Betriebsrente als Insolvenzfalle?

06.06.2005
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Rentenzahlung aus der betrieblichen Altersversorgung. Wird die Pensionskasse zahlungsunfähig, trägt der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko.

Arbeitnehmer haben gegenüber ihrem Arbeitgeber grundsätzlich einen Anspruch auf Rentenzahlung aus der betrieblichen Altersversorgung - selbst wenn die Pensionskasse oder der Pensionsfonds, in die der Arbeitgeber die Beiträge in vollem Umfang einbezahlt hat, zahlungsunfähig wird. Die Folge ist unter Umständen die Insolvenz des Arbeitgebers, der zur Zahlung der Renten sein Eigenkapital verwenden muss. Davor warnt die Münchener Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei SH + C Schwarz Hempe & Collegen GmbH.

Gesetzlicher Anspruch durch Riester-Rente

Seit 1. Januar 2002 haben Arbeitnehmer im Zuge der Riester-Rente gegenüber ihrem Arbeitgeber einen gesetzlichen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung. Abgewickelt wird die betriebliche Altersversorgung meist über Pensionskassen oder -fonds. Der Haken: Weder auf die Geschäftsführung noch auf den Erfolg dieser Anlageformen haben die Arbeitgeber den geringsten Einfluss. Dennoch tragen sie das wirtschaftliche Risiko. Denn sollten Pensionskasse/-fonds zahlungsunfähig werden, haftet der Arbeitgeber in vollem Umfang dafür, dass zumindest die gezahlten Beiträge an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Im Klartext bedeutet dies eine zweimalige Zahlung des Arbeitgebers.

Das bestätigt auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA): Wenn eine Pensionskasse die Verpflichtung aus der Versorgungszusage mit dem dort angesammelten Kapital und dem hieraus erwirtschafteten Ertrag nicht erfüllen kann, besteht rechtlich eine Nachhaftungspflicht des Arbeitgebers, heißt es in einer Stellungnahme des BMWA.

Nach Auffassung von Diplomkaufmann Richard Hempe, Wirtschaftsprüfer, Geschäftsführer und Mitgesellschafter der Münchener Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei SH + C, tickt hier für die deutsche Wirtschaft eine Zeitbombe von enormem Ausmaß. "Wenn eine größere Altersversorgungseinrichtung zusammenbricht, kann dies unter Umständen zur sofortigen Insolvenz vieler Unternehmen führen, weil hohe und/oder zahlreiche Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer blitzschnell das Eigenkapital der Unternehmen aufzehren", sagt Hempe.

Derzeit sei dieses Risiko zwar noch überschaubar, weil bislang nur ein kleiner Teil der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der betrieblichen Altersversorgung Gebrauch mache. Doch mit jeder neu hinzukommenden betrieblichen Altersvorsorgevereinbarung und mit jedem Jahr Laufzeit wachse das Risiko, warnt Hempe.

Besonders für Mittelständler, bei denen das Unternehmen die einzige wesentliche Vermögensposition darstellt, stelle sich die Nachhaftungspflicht als Damoklesschwert dramatischen Ausmaßes dar: Durch eine einzige Fehlentscheidung eines Pensionskassen- beziehungsweise Fondsmanagers könnten hier die Unternehmer ihr gesamtes Vermögen verlieren. Bei Einzelkaufleuten oder persönlich haftenden Gesellschaftern von OHGs, KGs und GbRs macht die Haftung selbst vor dem persönlichen Hab und Gut nicht Halt. Die Idee des Gesetzgebers, das Schicksal der betrieblichen Altersversorgung von den Unternehmen abzukoppeln, pervertiert sich so ins Gegenteil - denn nun sind die Unternehmen vom Schicksal der Altersversorgungseinrichtungen abhängig. Erschwerend kommt hinzu, dass nach dem Zusammenbruch einer Altersversorgungseinrichtung die betroffenen Arbeitnehmer durch Insolvenz auch noch ihren Arbeitsplatz verlieren.

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