Wege und Methoden

Dezentrale Kommunikation als Basis für Modern Work

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Wie gestalten IT-Dienstleister mit Kunden den Arbeitsplatz 4.0? Patrick Tecklenburg, Geschäftsführer HSE Computersysteme H. Schulte, und Martin Welz, Sales Director RoutIT, erläuterten technologische Lösungen und Voraussetzungen der Unternehmenskultur.

Microsoft Teams, GoTo und andere Collaboration-Lösungen können für die Kommunikation von Mitarbeitern untereinander sowie mit Kunden und Partnern zwar die Basis bilden - doch damit allein ist noch keine Modern-Work-Umgebung geschaffen.

Patrick Tecklenburg, Geschäftsführer HSE Computersysteme H. Schulte GmbH, und Martin Welz, Sales Director RoutIT, erläuterten in der Systemhauskongress Session 2020 technologische Lösungen und Voraussetzungen der Unternehmenskultur. Das Impulsinterview haben wir aufgezeichnet.

Im Interview mit ChannelPartner erläuterte Martin Welz, Sales Director bei RoutIT, außerdem, warum für IT-Dienstleister an Voice-Themen kein Weg vorbeiführt und das Mindset für den Workplace 4.0 essentiell ist.

ChannelPartner: Sie haben kürzlich gesagt: "Wir bringen den Arbeitsplatz 4.0 auf den Markt. RoutIT ist aber doch vielen als VoIP-Anbieter bekannt. Wie wird daraus ein Arbeitsplatz 4.0, der ja viel mehr umfasst als Cloud-Telefonie?

Martin Welz: Seit drei Monaten sind unsere Lösungen in Microsoft Teams sauber integrierbar, das heißt, Kunden können damit Microsoft Teams nutzen und mit ihren ganz "normalen" Office-Rufnummern darüber telefonieren - das können wir im gleichen Rufnummernkreis abbilden, komplett verschlüsselt und leicht zu administrieren.
Zudem lässt sich jedes Endgerät über entsprechende IP-Wandler integrieren, beispielsweise Multifunktionsdrucker, Zutrittssysteme, etc. Das ist ein wesentlicher Baustein für den virtuellen Arbeitsplatz, den Teams allein noch nicht abbilden kann. Mit Blick auf den Datenschutz und das jüngste EUGH-Urteil zum Privacy Shield gibt es außerdem keine Backendverknüpfung in die USA, denn die Daten bleiben ausschließlich im RoutIT-Rechenzentrum in den Niederlanden.

Martin Welz, Sales Director bei RoutIT: "Microsoft-Partner sollten sich mit Telefonie befassen."
Martin Welz, Sales Director bei RoutIT: "Microsoft-Partner sollten sich mit Telefonie befassen."
Foto: RoutIT

ChannelPartner: Der Arbeitsplatz 4.0 ist nicht nur eine Frage der Technologie, sondern auch eine Frage des Mindsets und einer geänderten Unternehmens- oder Führungskultur. Bleiben wir aber erst einmal bei der Technologie: Bislang scheuten sich Microsoft-Partner und IT-Dienstleister, sich mit Voice-Themen zu befassen. Warum sollten sie das jetzt ändern?

Martin Welz: Microsoft-Partner sollten sich heute damit befassen, weil Teams viele Voice- Anforderungen nicht abdecken kann, die Unternehmenskunden für ihre tägliche Kommunikation brauchen. Und warum sollte der IT-Dienstleister die Services für seine Kunden an dieser Stelle beenden?

Zum anderen, weil Partner von der Integration auch darüber hinaus profitieren können: Im Gegensatz zu den meisten Modellen anderer Anbieter - z.B. bei Microsoft Office 365 - ist bei uns ausschließlich der Partner der Vertragspartner des Kunden! Er ist nicht nur Agent für den Hersteller und behält damit die direkte Kundenbeziehung. Denn RoutIT vermarktet die Lösung ausschließlich über Partner im White-Label-Modell. Davon profitieren Partner auch aus kaufmännischer Sicht.

Viele Systemhäuser scheuten in der Vergangenheit das Voice-Thema vor allem, weil es um Echtzeitübermittlung ging. Heute liegt es einerseits daran, dass Systemhäuser schlicht mit Projekten überlastet sind, zum anderen hatten und haben viele Partner keinen Techniker mit Telefonie-Know-how an Bord haben.

ChannelPartner: Auch wenn RoutIT VoIP perfekt in Microsoft Teams integriert ist - mal eben schnell in die TK-Welt eintauchen funktioniert nicht ohne Voice-Know-how. Dabei stoßen die meisten IT-Dienstleister schon seit Jahren mit den IT-Projekten an die Grenze ihrer verfügbaren Ressourcen. Wie soll das also funktionieren?

Martin Welz: Es ist ganz klar: Für die Telefonie muss man eine Person abstellen, denn auch hier muss man immer am Thema bleiben! Deshalb haben IT-Partner das Thema bislang auch nur dann angepackt, wenn der Kunde das massivst wünschte oder drohte, den Partner zu wechseln.
Weil wir die Zwickmühle, in der sich IT-Dienstleister an dieser Stelle befinden, sehr genau verstanden haben, bieten wir diesen Partnern ein umfangreiches, online-basiertes Trainingsprogramm an, inklusive einer Test- und Trainingsplattform und einem Trainingskoffer mit gängiger Hardware, der beim Partner verbleibt.
Über diese Plattform kann der Techniker schon während des Trainings Projekte und Konfigurationen testen und weiterentwickeln. Selbstverständlich unterstützen wir die Partner auch jederzeit in den Projekten und mit Supportleistungen jeder Art.

ChannelPartner: Sie erwähnten vorhin, dass Partner vom White-Label-Modell auch aus kaufmännischer Sicht profitieren. Weshalb?

Martin Welz: Beim White-Label-Modell bleibt ausschließlich der IT-Dienstleister der Vertragspartner des Kunden. Das kann unter anderem bei Gesprächen mit der Bank von entscheidendem Vorteil für den Partner sein, denn er kann immer eigene Kundenverträge vorweisen. Das erhöht den Wert seines Unternehmens.

Zudem kann der Partner das Standardpaket ergänzen um eigene, ergänzende Dienste und sich so ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Kunden sichern. Auch die Rechnungsstellung von RoutIT erfolgt nur zum Partner, nicht zum Endkunden. Das ermöglicht es dem Partner, die Voice-Lösung um individuelle Services zu ergänzen, in ein Paket schnüren und darüber einen Flat-Preis zu setzen. Aus diesem Paket lassen sich dann wiederum weitere Standardvarianten bilden, also beispielsweise Basis-, Top- und Premium-Pakete schnüren. White-Label sichert die Kundenbindung.

ChannelPartner: Partner sollten beim Preismodell also eher die IT-Service-Flat als das "All you can have-Menü" favorisieren?

Martin Welz: Die Erfahrung zeigt, dass es für Partner viel einfacher ist, eine IT-Service-Flat-Rate zu kreieren. Denn damit kann er für den Kunden eine Gesamtrechnung generieren. Das ist einfacher und sinnvoller, als ihm jeden einzelnen Posten separat aufgeschlüsselt in Rechnung zu stellen. Alle dazu nötigen Tools geben wir dem Partner an die Hand.

ChannelPartner: Wenn der Partner Vertragspartner des Kunden ist, muss er sich allerdings auch um die gesamte Vertragserstellung und das Vertragsmanagement kümmern, er muss Sicherheits-Audits durchlaufen - und er haftet selbst! Das ist doch eher ein Nachteil?

Martin Welz: Hier unterstützen wir den Partner selbstverständlich! Wir haben die Registrierung, die Sicherheitskonzepte und das Audit-Prozedere für Partner so weit vereinfacht, dass sie sich schnell und ohne großen Aufwand zertifizieren können. So bereiten wir beispielsweise die rechtliche Prüfung des Abrechnungssystems für den Partner komplett vor. Größere Partner benötigen das weniger, da gibt es zumeist Schnittstellen.

Zudem erhält der Partner von uns auch alle nötigen Vertragsbausteine inklusive Dokumentationen etc., die sein Anwalt dann prüfen und die er sofort nutzen kann. Wir bieten mittels unserer offenen API Schnittstellen zu allen gängigen Abrechnungssystemen.
Alternativ kann der Partner künftig die Abrechnung auch über unser System erstellen lassen. Managen lassen sich Verträge, Bezug, Konfiguration und Bereitstellung der Lösungen, Abrechnungen und SLAs sehr einfach über unsere Portale. Was es bei uns nicht gibt, sind Mindestabnahme-Hürden oder ähnliche Verpflichtungen.

ChannelPartner: Was ist mit Partner, die bereits mit anderen VoiP-Anbietern zusammenarbeiten?

Martin Welz: Wir verlangen von keinem Partner, dass er seine installierte Kundenbasis auf uns umswitcht. Wir können portieren und migirieren, und hier kann sich der Partner in aller Ruhe seine eigenen Pakete für seine Kunden zusammenstellen.

ChannelPartner: Wie viele Partner konnten Sie bislang für das Modell gewinnen?

Martin Welz: Aktuell haben wir 80 Partner. Die meisten kommen aus dem klassischen IT-Umfeld, viele sogar aus dem Apple-Resellernetwork. Denn wir haben auch einen nativen 100-prozentigen McOS-Client. Seitens der TK-Partner beobachten wir wachsendes Interesse.

ChannelPartner: Kooperation und Vernetzung zwischen IT- und TK-Partnern könnte hier doch ein Ausweg sein. Unterstützen Sie diese Netzwerke? Wie sind Ihrer Erfahrungen damit?

Martin Welz: Wir arbeiten schon aktiv mit drei Netzwerken zusammen - mit Synaxon, dem Apple Resellernetwork CPN und kiwiko. Unsere Erfahrungen mit allen drei Netzwerken sind sehr gut, der White-Label-Ansatz wird gut aufgenommen.
Viele Partner müssen den Switch vom Broker zum Managed Service Provider meistern und hier helfen wir mit den Kooperationen und Netzwerken Partnern diesen Übergang so einfach wie möglich zu machen - mit Produkttrainings und mit den Schulungen der Kooperationen zu Themen wie Vertragsgestaltung, Abrechnungen usw.

ChannelPartner: Noch einmal zu meiner Ausgangsfrage: Arbeitsplatz 4.0 - dazu gehört auch ein anderes Führungs- und Kommunikationsverständnis. Wenn Partner ihren Kunden den Arbeitsplatz 4.0 einrichten möchten, müssten sie konsequenterweise auch als "Changemanagement"-Berater fungieren. Wie soll das gehen?

Martin Welz: Schon mit der UCC-Lösung beginnt der Wandel der Kommunikation im Unternehmen. Denn UCC sind immer user-centric - jeder Wandel einer Technologieplattform bedingt auch die Notwendigkeit, die Anwender abzuholen bei diesem Wandel - nicht nur den technischen Geschäftsleiter. Sie müssen geschult werden. Auch Schlüsselmitarbeiter oder auch der Betriebsrat müssen dafür gewonnen werden. Neue Medien fordern eine viel größere Offenheit für neue Lern- und Meetingmethoden. Die klassischen Onsite-Meetings werden künftig erheblich abnehmen. 90 Prozent aller Meetings, die wir in der Vergangenheit on site geführt haben, werden heute schon remote umgesetzt.

Nach der Entscheidung der Geschäftsführung und der Implementierung der Lösung müssen die Mitarbeiter durch den Partner auch geschult werden. Dafür gibt es keinen goldenen Mittelweg, weil jeder Kunde anders ist.
Eines gilt aber für alle Arten von Kunden: Das Mindset der Führung ist immer entscheidend. Jeder Vertriebsmitarbeiter sollte immer imstande sein zu fragen: "Wie arbeitet Ihr heute? Wo seht Ihr Euch in Zukunft? Was können wir tun und ändern, damit es später besser läuft?"
Also kurzgefasst, leben wir "Listen, Learn, Act" - das ist Consulting. Wenn der Kunde merkt, dass man ihm zuhört und von ihm lernt, und die Lösung darauf abgestimmt ist, dann ist er eher bereit, das Geld in die Hand zu nehmen und den Aufwand für eine Migration in Kauf zu nehmen. Kunden wollen glücklich gemacht werden - und das heißt zu allererst vor allem eines: ZUHÖREN! Nur dann kann man die richtigen Antworten liefern.

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