Diskussion mit Microsoft, Fujitsu, Azlan und Experton

Wie Reseller in der Cloud überleben können (Teil 1)

19.05.2010

Welche Voraussetzungen muss ein Händler mitbringen?

v.l.: Beate Wöhe (ChannelPartner), Steve Janata (Experton Group), Birgit Schreiber (Fujitsu), Oliver Gürtler (Microsoft), Marc Müller (Azlan), Ronald Wiltscheck (ChannelPartner)
v.l.: Beate Wöhe (ChannelPartner), Steve Janata (Experton Group), Birgit Schreiber (Fujitsu), Oliver Gürtler (Microsoft), Marc Müller (Azlan), Ronald Wiltscheck (ChannelPartner)
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CP: Herr Gürtler, es gibt für Fachhändler verschiedene Möglichkeiten, in den Cloud-Computing-Markt einzusteigen. Welche Voraussetzungen muss ein Reseller mindestens mitbringen?
Gürtler: Das würde abhängig vom heutigen Geschäftsmodell des Partners beantworten. Ein Händler, der heute von Sharepoint-Implementierungen lebt, freut sich über die Cloud, weil er dort die Software günstiger anbieten kann. An Partner, die von klassischer Hard- und Software-Implementierung leben, appellieren wir, sich konkret mit dem Thema zu beschäftigen. Es ist davon abhängig, in welches Produktumfeld der Händler einsteigen will. Eine BPOS-Implementierung (Business Productivity Online Standard Suite) von Online-Services bedarf beispielsweise relativ wenig Zusatz-know-how. Dagegen kann es für einen ISP, der seine gesamte Applikation portiert, je nach deren Größe, Jahre dauern.

CP: Frau Schreiber, Fujitsu war bisher eher als Hardware-Anbieter bekannt. Wo sehen sie im Zusammenhang mit Ihrem jetzigen IaaS-Angebot (Infrastructure as a Service) die Rolle der Händler und Distributoren?
Schreiber: Fujitsu liefert die Infrastruktur, die dann für unsere Partner die Plattform ist, um zum Beispiel Dienstleistungen darauf zu implementieren und Applikationen oder Datenbanken zu betreiben. Das klassische Systemhausgeschäft ist hier 1:1 abbildbar. Dazu kommen sicherlich mit der Zeit auch andere Partner wie ISPs, die wir heute mit unserem Produktgeschäft in dieser Form selten adressieren.
Für uns sind Distributoren ein wichtiger Part in der Verbindung zu den Resellern - auch zu Reseller-Gruppen, die wir heute noch nicht kennen. Auch, wie Herr Müller es geschildert hat, spielt die Distribution als eine Art Informations-Broker eine wichtige Rolle, denn viele Händler sind auf der Suche nach geeigneten Themen.

CP: Der Distributor als Informations-Broker und Education-Center - ist das ein Geschäftsmodell?
Müller: Das haben Sie sehr schön beschrieben. Wir machen viel Education, zum Beispiel die ganze rechtliche Beratung in Zusammenarbeit mit Anwälten. Gleiches gilt für das Thema Security, das im Moment fast noch ein größerer Ansatzpunkt ist. Wir verkaufen diese Schulungen. Aber ein richtiges Geschäftsmodell, aus dem wir einen substanziellen Profit-Stream haben, ist es im Moment nicht.

CP: Es war gerade die Rede von Education. Herr Gürtler, gibt es denn für kleinere Systemhäuser die Möglichkeit, in das Thema Cloud-Computing über Learning by doing einzusteigen, oder sollten Händler sich vorher beraten lassen?
Gürtler: Auch hier hängt es davon ab, in welcher Zielgruppe der Partner heute unterwegs ist und wie komplex die Projekte sind, die er betreut. Es gibt eine interessante Studie, die besagt: Wenn ein Kunde falsch beraten wird und entsprechend zusammengestückelte ad hoc Cloud Services erhält, dann erzielt er keine Kostenersparnis, sondern die IT-Infrastruktur kann teurer werden, als vorher. Das heißt, wir müssen unsere Partner dazu befähigen, ihren Kunden die Chancen aufzuzeigen, sie aber auch auf Risiken aufmerksam machen zu können.

CP: Kommen wir zum Thema Marge für den Händler. Ein Reseller der den Paradigmenwechsel vom reinen VAR zum Managed-Service-Provider durchführt, kann ja nicht mehr Kosten in Rechnung stellen, als bisher, oder?
Janata: Um die gleichen Umsätze zu erwirtschaften, werden die Händler mehr Kunden brauchen. Das wird aber nicht schwer zu schaffen sein, da es einen großen Umbruch in der Reseller-Landschaft geben wird. Viele kleine Partner, die keine Spezial-Skills haben und ihre Kunden nicht gut kennen, werden über die Jahre vom Markt verschwinden. Diejenigen, die die Klaviatur beherrschen und die Produkte kennen, werden mehr Umsätze machen und vielleicht sogar ein besseres Geschäft mit höheren Margen erzielen.

CP: Herr Gürtler, sind Sie der gleichen Meinung, dass jetzt jeder Partner mehr Kunden benötigt, da die Einnahmen pro Kunde sinken?
Gürtler: Hängt davon ab. Wenn ich das klassische Sharepoint-Beispiel von vorher strapaziere, dann macht es keinen großen Unterschied. Wenn der Partner aber sieht, dass ihm die Wertschöpfung und auch die Marge aus Hardware- und dem lukrativen Wartungsgeschäft wegfällt, stellt sich die Frage, ob er das über zusätzliche Cloud Services, die ihm der Kunde bezahlt, auffangen kann? Es ist abhängitg davon, wie viel der Partner im Moment aus diesem Geschäft schöpft. Aber der Trend geht in diese Richtung, da pflichte ich Herrn Janata bei.

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