Die Sicht des Kunden einnehmen

Customer Journey Mapping kurz erklärt

Jochen Razum ist seit 2015 Vice President (VP) für Zentral- und Osteuropa bei der Quadient Germany GmbH. Er bringt über 25 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen Beratung, Geschäftsführung und Vertrieb mit.

Customer Journey Mapping unterstützt die kundenorientierte Kommunikation und kann helfen, Kunden zum Kaufabschluss zu führen. Im Beitrag wird die Vorgehensweise am Beispiel von Telekommunikationsanbietern erklärt.

Probleme beim Wechsel des Telekommunikationsanbieters sie sind für Kunden ärgerlich und werden damit auch für Anbieter schnell zum Problem. Umso kritischer ist es zu sehen, dass laut einer Studie von Verbraucherschützern bei jedem fünften Wechsel erhebliche Schwierigkeiten auftreten. Bei fast zwei Dritteln der Problemfälle (64%) handelt es sich gar um einen vollständigen Ausfall über mehrere Tage hinweg - der schlimmste aller denkbaren Fälle. Auch wenn die Leitung nicht richtig funktioniert (33%) oder kein Techniker verfügbar ist, ist das aus Sicht der Kunden eine unakzeptable Situation.

Eine Customer Journey Map verfolgt den Kunden im besten Fall auf Schritt und Tritt.
Eine Customer Journey Map verfolgt den Kunden im besten Fall auf Schritt und Tritt.
Foto: RoseRodionova - shutterstock.com

Hinzu kommt: Mit dem vor einiger Zeit innerhalb der EU inkraftgetretenen Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation werden Verbraucherrechte gestärkt, sofern ein Anbieterwechsel nicht im gesetzlich vorgegebenen Rahmen ermöglicht wird. Kunden steht künftig eine Entschädigung zu, falls ein Wechselprozess länger als einen Arbeitstag dauert oder wenn Technikertermine nicht wahrgenommen werden.

Umso wichtiger ist es für Telekommunikationsunternehmen, frühzeitig neue Strategien zu entwickeln, um im Falle von Problemen gegenzusteuern. Im Mittelpunkt solcher Stratregien steht ein profundes Verständnis aller Prozesse aus Kundensicht.

Mehr Transparenz durch Customer Journey Mapping

Eine Methode, um dieses zu gewinnen, ist Customer Journey Mapping (CJM). Damit können Telekommunikationsanbieter visualisieren, wie Kunden die Kommunikation und den Service an allen Kontaktpunkten während des Anbieterwechsels erleben. Die Methode ermöglicht es, die Kundenperspektive intensiv zu reflektieren und Verbesserungen einzuleiten.

So wird zum Beispiel ersichtlich, ob Kunden gewünschte Informationen über den Kanal ihrer Wahl erhalten und wie schnell dies erfolgt - im Falle einer Störung etwa ist das eminent wichtig. Auch wird transparent, inwieweit etwa das Servicecenter stärker belastet wird und Verstärkung braucht.

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Auf Grundlage von Customer Journey Mapping sind Unternehmen in der Lage, vorausschauend zu kommunizieren und schon zu einem frühen Zeitpunkt über mögliche Probleme zu informieren. So lassen sich diese auf wesentlich kundenfreundlichere Weise behandeln.

Die Methode des Customer Journey Mappings unterstützt Unternehmen beim Onboarding neuer Kunden in DSL und Mobilfunk dabei, eine bessere Customer Experience zu bieten. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand:

  • Steigerung der Kundenzufriedenheit

  • Anstieg des Net Promoter Score

  • Rückgang der Kundenbeschwerden

  • Vermeidung von Kündigungen

  • Reduzierung der Anrufe im Call Center

Customer Journey Mapping (CJM) sollte sämtliche digitale und physische Kontaktpunkte einbeziehen, mit denen Kunden interagieren. Es geht darum aufzuzeigen, wann und wo Touch Points entstehen und wie an ihnen interagiert wird. Dazu gehört zum Beispiel die Landing Page, über die der Kunde auf die Website kommt, oder der erst Kontakt mit einem Mitarbeiter aus dem Kundenservice. Neben Störungen oder anderen Service-Themen sind auch Rechnungen davon betroffen - und zwar unabhängig davon, ob diese über ein Portal, per Mail oder postalisch zugestellt werden.

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Im Vordergrund steht bei CJM das Einnehmen der Kundenperspektive - folglich spielen emotionale Aspekte seitens des Kunden dabei eine wichtige Rolle. Die Methode kann auf unterschiedliche Weise umgesetzt werden. Im Wesentlichen sind zwei Varianten möglich:

Händische Variante

Eine Customer Journey Map kann klassisch mit Papier und Stift erstellt werden. Dafür eignet sich zum Beispiel ein Flipchart, auf dem die Wege aufgezeichnet werden, über die ein Kunde mit dem Unternehmen interagiert.
Es ist zu empfehlen, davon Fotos zu machen, sodass die Map zwischen den Beteiligten geteilt werden kann.

Vorteil: Die Map bietet viel Raum für Kreativität und ist zum Beispiel für die Zusammenarbeit innerhalb einer größeren Gruppe gut geeignet. Am Ende steht im Idealfall eine äußerst übersichtliche und dezidierte Map.

Nachteil: Die Map lässt sich im Nachhinein nicht mehr ohne weiteres bearbeiten. Elemente, die eine strukturierte Optimierung unterstützen, sind nicht vorhanden.

Softwarebasierte Variante

Customer Journey Maps können aber auch softwaregestützt mit speziellen Tools erstellt werden. Dabei gibt es unterschiedliche Varianten. Zum einen betrifft das Visualisierungstools, die dabei helfen, jeden Schritt auf der Kundenreise grafisch abzubilden. Spezifische Customer Experience Software bezieht hingegen über visuelle Aufbereitung hinaus meist weitere Aspekte mit ein - etwa Analysen, Priorisierungen und Planungsschritte.

Vorteil: Eine Map kann von Mitarbeitern im Projektteam unabhängig voneinander bearbeitet werden. Mitarbeiter sind softwaregestützt in der Lage, eine Map laufend zu bearbeiten und weiterzuentwickeln. Software denkt mit und unterstützt dabei, alle notwendigen Aspekte strukturiert zu berücksichtigen.

Nachteil: Customer Journey Maps unterliegen oft einer Form und sind nicht so frei gestaltbar wie eine händische Map. Daher kommen kreative Elemente unter Umständen zu kurz. Zudem liegen die Kosten für Software höher als für ein Flipchart.

Cloud, On Premise und Datenschutz

Möglich ist es auch, eine händische CJM beispielsweise in einem Workshop zu erstellen und diese anschließend in eine Softwarelösung zu übertragen, wo sie strukturiert weiterbearbeitet werden kann. Dabei stehen Tools aus der Cloud sowie On-Premise-Lösungen zur Verfügung.

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Erstere sind unabhängig von Geräten und bestimmter Hardware der Anwender. Bei letzteren sind User unabhängig von einer Internetverbindung arbeitsfähig. Beim Einsatz von Software ist spätestens seit dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor rund einem Jahr eine datenschutzkonforme Konfiguration notwendig. Andernfalls gehen Unternehmen das Risiko hoher Bußgelder ein.

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