Becom und Morse: Die neue IBM-Sun Allianz?

01.08.2006
Vergangene Woche übernahm Becom für einen geringen Betrag die deutschen und österreichischen Niederlassungen von Morse. Doch mit dem defizitären Sun-Partner hat sich Gruppe um Detlef Linde eine offene Baustelle ins Haus geholt.

Am 25. Juli 2006 kam die Bekanntmachung: Die Becom-Gruppe, das siebtgrößte Systemhaus Deutschlands, hat das zehntgrößte Systemhaus, die Morse GmbH mitsamt ihrer österreichischen Schwester, der Morse IT-Solutions Austria GmbH, gekauft.

ComputerPartner erfuhr: Becom zahlte unter dem Strich eine Million Euro für den in die roten Zahlen gestürzten Sun-Spezialisten, der mit 180 Mitarbeitern an neun Standorten in Deutschland und Österreich vertreten ist: Als Übernahmepreis waren zwar 9,5 Millionen Euro vereinbart worden, der Kassenbestand in beiden Ländern beläuft sich aber auf 8,5 Millionen Euro. Allerdings sagt die englische Konzernmutter den verkauften Morse-Niederlassungen für die zweite Jahreshälfte 2006 ein Minus von 1,2 Millionen Euro voraus.

Trotz des Morse-Defizits: Die Becom-Gruppe mit Hauptsitz in Schwerte wird zum viertgrößten Systemhaus Deutschlands - mit einem im Volumen verdoppelten Umsatz von 300 Milli-onen Euro pro Jahr - 45 Millionen Euro hinter PC Ware und mit über 100 Millionen Euro Vorsprung vor der an Platz fünf liegenden Cancom-Gruppe.

Konfliktpotenzial?

So beeindruckend die Zahlen klingen, mit der Morse hat sich die Gruppe nicht nur aufgrund des drohenden Morse-Verlusts Probleme ins Haus geholt: Während Becom als einer der größten Anbieter von IBM-Services und -Hardware in Deutschland gilt, ist Morse enger Partner des IBM-Konkurrenten Sun. So hat die Becom-Group tatsächlich die von Branchenkennern als einzigen "Ausweg" bezeichnete Variante gewählt: Morse soll eigenständig bleiben und der bisherige Geschäftsführer Michael Kühnl weiterhin die Gesellschaft führen.

Im Gespräch mit ComputerPartner nennt Becom-Chef Detlef Linde, zugleich Gesellschafter der akquierenden Holding, die strategischen Ziele hinter der Übernahme: Becom wolle das "Reseller-Geschäft" stabilisieren und die eigene Präsenz, vor allem im Süden Deutschlands, ausbauen. Auch in puncto Hardware strebe Becom ein breiteres Feld an. Damit es hier dennoch keine Konflikte gebe und sich das "Theater mit den Herstellern" vermeiden ließe, habe sich die Geschäftsführung ganz gezielt für ein gleichzeitiges Nebeneinander beider Systemhäuser entschieden. Er sehe zwar dank des starken Servicebereichs der Morse auch Potenzial für das eigene Geschäft; ein Zusammenlegen des Managements und der Logistik beider Dienstleister halte er derzeit aber für ausgeschlossen - zudem gebe es kaum Überschneidungen bei Kunden und Partnern.

Plant denn die Becom in diesem Jahr noch weitere Übernahmen? Linde: "Das kann durchaus noch passieren."

(aro)

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