Techniken unter der Lupe

Breitband für alle – eine Marktübersicht

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

LTE – die mobile Breitband-Hoffnung?

Trotz Freigabe neuer Mobilfunkfrequenzen wird es auf lange Sicht keine LTE-Flächendeckung geben.
Trotz Freigabe neuer Mobilfunkfrequenzen wird es auf lange Sicht keine LTE-Flächendeckung geben.

Als die UMTS-Frequenzen im Jahr 2000 für rund 51 Milliarden Euro in Deutschland versteigert wurden, waren die Erwartungen hoch: Mit den Mobilfunknetzen der dritten Generation (3G) sollte endlich die schnelle mobile Datenübertragung Einzug halten. Noch größer war in der Folge aber die Enttäuschung: Hohe Latenzzeiten und je nach Auslastung der Funkzellen stark schwankende Übertragungsraten machten das Arbeiten mit remoten Anwendungen zur Qual.

Abhilfe verspricht nun die vierte Mobilfunkgeneration (4G), auch als "Long Term Evolution" (LTE) bekannt. Geringe Latenzzeiten sollen Anwendungen wie VoIP, IP-Video, schnelle Online-Spiele und Echtzeitanwendungen ermöglichen. Und mit theoretischen Spitzenraten von bis zu 170 Mbit/s stellen große Datenmengen auch kein Problem mehr dar. Euphorisch feiert mancher Marketier LTE bereits als Ersatztechnik für den klassischen Kupferanschluss.

Early Adaptors sollten allerdings Vorsicht walten lassen, da zwischen der Theorie und der Realität große Lücken klaffen und sie im Alltag mit etlichen Einschränkungen leben müssen:

  • Momentan werden primär die weißen Flecken, in denen es kein DSL oder andere Breitbandanschlüsse gibt, mit LTE versorgt.

  • Das hierfür verwendete Equipment arbeitet im 800-Megahertz-Frequenzbereich und kann deshalb später nicht mobil etwa in Großstädten genutzt werden.

  • Angepriesene Datenraten von bis zu 50 beziehungsweise 100 Mbit/s sind unrealistisch. In der Regel sind sie nur unter optimalen Empfangsbedingungen zu erhalten. Den Stand der Technik gibt die Telekom wieder: Sie wirbt mit nur 3 Mbit/s.

  • Im Kleingedruckten der Verträge verstecken sich Fallen. Hier gelten ähnlich wie im Mobilfunk Einschränkungen wie "kein VoIP", "kein P2P", "Volumenbegrenzungen" etc. Damit ist LTE oft kein echter Ersatz für einen schnellen Festnetzanschluss.

Dass LTE-Equipment nicht überall funktioniert, rührt daher, dass für LTE mehrere Frequenzbereiche (800 Megahertz, 1,8, 2,0 und 2,6 Gigahertz) genutzt werden. Mit der Vergabe des 800-Megahertz-Bandes – auch als digitale Dividende bekannt – verknüpfte die Bundesnetzagentur die Bedingung, dass die mit Breitband unterversorgten Landstriche zuerst bedient werden müssen. Erst danach dürfen die Carrier LTE in den wirtschaftlich lukrativeren Ballungsräumen und Metropolen in Betrieb nehmen. In den Städten kommen dann die Frequenzen aus dem Gigahertz-Spektrum zum Einsatz, weshalb sich hier das heute übliche LTE-Equipment meist nicht verwenden lässt

Auch wenn der LTE-Rollout schneller vonstatten geht als geplant, sollten IT-Entscheider ihre Mobilstrategie noch mit der klassischen 3G-Technik planen. Viele Experten gehen nämlich davon aus, dass es zumindest in Deutschland eine LTE-Flächendeckung auf lange Sicht nicht geben wird. (Computerwoche/tö)

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