Unklare Gesetzeslage

Dem Streit um Mitarbeitererfindungen vorbeugen



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Diensterfindungen sind von enormer wirtschaftlicher Bedeutung.

Erfindungen von Mitarbeitern sind in wirtschaftlicher Hinsicht entscheidend. Nach der Statistik des Deutschen Patent- und Markenamtes werden jährlich ca. 65.000 Patente und rund 15.000 Gebrauchsmuster eingetragen. Schätzungsweise 80 Prozent der eingereichten Patentanmeldungen gehen auf Erfindungen zurück, die Mitarbeiter gemacht haben. Gemessen an der Einwohnerzahl werden in Bayern die meisten Patente angemeldet. Für die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen kommt es also zunehmend darauf an, durch ein modernes Innovationsmanagement die Chancen des technischen Vorsprungs zu ergreifen.

Erhöhtes Konfliktpotenzial: Vergütungshöhe

Den Umgang mit Arbeitnehmererfindungen regelt das sog. Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG). Dieses findet mangels Arbeitnehmerstatus grundsätzlich keine Anwendung auf freie Mitarbeiter. Das Oberlandesgericht stellt in obiger Entscheidung dennoch klar, dass auch dem freien Mitarbeiter - so wie dem Arbeitnehmererfinder - eine angemessene Vergütung grundsätzlich zukommt.

Besteht nun ein Anspruch auf Vergütung, so stellt sich die Frage nach der Höhe einer angemessenen Vergütung. Diese Frage stellt jedoch Arbeitgeber und Arbeitnehmer trotz gesetzlicher Regelungen immer wieder vor Schwierigkeiten (§§ 9 iVm § 11 ArbnErfG). Nimmt der Arbeitgeber beispielsweise eine Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch, gehen nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz zwar die vermögenswerten Rechte an der Erfindung auf den Arbeitgeber über. Zur Bemessung der Höhe der Vergütungsansprüche bestehen allerdings verschiedene Möglichkeiten - und damit ebenso Reibungspunkte.

Das Bundesministerium für Arbeit hat beispielsweise nach Anhörung der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Richtlinien über die Bemessung der Vergütung erlassen (§ 11 ArbnErfG). Ob diese auch heute noch den Anforderungen des Einzelfalls gerecht werden, muss bezweifelt werden. Unabhängig davon steht es den Vertragsparteien frei, individuelle Vereinbarungen zu treffen. Dies sollte auch favorisiert werden, um wirtschaftliches Potenzial nicht durch spätere Rechtsstreitigkeiten zu behindern.

Konfliktprävention statt Prozessieren

Zu Beginn eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses sollten klare und leistungsgerechte Vereinbarungen über Diensterfindungen getroffen werden - unabhängig von der Anwendbarkeit des Arbeitnehmererfindungsgesetzes. Dies zeigt wiederum auch der vom OLG Frankfurt am 03.03.2016 entschiedene Fall.

Wer es veräumt, frühzeitig entsprechende Vereinbarungen zu treffen, dem drohen Konflikte. Deshalb sollten stets in jedem Stadium des Konflikts die verschiedensten Einigungsmöglichkeiten eruiert und erwogen werden. Auch der Gesetzgeber hat dies erkannt und für die Geltendmachung von Rechten an einer Arbeitnehmererfindung ein Verfahren vor der Schiedsstelle vorgeschalten (§ 37 ArbnErfG). Die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts unterbreitet dann zunächst einen Einigungsvorschlag, um zwischen den verschiedenen Interessen beider Parteien zu vermitteln. Ist eine Einigung nicht möglich, so muss der Rechtsweg beschritten werden. Die Vergütungsansprüche verjähren spätestens nach drei Jahren.

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