eine zukunftsorientierte Lebensplanung verwehrt bleibt. Das ist unter Umständen nicht schlimm für junge Leute direkt nach der Ausbildung. Wenn sich aber befristete Verträge über Jahre aneinanderreihen, ist das für die Betroffenen mitunter sehr zermürbend. Die Arag-Experten berichten von zwei Fällen mit unterschiedlichem Ausgang.

Kettenbefristung: So ist die Rechtslage

Die Voraussetzungen für befristete Arbeitsverträge sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. Das Gesetz unterscheidet zwischen der Befristung mit Sachgrund und der Befristung ohne Sachgrund. Ein sachlicher Grund kann z.B. gegeben sein, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers eingestellt wird. Wie sieht es aber mit der Wirksamkeit der Befristung aus, wenn sich mehrere mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge aneinanderreihen? Eine solche "Kettenbefristung" kann unter Umständen rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam sein. Das entschied auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) im ersten Fall.

Fall 1

Eine Justizangestellte war von 1996 bis 2007 aufgrund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beim Amtsgericht Köln tätig. Die Verträge wurden befristet geschlossen, weil sie in Elternzeit, Erziehungsurlaub oder im Sonderurlaub befindliche Justizangestellte vertrat. Nach Auslaufen des letzten Vertrages wurde ihr keine weitere Beschäftigung angeboten. Daraufhin klagte sie auf Feststellung, dass ihr letzter Arbeitsvertrag als unbefristet geschlossen galt.

Vor dem BAG erzielte sie einen Erfolg. Die obersten deutschen Arbeitsrichter hatten zuvor den EuGH nach der Auslegung der einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts gefragt. Der antwortete, die im deutschen Recht vorgesehene wiederholte Befristung wegen eines Bedarfs an Vertretungskräften sei mit dem Unionsrecht vereinbar und grundsätzlich auch nicht verboten. Allerdings müssten die nationalen Gerichte auch bei Vorliegen eines Sachgrunds alle mit der Vertragsverlängerung verbundenen Umstände auf einen Missbrauch hin überprüfen (Az.: C-586/10).

Laut dem Urteil des BAG können für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitgebers insbesondere eine sehr lange Gesamtdauer oder eine besonders hohe Anzahl an aufeinander folgenden Befristungen sprechen. Der Zeitraum von mehr als elf Jahren und die Anzahl von 13 Befristungen deuteten im vorliegenden Fall darauf hin, dass der Arbeitgeber die grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Sachgrundbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat (BAG, Az.: 7 AZR 443/09). Die Sache wurde an das LAG zurückgewiesen.

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