1,2 Milliarden Euro fehlen

Atos ringt um Refinanzierung

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Atos performt im Vergleich zu den Marktbegleitern schlecht und schaffte es nicht, seine Aufspaltungspläne durch Verkäufe umzusetzen. Jetzt soll ein Refinanzierungsplan das Unternehmen weder auf Kurs bringen.
Laut einem jetzt vorgelegtem Refinanzierungsplan braucht Atos 2024 und 2025 zur Fortführung seines Geschäft 600 Millionen Euro an Barmitteln. Außerdem werden neue Kreditlinien und Bankgarantien in Höhe von ebenfalls 600 Millionen Euro benötigt.
Laut einem jetzt vorgelegtem Refinanzierungsplan braucht Atos 2024 und 2025 zur Fortführung seines Geschäft 600 Millionen Euro an Barmitteln. Außerdem werden neue Kreditlinien und Bankgarantien in Höhe von ebenfalls 600 Millionen Euro benötigt.
Foto: nitpicker - shutterstock.com

Nachdem der Verkauf der Sparte "Tech Foundations" an Airbus kürzlich endgültig gescheitert ist, hat Atos jetzt erste Details eines Refinanzierungsplanes vorgelegt. Das Unternehmen drücken Schulden von fast fünf Milliarden Euro. Davon sind aktuell 3,65 Milliarden Euro bis Ende 2025 fällig. Mit dem jetzt aufgestellten Plan soll die Bruttoverschuldung bis Ende 2026 um 2,4 Milliarden Euro reduziert werden. Die verbleibenden Fälligkeiten sollen um fünf Jahre verlängert werden.

Der Refinanzierungsplan ist Teil des Ende März eingeleiteten gütlichen Schlichtungsverfahrens, in dem Atos Gespräche mit seinen Gläubigern führt. Grundlage dieser Gespräche ist ein Wirtschaftsplan bis 2027. Darin rechnen die Verantwortlichen für das laufende Geschäftsjahr 2024 mit einem Umsatz von 9,9 Milliarden Euro. Das wären zwei Prozent weniger als 2023. Sogar die als "Zukunftsbereich" titulierte Sparte "Eviden" wächst den Planungen zufolge nur um etwa zwei Prozent auf etwa fünf Milliarden Euro.

Dabeisein ist eben doch nicht alles

Zum Vergleich: Der Bitkom prognostiziert im laufenden Jahr bei den Ausgaben für Informationstechnologie, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik im Vergleich zu 2023 einen Anstieg um 4,4 Prozent. Die Ausgaben für IT-Services steigen der Prognose zufolge im laufenden Jahr um 4,8 Prozent. Atos würde sich also deutlich schlechter als der Markt entwickeln.

2027 soll die jährliche durchschnittliche Wachstumsrate für den Zeitraum von 2023 bis 2027 bei von 3,1 Prozent liegen. Zum Vergleich: Laut Lünendonk sind in Deutschland tätige IT-Dienstleister 2022 um durchschnittlich 13,2 Prozent gewachsen, IT-Service-Unternehmen um 8,8 Prozent. Die befragten IT-Dienstleister erwarteten für 2024 in Wachstum um 13,5 Prozent.

Im Gegensatz zu den Olympischen Sommerspielen, die Atos als IT-Partner am Austragungsort Paris auch dieses Jahr wieder unterstützt, ist im IT-Service-Geschäft Dabeisein aber eben nicht alles. Investoren erwarten üblicherweise ein überdurchschnittlisches Wachstum. Wer in der aktuellen Situation Atos noch Geld gibt, knüpft daran sicher Erwartungen an einschneidende Veränderungen. Dass es so wie bisher nicht weitergeht, hatte 2022 schon der Investor Sycomore Asset Management kritisiert. Genutzt hat es wenig.

Refinanzierung soll bis Juli stehen

Der jetzt im Rahmen der Schlichtung entwickelte Geschäftsplan wurde vom Beratungsunternehmen Accuracy geprüft und den Gläubigern vorgelegt. Bis Ende April können Anteilseigner und Investoren Finanzierungsvorschläge einreichen. Die Verantwortlichen hoffen, bis Juli dann eine Refinanzierungsvereinbarung mit den Gläubigern erreichen zu können.

Eine Zwischenfinanzierung in Höhe von 400 Millionen Euro habe man bereits erhalten. Außerdem hat sich der französische Staat bereits grundsätzlich bereit erklärt, ein Darlehen in Höhe von 50 Millionen Euro an die Atos-Tochtergesellschaft Bull, den 2014 übernommenen Spezialisten für High-Performance-Computing, zu gewähren. Der französische Staat ist zum Teil mit Schuld an der Atos-Misere: Er hatte Sicherheitsbedenken angemeldet, als Atos Teile seines Geschäfts mit IT-Sicherheit verkaufen wollte.

Die einzige, halbwegs erfolgreiche Restrukturierungsmaßnahme der vergangenen zwei Jahr bei Atos war der Verkauf der UCC-Sparte Unify an Mitel. Die hatte Atos im Wesentlichen 2015 von Siemens und der Gores Group übernommen. Der Kaufpreis lag damals bei 340 Millionen Euro in bar kaufen, zugleich übernahm Atos aber auch 200 Millionen Euro an Pensionsverpflichtungen und 50 Millionen Euro Schulden. Zum Kaufpreis durch Mitel haben die Beteiligten keine Angaben gemacht.

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